Friedhof der Ermächtigungsgesetze zur Steuerreform

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Friedhof der Ermächtigungsgesetze zur Steuerreform

Der Ministerrat hat am 16. März 2023 einen Gesetzentwurf des Wirtschaftsministers Giorgetti gebilligt, mit dem die Regierung mit der Durchführung einer Steuerreform beauftragt wird.
Die Maßnahme wurde der Abgeordnetenkammer zur ersten Lesung zugewiesen. Nach Verabschiedung hat die Regierung zwei Jahre Zeit für die Ausführungsdekrete.

Jedoch ist es eine Sache, die Regierung mit etwas zu beauftragen, eine andere ob sie diese Beauftragung wirklich umsetzt. Ermächtigungsgesetze wurden in jüngster Zeit von der Regierung Berlusconi über die Regierung Monti bis zur Regierung Draghi ausgearbeitet, doch wurden sie nie zu Ende geführt, sodass manche von einem Friedhof der Ermächtigungsgesetze sprechen.
Dabei wäre eine Steuerreform, vor allem in Bezug auf die Einkommensteuer, dringend nötig. Die derzeitige Regelung ist ein Fleckenteppich, in dem sich niemand mehr auskennt. Es gibt ein Labyrinth an Steuerabzügen, Absetzbeträgen von der Steuergrundlage und Bonussen, insgesamt 626, die einen Wert von über 100 Milliarden Euro haben. Selten zahlen zwei Personen, die dasselbe verdienen, auch gleich viel Steuern. Bereits die Regierung Draghi hatte versucht hier Ordnung zu schaffen und für Vereinfachung zu sorgen. Diesen Weg will die Regierung Meloni weitergehen. Das größte Steckenpferd dieser Regierung ist jedoch die sogenannte flat tax, das heißt eine einheitliche Besteuerung mit demselben Steuersatz, egal wie hoch das Einkommen ist. Die flat tax gibt es bereits für Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit, das bis zu einer Höhe von 85.000 € mit einem forfait Steuersatz von 15 % des Umsatzes besteuert werden kann. Als erster Schritt sollen die 4 bestehenden Steuersätze in 3 umgewandelt werden. Bis zum Ende der Legislatur soll es nur mehr einen Steuersatz geben.
Die IRAP, welche die Gewinne der Unternehmen und Selbstständigen besteuert, wurde für Einzelunternehmen bereits abgeschafft und soll bis zum Ende der Legislatur ganz abgeschafft werden. Für Kapitalgesellschaften soll sie durch einen Zusatz auf die Körperschaftssteuer ersetzt werden. Es besteht der Eindruck, dass das Maßnahmenpaket der Regierung klar darauf ausgerichtet ist, Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit und so die eigene Kernwählerschaft zu bevorzugen. Dabei werden die Steuern hauptsächlich von abhängig Beschäftigten und Rentnern gezahlt. Laut Statistiken des ISTAT waren im Jahr 2021 von den Steuerzahlern 18.244.000 abhängig Beschäftigte, 16.000.000 Rentner und 5.039.000 Selbstständige. Laut Regierung sollte die Reform sich selbst finanzieren. Auf keinem Fall darf das bereits hochverschuldete Italien neue Schulden aufnehmen. Zur Zeit gibt es ein Steueraufkommen von 609 Milliarden um Sanität, öffentliche Dienste, Infrastrukturen usw. zu finanzieren. Wo wird bei empfindlicher Steuersenkung gespart? Auch die Bestimmungen, die das Verhältnis zwischen SteuerzahlerInnen und Staat verbessern sollen, muten bei einer Steuerhinterziehung von 99,2 Milliarden d.h. 5,4 % des BIP im Jahr 2019 merkwürdig an. Es sollen Sanktionen reduziert, die strafrechtliche Verfolgung eingeschränkt und die Möglichkeit mit dem Fiskus im Voraus die Steuerzahlungen für die darauffolgenden beiden Jahre auszuhandeln, eingeführt werden. Die Steuerbehörde darf BürgerInnen im August und Dezember nicht mehr mit Mitteilungen belästigen.
Im Gegensatz zu den Bemühungen den Fiskus liebenswerter zu gestalten, verlangt Europa von Italien eine entschlossene Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Auch hat die europäische Union die Angleichung der Steuerrechte der Mitgliedsländer zum Ziel. Eine flat tax hat in Europa nur Rumänien, Bulgarien, Estland, Lettland, Mazedonien und Ungarn. Wohin bewegt sich Italien?