Wenn Frauen nicht so funktionierten, wie sie hätten sollen

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Wenn Frauen nicht so funktionierten, wie sie hätten sollen

Eine Ausstellung im Frauenmuseum geht Schicksalen von Frauen nach, die unter dem Faschismus in Anstalten gesteckt wurden

Im faschistischen Italien verschwanden Tausende Menschen in psychiatrischen Heimen und Anstalten, weil sie nicht den Moralvorstellungen des Mussolini-Regimes entsprachen. Vor allem Frauen, die als psychisch krank oder zu liberal und „moralisch entartet“ galten, wurden Opfer dieser Praxis. Eine Ausstellung im Frauenmuseum von Meran geht den Schicksalen einiger dieser Frauen nach. Mehrere Jahre haben sich Annacarla Valeriano und Constantino Di Sante mit Krankenakten, Briefen und Berichten von Patientinnen der Anstalt „Sant Antonio Abate“ in Teramo aus der Zeit zwischen 1922 und 1943 beschäftigt. Ihre Ergebnisse fassten sie zu einer Ausstellung zusammen, die bereits an vielen Orten Italiens gezeigt wurde und nun nach Südtirol kommt. In großformatigen Porträtfotografien erzählen die Wissenschaftlerin und der Historiker die Schicksale einzelner Frauen nach, die in Irrenanstalten gesteckt wurden, nur weil sie den Vorstellungen und Normen der damaligen Kultur und faschistischen Gesellschaft nicht entsprachen.

Das Frauenbild im Faschis­mus und Nationalsozialismus
Dass es unter dem Faschismus die einzige Aufgabe einer anständigen Frau gewesen sei, eine gute Mutter zu sein, erinnerte Annacarla Valeriano, die zusammen mit Constantino di Sante zur Er­öffnung nach Meran gekommen war. Den meisten Frauen, die eingeliefert wurden, wurde vorgeworfen, „degenerierte Mütter“ zu sein, erklärte die Wissenschaftlerin, die sich in mehreren Büchern mit der Geschichte der Psy­chiatrie in Italien auseinandergesetzt hat. Die meisten waren Frauen aus der Arbeiterschicht, die in massiver Armut lebten. Sie arbeiteten auf den Feldern, hatten zehn, zwölf oder noch mehr Kinder und litten Hunger. Wenn sie irgendwann von allem überfordert waren und sich nicht mehr um ihre Familien kümmern konn­ten, wie es der Staat für angemessen hielt, wurden sie als „degenerierte Mütter“ bezeichnet. Gleiches galt für Frauen, die unter postnatalen Depressionen litten oder sich weigerten, weitere Kinder zu bekommen. Sie passten nicht in Mussolinis Bild der perfekten Hausfrau. „Den vielen während des Faschismus ausgegrenzten und in psychiatrische Heilanstalten deportierten Frauen Gesicht und Stimme zu geben, ist das Anliegen der Ausstellung und des Rahmenprogramms, das wir vorbereitet haben“, erklärten Sigrid Prader und Marlene Messner.
Die Leiterinnen des Frauenmuseums und der Volkshochschule Urania arbeiteten bereits in mehreren Projekten zusammen.

Rahmenprogramm zur Ausstellung
Im Rahmenprogramm zur Ausstellung wird das Thema „Frauen und Psychiatrie während Faschismus und Nationalsozialismus“ beleuchtet und es werden Bezüge zur Gegenwart hergestellt. So sind Studienfahrten nach Mauthausen, Schloss Hartheim und San Lazzaro geplant, eine Tagung sowie zwei Filmvorführungen. Sehenswert ist der Film „Vincere“ von Marco Bellocchio, der die Geschichte von Ida Irene Dasler und ihrem Sohn Benito erzählt: Mussolinis erste Frau stammte aus dem Trentino; sie und den gemeinsamen Sohn ließ der Duce in eine Irrenanstalt stecken, wo beide umkamen. Zur Ausstellung „Die Blumen des Bösen“, die noch bis Ende März zu sehen ist, gibt es auch einen ausführlichen Katalog.