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Lebendiges Sinich

Viele kennen Sinich nur als Durchzugsort auf dem Weg von Unter- oder Obermais zur Schnellstraße MeBo. Aber es lohnt sich, den Ort etwas näher kennenzulernen. 

 

Sinich ist der südlichste, gleichzeitig aber auch jüngste Ortsteil von Meran und entstand aus der italienischen Siedlungspolitik des faschistischen Regimes in den 1920er Jahren. Zuvor befand sich auf dem heutigen Ortsgebiet eine Sumpf­landschaft mit einigen landwirtschaftlichen Flächen, wel­che von der „Ope­ra nazionale per i combattenti“ trockengelegt wurde. Darauf ließ das italienische Che­mie­unter­nehmen „Mon­tecatini“ mehrere Wohn­sied­lun­gen bauen. Sie dienten vor allem für italienische Arbeiterfamilien, die in der neu­en Dünge­mittel­fabrik in Si­nich arbeiten sollten. Auch Kin­der­­gärten, Schulen und eine Kirche entstanden. Es war die Geburts­stunde des neuen Stadt­­teils von Meran „Borgo Vit­toria“, auf Deutsch „Dorf des Sie­ges“. Nach dem Ende des Zweiten Welt­krie­ges und dem Zusam­men­bruch des Faschismus erhielt das Ge­biet seinen ursprüng­lichen Na­men „Sinich“ zurück. 

Vor dem Kirchengebäude befindet sich die historische Dorf­mitte mit zahlreichen Park­plät­zen, einer Bibliothek, einer Apo­theke, einer Bäckerei, einer lokalen Bank und zwei kleinen Gas­tro­no­mie­betrieben. Mitt­wochs findet auf dem „Vit­torio-Veneto-Platz“ ein Wochen­markt statt. 

 

Bau der neuen Grundschule

Unmittelbar am Dorfplatz entsteht eine neue Grundschule. Laut Auskunft der Gemeinde Me­­ran werden in einem einzigen Gebäude fünf deutsche und acht italienische Klassen untergebracht. Hinzu kommen eine gemeinsame Bibliothek, eine Turn­halle und eine Mensa. Das neue Schulgebäude wurde vom Ar­chi­tekten Wolfgang Simmerle und den Ingenieuren Paul Psen­ner, Bernhard Psenner und An­to­nio Seppi geplant. Den Zu­schlag für die Durchfüh­rungs­arbeiten erhielten zwei Bauunter­nehmen aus Vahrn und Natz-­Schabs. Die Gesamtkosten für den neuen Schul­komplex belaufen sich auf rund 7,4 Mil­lio­nen Euro. Die Ar­beiten sollen bis Januar 2020 abgeschlossen sein.

Kindergarten und Tagesstätte

Der ortsansässige Kindergarten für die deutsche und italienische Sprachgruppe befindet sich auch  nahe am Dorfplatz. 

Seit der Grün­dung der Sozial­ge­nossen­schaft „Popele“ im Jänner 2008 gibt es in Sinich auch eine Kindertagesstätte. Sie geht auf eine Initiative einiger Frauen zurück, welche die Schwierigkeiten  erkannten, Familie und Beruf in Einklang zu bringen. Die Ta­ges­stätte bietet die Betreuung für Kin­der unter drei Jahren an. 

 

Parkanlagen und Spielplätze

Familien mit Kindern finden in  Sinich so viele Kinderspielplätze in unmittelbarer Nähe wie in keinem anderen Ortsteil von Me­ran. Auch mehrere Parkanlagen laden Familien mit Kindern zum Spielen ein. Eine davon befindet sich in der Enrico-Fermi-Straße. Sie wurde im Jahre 2001 von dem Landschaftsplaner Gün­ther Dichgans in Zusam­men­arbeit mit einer externen Firma der Stadtgärtnerei errichtet und bietet zahlreiche Sitz­ge­legenheiten, eine Tisch­tennis­vor­richtung und einen Spielbereich. Ein weiterer beliebter Ausf­lugs­ort für Fami­lien ist der Pappa­lardo-Park. Die­ser Park bietet neben einem Basket- und Volley­ballfeld sogar eine Rollschuh­laufbahn an.

 

Sport und Freizeit in Sinich

Folgt man dem Straßenverlauf der Reichsstraße in Richtung Süden, befindet sich auf der rechten Straßenseite das Sport- und Freizeitzentrum Sinich, auch bekannt als „Dopolavoro“. Das einst für die italienischen Arbeiter der Montecatini angedachte Freizeitzentrum beherbergt eine Tennisanlage, eine große Bocciahalle, eine Festwiese mit Spielplatz und einen großzügigen Veranstaltungssaal im Dopolavoro-Gebäude. Gleich daneben befindet sich ein Fußballplatz und dahinter ein Teich zum Sportfischen. Außerdem verläuft unterhalb des Fußballplatzes der Verbindungsweg zur Radstrecke nach Bozen.

 

Vereinsleben

Nachdem das kulturelle Leben in Sinich lange Zeit von der italienischsprachigen Bevölkerung bestimmt wurde, kam es in den 1990er Jahren zur Grün­dung einiger deutschsprachiger Kultur­vereine. Dazu gehören insbesondere die Sinicher Dorfbühne und die Musikkapelle Freiberg-Si­nich. 

 

Musikkapelle Freiberg-Sinich

Es war der 16. Dezember 1993, als sich die Musikkapelle im Pfarr­lokal von Sinich zur Grün­dungs­versammlung traf. Es hatten sich auf Anhieb 16 Jung­mu­sikanten von gerade mal 10 Jah­ren dafür angemeldet. Ihre Aus­bildung übernahm Sepp Lam­precht, auch der „Musig-Sepp“ genannt, der die Jungmusikanten so weit förderte, dass sie binnen zwei Monaten erste Stücke bei der Einweihung des neuen Pfarr­lokas spielen konnten. Mit Un­ter­stützung einiger Musi­kan­ten aus den Nachbarkapellen gelang es der jungen Musikkapelle am 26. November 1994 sogar ein erstes Cäcilienkonzert auszutragen. Heute besteht die Musik­ka­pelle Freiberg-Sinich aus über 20 Mu­si­kanten, die mit Begeis­te­rung ihr Talent ausüben und damit einen wertvollen kulturellen Bei­trag für Sinich leisten. 

 

Die Sinicher Dorfbühne

Ebenso verhält es sich mit der im Jahre 1997 gegründeten „Sini­cher Dorfbühne“. Grün­dungs­mitglied Horst Ortler erinnert sich noch gut daran, wie alles begonnen hatte: „Das erste Thea­ter­stück, das wir in Sinich aufgeführt haben, war „Liebe, Schnaps und Freundschaft“ von Ulla Kling.

 Mittlerweile hat sich die Si­nicher Dorfbühne zu einem fes­ten Be­standteil der Thea­ter­land­schaft im Burg­gra­fenamt ent­wickelt und zeigt neben verschiedenen kleineren Theater­pro­jekten einmal im Jahr auch ein größeres Stück. Seit vergangenem Sommer unterstützt die Sinicher Dorfbühne außerdem das Freilichttheater-Konzept der MeranerFestSpiele, die im Au­gust 2018 ihre Premiere auf Schloss Winkel in Obermais feierten. Dieses Jahr werden die Festspiele mit Unterstützung des Vorstandes des Bezirkes Burg­gra­fenamt des Südtiroler Thea­ter­ver­bands und der Sinicher Dorf­büh­ne weitergeführt, heißt es von Seiten des Vereins. 

Dazu soll im Erinnerungsjahr „100 Jah­re Süd­ti­rol“ Anfang Juli die Urauf­füh­rung eines nächsten großen Schau­spiels oberhalb der Gärten von Schloss Trautt­mans­dorff gezeigt werden. 

 

Wirtschaftsstandort

Der Wirtschaftsstandort Sinich konzentriert sich vor allem auf das Industrieareal MEMC sowie die drei Gewerbegebiete na­he der Auffahrt zur MeBo „J. Kra­vogl“ und die Gewerbezonen „Sinichbach“ und „Sandhof“.

Hier haben sich zahlreiche Süd­ti­roler Unternehmen aus verschiedenen Branchen niedergelassen. Mit dem neuen Gasthaus „Meraner Inn“, dem ehemaligen „Würstl-Hans“, hat der Standort auch gastronomisch einiges zu bieten. Durch einen Kreis­ver­kehr und die beiden Turbo­krei­seln, an der Auffahrt zur MeBo, konnte der Durchzugsverkehr im vergangenen Jahr verringert werden. 

Dennoch bleibt der Verkehr in Sinich ein heißes Thema.

 

Haus Basaglia

Einen wertvollen Dienst im Ge­sundheitswesen verrichten die Mitarbeiter und Ärzte der Ein­rich­tung „Haus Ba­saglia“ in der Nunzio-Sauro-Stra­ße. Die psychiatrische Reha­bilitationsstruktur wurde 2003 eröffnet und bietet Wohn- und Schlafmöglichkeiten für 24 Pa­tienten. Sie wird von einer So­zial­­genos­sen­schaft in Zu­sam­­men­arbeit mit dem Sanitäts­be­­trieb geführt und ist für erwachsene Menschen aus dem Burg­gra­fen­amt und Vinschgau, die an psychischen Stö­rungen leiden und betreutes Wohnen benötigen. 

Im großzügigen Garten wird mit den Bewohnern des Hauses auch Obst und Gemüse angebaut und direkt verkauft. Außerdem befinden sich im Haus Basaglia eine Bar und eine Werk­statt.

 

von Philipp Genetti