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Lana geht voran

© Friedrich Böhringer/wikimedia

Seit Beginn der Corona-Krise hat sich die Gemeinde Lana in Vielem als Vorreitergemeinde erwiesen. Nicht zuletzt durch den Einsatz von Bürgermeister
Harald Stauder, der immer wieder auch bereit war, klar Position zu beziehen. Die BAZ im Gespräch mit Harald Stauder über Corona und die Zukunft.

von Philipp Genetti

Die Corona-Pandemie hat den Standort Lana seit mehr als einem Jahr sehr stark getroffen. Sie waren einer der ersten Bürgermeister, die gleich am Anfang der Pandemie über die sozialen Medien den direkten Kontakt zu den Bürgern gesucht haben. Wie kam es dazu und wie ist dies bei den Bürgern angekommen?

Projekt Fahrradbrücke MeBo-Lana bei Burgstall

Harald Stauder: Die Idee entstand im Grunde aus der Not heraus. Die Menschen waren mit der neuen Situation großteils überfordert und wuss­ten plötzlich nicht mehr, was da eigentlich passiert. Wir haben daraufhin als Gemeinde unzählige Anfragen per Mail, Facebook und auf den unterschiedlichsten Kanälen von besorgten Bürgern erhalten, bei denen es vor allem um praktische Fragen zu den Ausgangssperren, zur Bewegungsfreiheit und zu den Vorsichtsmaßnahmen ging. Nachdem sich die Fragen vielmals überschnitten, haben wir entschieden in wöchentlichen Abständen online Fragestunden live über Facebook anzubieten. Diese Aktion fand ein sehr großes Echo und wir erhielten schnell sehr positive Rückmeldungen. Außerdem gab es immer wieder Neues zu berichten, da wir als Gemeinde von Beginn an in vielem Vorreiter waren. Insbesondere in der Beschaffung von Masken für die gesamte Bevölkerung. Die Live-Übertragungen gingen zum Teil bis zu eineinhalb Stunden und es gab bis zu 7000 Zugriffe. Die Bürger waren sehr dankbar über diesen direkten Austausch und mir persönlich war es wichtig zu verstehen, wo man als Gemeinde konkret helfen kann.

Wie wurde die Initiative weitergeführt?
Wir hatten im Winter die letzte Live-Übertragung. Allerdings hat sich diese neue Art der Kommunikation bereits in mehreren Bereichen bewährt. Wir haben beispielsweise auch schon die ersten Bürgerversammlungen online veranstaltet, bei denen alle in ein­facher Art und Weise mitdiskutieren konnten, je nach Bedarf, werden wir auch in Zukunft wieder auf die Möglichkeit von Online-Fragestunden zurückgreifen.
Als Bürger hatte man seit der Corona-Pandemie den Eindruck, die Politik sei mit dieser Situation überfordert. Sie haben sich darum bemüht, kühlen Kopf zu bewahren. Sie waren von 1997 bis 2010 für die EU im internationalen Krisenmanagement in Indonesien, Kambodscha, Bosnien, Mazedonien und Montenegro tätig. Kam Ihnen diese Erfahrung nun zu Gute?
Während meiner Arbeit für die Europäische Union habe ich sehr vieles gelernt, was Krisenmanagement betrifft. Dabei ging es vor allem um kurzfristige Organisation von wichtigen Dingen, wie Logistik, Aufbau einer Kommunikationsstruktur, die man in kurzer Zeit auf die neuen Gegenbenheiten herunterbrechen kann. Ich habe in dieser Zeit ein starkes „Nervensystem“ entwickelt. Gleich­zeitig denke ich, dass dieses Einen-kühlen-Kopf-Bewahren und Belastbarkeit unter Druck zu meinen Stärken zählen. All diese Erfahrungen, aber auch meine berufliche Erfahrung als Unternehmensberater in Organisations­entwicklung, waren hilfreich, um Lana recht gut durch die bisherige Krise zu führen.

Was hätte man Ihrer Meinung nach im Rückblick auf die vergangenen Monate besser machen müssen?

Rendering der Fahrradbrücke MeBo-Lana aus der Machbarkeitsstudie

Die Menschen erwarten sich von der Politik eine klare Position, Maßnahmen die früh genug kommuniziert werden und eine ausreichende Vorlaufzeit. Es geht nicht, dass man am Freitagabend erfährt, was am Montagfrüh umzusetzen ist. Es braucht Klarheit und Berechenbarkeit. Vor allem ist es wichtig, dass man die Glaubwürdigkeit nicht verliert, wenn man jede Woche etwas anderes sagt.

Wie haben sie sich als Gemeinde auf die neue Situation vorbereitet und wie sieht die Lage aktuell aus?
Nachdem sich unser Wirtschaftsreferent Jürgen Zöggeler dazu bereit erklärt hat, das Testen zu organisieren, haben wir zusammen mit den beiden Lananer Apotheken Maria-Hilf und Peer Lana sowie dem Dialysezentrum Teststationen aufgebaut und ein Vormerksystem eingeführt, bei dem die Wartezeit nur fünf Minuten beträgt. Die kurze Wartezeit hat dazu geführt, dass sich in Lana sehr viele Menschen testen ließen und auch die Motivation, sich mehrmals zu testen, gegeben war. Aufgrund der Absprache mit dem Südtiroler Sanitätsbetrieb waren die Tests eine Zeit lang sogar kostenlos, was ebenso zur hohen Bürgerbeteiligung beigetragen hat. Zusätzlich zu den Teststationen haben wir im Raiffeisenhaus innerhalb kurzer Zeit ein Impfzentrum eingerichtet, das zu einem wichtigen Referenzpunkt des gesamten südlichen Burggrafenamtes geworden ist.
Ein großes Problem waren das ständige „Auf- und Zu“, die wirtschaftliches Planen unmöglich machten. Sie haben einen Vorschlag eingebracht, um Lana früher in die Normalität zurückzuführen.

Was beinhaltete dieser Vorschlag und welche Reaktion haben Sie darauf erhalten?

Erweiterung des Laurin-Kindergartens, das Siegerprojekt des Innsbrucker Architektenteams UNISONO

Mein Vorschlag war es, Lana als Pilotgemeinde für eine schrittweise Öffnung zur Verfügung zu stellen, in dem man weitere Test­initiativen voranbringt und Bürgern, die einen negativen Attest aufweisen, wieder schrittweise am öffentlichen Leben teilnehmen lässt. Seit rund zwei Wochen läuft in einigen deutschen Städten bereits eine solche Initiative, zum Teil recht erfolgreich. Hinzu wollten wir das Projekt auch wissenschaftlich begleiten lassen. Leider hat der angeschriebene Landesrat bisher aber nicht auf unseren Vorschlag reagiert.

Wie viel Spielraum haben die Gemeinden bei der Umsetzung der Landesdekrete?
Der Spielraum dazu ist sehr klein, man kann die Maßnahmen nur verschärfen, jedoch nicht lockern. Auf Staatsebene gibt es aber Sonderwege, die zugestanden werden, wenn es sich um die wissenschaftliche Begleitung eines Pilotprojektes geht. Deshalb bräuchte es in Südtirol etwas Phantasie und politischen Mut.

Mit der schrittweisen Öffnung der Geschäfte scheint endlich wieder Licht am Ende des Tunnels. Wie schätzen Sie die Zukunft der Lananer Betriebe ein und was sind die größten Herausforderungen?
Wir müssen den Menschen wieder Vertrauen in die Zukunft geben, Perspektiven aufzeigen und mit klaren Botschaften zeigen, wo es hingeht. Ich denke viele Menschen haben gute Ideen, die es gilt mitzutragen. Viel hängt jetzt davon ab, wann der Tourismus wieder starten darf, weil damit auch viele weitere Geschäftszweige verknüpft sind. Sicher ist auch, der Kunde muss sich schrittweise an die neue Realität gewöhnen und der Handel muss schnell reagieren, um sich auf die neuen Kundenbedürfnisse einzustellen.

Welche Möglichkeiten hat die Gemeindeverwaltung, um die Wirtschaft zu unterstützen?

Vizebürgermeisterin Valentina Andreis und Bürgermeister Harald Stauder: So soll der neue Kindergarten aussehen (Bild im Hintergrund)

Als Gemeinde können wir keine direkten Wirtschaftsförderungen geben. Allerdings verfolgen wir in Lana seit langer Zeit die Strategie, dass, wenn öffentliche Aufträge zu vergeben sind, man zuerst schaut, ob es Lananer Anbieter gibt. Dann werden diese in jedem Fall für die Ausschreibung miteingeladen und erst dann halten wir in der näheren Umgebung Ausschau. Das führt dazu, dass wir jährlich zwischen ein bis zwei Mio. Euro für Aufträge an Lananer Betriebe vergeben.

Die Lananer Gemeindeverwaltung war in den vergangenen Monaten sehr aktiv und konnte einige innovative Projekte voranbringen.
Ein großer Vorteil von uns als Gemeinde Lana ist jener, dass wir in den vergangenen 10 Jahren sehr gut gewirtschaftet haben. Im Zuge dessen haben wir nicht nur zwei Drittel der Gemeindeschulden abgebaut, sondern haben auch nach wie vor gute finanzielle Rücklagen, die es uns ermöglichen, wichtige Projekte weiter voranzubringen. Dazu gehören die Erweiterung des Laurin-Kindergartens, bei der wir mit dem österreichischen Architekturbüro „Unisono“ aus Innsbruck nun den Wettbewerbssieger ermittelt haben, die Errichtung einer Fahrradbrücke über die MeBo, mit planmäßiger Fertigstellung im Winter 2022/2023, der Kauf des Raiffeisenhauses, das zum Kulturzentrum umgebaut wird, sowie die zeitnahe Umsetzung der letzten Wohnbauzone, die noch im Bauleitplan von 2008 enthalten war. Zusätzlich kommen Projekte wie „Bikesharing“ und innovative kulturelle Projekte dazu, sodass viel Schwung und Dynamik mit öffentlichen Geldern entstehen.

Was ist beim Umbau des Raiffeinhauses geplant?

Aktion „Wir kommen zu dir“: Schnappschüsse aus „Lana Live“ März 2021 – Kultur auch in Zeiten von Corona möglich  © Flyle

Das Projekt wird von dem Kulturbeauftragten Helmut Taber betreut. Wir sind gerade dabei verschiedene Machbarkeitsstudien in Auftrag zu geben. In erster Linie soll das Raiffeisenhaus modernisiert werden. Nachdem wir in den letzten Jahren den Aufzug, die Sanitäranlagen und die Küche erneuert haben, werden wir jetzt energetische Sanierung in Angriff nehmen. Mittelfristig ist geplant, einen weiteren mittelgroßen Saal mit Bühne dazuzubauen. Die Arbeiten werden in enger Absprache mit den Lananer Kulturvereinen vorangetrieben.

Mit dem Projekt „Bike-sharing“ leistet die Gemeinde einen weiteren Beitrag zur grünen Mobilität.
Bike-sharing ist ein Projekt, das Vizebürgermeisterin Valentina Andreis betreut. Auf das Gemeindegebiet verteilt sind 10 Stationen vorgesehen, an denen man Räder ausleihen und an einer anderen Stelle wieder zurückgeben kann. Die Finanzierung der Räder und Stationen haben wir bereits gesichert. Wir sind jetzt dabei, eine Finanzierung für die laufenden Kosten zu suchen, dann starten wir los.

Zu Lanas Kulturprojekten gehört auch die Projektserie „Wir kommen zu dir!“, die von Gemeinderätin Anna Holzner und Hannes Egger mit dem Verein Südtirol Kultur vorangetrieben wird.
Mit der Projektserie „Wir kommen zu dir!“ haben wir in Lana gezeigt, dass Kultur auch in Zeiten von Corona möglich ist.
Frei nach dem Prinzip: „Wenn das Publikum nicht zu den Künstlern kommen kann, müssen die Künstler eben zum Publikum kommen.“
Der erste Teil startete im Dezember 2020 mit musikalischen Darbietungen. Im neuen Jahr kamen dann kleine Theateraufführungen unter den Balkonen von Mehrfamilienhäusern. Dadurch konnten wir einerseits Künstlern ein Einkommen bieten und die Initiative kam bei der Bevölkerung sehr gut an.
Mit „Wir kommen zu dir! – Kunst zu Hause“ geht ab 15. April die Kunstaktion in die 3. Auflage, dann folgt die „Kulturtasche“, welche etwas weiter über den üblichen Begriff von Kultur hinausgeht.

Noch eine Frage: Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung der Corona-Krise ein?
Ich persönlich hoffe, dass wir innerhalb dieses Jahres zu einer neuen Realität hinfinden werden. Ich gehe davon aus, dass wir auch in Zukunft in bestimmten Situationen immer wieder auf Masken zurückgreifen werden und uns mit Dingen vertraut machen müs­sen, wie kurzfristige Absagen von Veranstaltungen, starke Verringerung der Zuschaueranzahl usw., Dinge also, die wir früher nicht gekannt haben, die aber Teil der neuen Wirklichkeit werden.
Vieles hängt davon ab, ob die Corona-Impfstoffe wirken und ob genügend Menschen bereit sind, sich impfen zu lassen.