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Passeiertal im Aufbruch

Rosmarie Pamer, St. Martin. Foto: Staschitz

Rosmarie Pamer, St. Martin. Foto: Staschitz

Konrad Pfitscher, St. Leonhard

Konrad Pfitscher, St. Leonhard

Im Passeiertal stehen zurzeit mehrere Großprojekte an. St. Martin errichtet ein neues Sportzentrum. In St. Leonhard wird das Altenheim St. Barbara umgebaut und in der Gemeinde Moos in Hinterpasseier laufen die Wiederaufbauarbeiten an der Stettiner Hütte.

„Nachdem in St. Martin mit der Errichtung des Dorfhauses und der Bibliothek in den vergangenen Jahren verstärkt Bauten im Bereich der Kultur errichtet worden sind, war es dem Gemeinderat ein großes Anliegen, den Sport und die damit verbundene Jugendarbeit zu fördern“, sagt Bürgermeisterin Pamer. Daher sollen links und rechts der Passer dafür die Sportstätten erneuert und modernisiert werden. Die entsprechenden Projekte sollen in mehreren Schritten erfolgen. Mit dem Bau des Servicegebäudes (1. Baulos) am Fußballplatz von St. Martin wurde bereits der Grundstein gelegt. Nachdem sich die Umkleidekabinen beim Sportplatz in St. Martin seit Jahren in einem unzumutbaren Zustand befanden, machte die Gemeindeverwaltung Nägel mit Köpfen und ließ zwischen dem Kunst- und dem Naturrasenplatz eines der modernsten Servicegebäude Südtirols errichten, das am 8. Fe­bruar dieses Jahres gesegnet und seiner Bestimmung übergeben wurde.
Im neuen Servicegebäude mit Parkgarage sind unter anderem fünf Umkleidekabinen, zwei Schieds­richterkabinen, ein Wasch­raum, ein Büro, eine Bar, ein Fitnessraum, ein Raum für die Leichtathleten sowie ein Geräteraum und sanitäre Anlagen untergebracht. Der Neubau steht in erster Linie dem Amateurclub St. Martin/­Moos zur Verfügung, er wird aber auch von den Leichtathleten genutzt. Die Kosten für das neue Gebäude beliefen sich samt Einrichtung auf ca. 2,5 Millionen Euro. „Fußball hat in Passeiertal und ganz besonders in St. Martin eine lange Tradition und große Bedeutung“, betont die Bürgermeisterin, „der Bau des Servicegebäudes war absolut notwendig.“ Nach der Segnung des Servicegebäudes wurde mit dem 2. Baulos begonnen, dem Abbruch der alten Tribüne mitsamt den Kabinen. Es umfasst aber auch die Erneuerung der Umzäunung im Ost- und Nordbereich. Den Zuschlag für das zweite Baulos erhielt das Bauunternehmen „De.Co.Bau“, die Kosten für die Bauarbeiten belaufen sich auf rund 250.000 Euro. Das Projekt für das 3. Baulos, den Bau der neuen Tribüne, ist bereits fertig und wurde in den Gemeinden St. Martin und St. Leonhard eingereicht (dieser Bau erstreckt sich über das Gemeindegebiet beider Gemeinden), im Juli wurde es von der Baukommission behandelt. „Auch die Bauleitplanänderung läuft“, erklärt die Bürgermeisterin, „die Ausschreibung müsste im Herbst erfolgen.“ Im Gemeinderat gibt es auch den Wunsch für eine Leichtathletikanlage, da viele Kinder und Jugendliche auch dem rührigen Leichtathletikverein angehören. Zudem könnte dieses Areal auch für den Schulsport genutzt werden. Ideal wäre der Bau gleichzeitig mit der Realisierung der Tribüne. Das Problem liegt bei den Kosten und der Finanzierbarkeit.

St. Martins Sportzentrum

Das neue Servicegebäude am Sportplatz in St. Martin

Das zweite große Projekt ist das neue Sportzentrum, das zwischen dem Schwimmbad und den Tennisplätzen entstehen soll. Im Jänner 2019 war das Siegerprojekt gekürt worden. Das junge Team des Studios „Campomarzio“ aus Bozen hatte sich gegen 11 andere Architekturbüros durch­gesetzt. Eine Arbeitsgruppe und der Gemeinderat erarbeiteten Verbesserungsvorschläge, welche in das Projekt eingearbeitet wurden. Das schlichte, einstöckige Gebäude sieht unterirdisch Räum­e für den Eissport vor, oberirdisch jene für die Tennisspieler und die Umkleidekabinen für das Schwimm­bad. Die zwei Bauten Schwimm­bad und Tennisbar werden somit zusammengefasst. „Damit werden Synergien genutzt und alle Sportbereiche in einem Haus zusammengeführt“, heißt es von Seiten der Verwaltung. Das Vorprojekt für den Neubau des Sportzentrums wurde vom Gemeinderat und der Baukommission bereits genehmigt. Die geschätzten Kosten für die Arbeiten liegen bei 2,3 Millionen Euro, die Gesamtkosten bei rund 3,6 Millionen Euro. Das Einreiche-Projekt musste bis Juli, das Ausführungs- bzw. Ausschreibungsprojekt ist bis November abzugeben. Der Baubeginn soll im Herbst 2021 erfolgen.

Das Altenheim St. Barbara in St. Leonhard wird umgebaut

Das Seniorenheim von St. Leonhard wird derzeit umgebaut

Setzt die Gemeinde St. Martin aktuell auf Jugend und Freizeit, liegt in St. Leonhard mit dem Umbau des Seniorenheimes St. Barbara der Schwerpunkt in der Altenpflege und Seniorenbetreuung. „Beim Umbau des Altenheimes sind mehrere Schritte zu bedenken“, erklärt Bürgermeister Konrad Pfitscher, „die Planung, die Kostenerstellung, die Finanzierung, die Schaffung eines Ausweichquartiers, die Abwicklung der Umsiedelung, die Ausschreibung der Arbeiten, der effektive Umbau und schließlich die Rücksiedlung in das neue Heim. Jeder dieser Schritte ist aufwendig und kompliziert.“

Gebäude war nicht mehr zeitgemäß
Über 30 Jahre lang hat das Altenheim St. Barbara in St. Leonhard Senioren aus dem Passeiertal und darüber hinaus eine Heimstätte geboten. Das Haus, die Ausstattung und die Raum­aufteilung hatten sich bewährt, und dank der zuvorkommenden Pflege, der guten Betreuung und der Einbindung ins Dorfleben fühlten sich alle gut aufgehoben. Nachdem in den vergangenen Jahren immer öfter Mängel an der Einrichtung aufgetreten waren, hatte man bereits 2012 eine Sanierung des Altenheimes in kleinerem Stil an­gedacht. Vordergründig ging es dabei um Leitungen und Rohre. „Im Zuge einer genaueren Untersuchung hat sich herausgestellt, dass mit einer einfachen Sanierung die neuen Sicherheits- und Brandschutzbestimmungen für Alten- und Pflegeheime nicht einzuhalten sind und somit nur ein Umbau in Frage kommt“, berichtet Bürgermeister Pfitscher. Notgedrungen muss man den Umbau in einem einzigen Schritt durchführen. Dazu stellt der Bürgermeister klar: „Es wäre technisch nicht möglich gewesen und hätte für die Heimbewohner eine große Belastung dargestellt, die Arbeiten stockweise durchzuführen.“ Als zeitweiliges Ausweichquartier stellte das Wohnbauinstitut das Hotel Christophorus in St. Leon­hard zur Verfügung. Die notwendigen Anpassungsarbeiten für die An­forderungen eines Alten­hei­mes wurden vom Bauunter­neh­men Gebrüder Graf aus Raben­stein durchgeführt. Parallel dazu wurde die Planung des Groß­projektes europaweit ausgeschrieben und schlussendlich von der Bietergemeinschaft um den Ar­chitekten Pedevilla aus Bruneck ausgeführt. Daraufhin wurde das fertige Projekt den zuständigen Landesämtern vorgelegt, sodass mit Ende Oktober 2018 alle Gut­achten und Genehmigungen eingeholt waren.

Das neue Seniorenheim
Der tragende Bau des alten Altenheimes bleibt bestehen und auch die Lage der Zimmer wird zum größten Teil beibehalten. Allerdings wird die Bettenzahl von 43 auf 48 Betten erhöht. Im Untergeschoss werden das Arztambulatorium, das betreute Wohnen mit direktem Zugang zum talseitigen Garten, die Küche und eine Wäscherei angelegt. Im Erdgeschoss befindet sich neben dem Pflegebereich der Eingangsbereich und der Sitz der Verwaltung und im Obergeschoss die Pflegestation mit 25 Betten. Im Außengelände entstehen verschiedene Parkmöglichkeiten. „Besonders wichtig am Gebäude sind die energetischen Sanierungen der Gebäudehülle und die Erneuerung der haustechnischen Anlagen mit allen Rohren, Verkabelungen und Leitungen“, heißt es von Seiten des Bürgermeisters. Um das Dorf weitgehend von den Bauarbeiten zu entlasten, wurde von Süden her eine provisorische Zufahrt angelegt.

Realisierung der Arbeiten
Den Auftrag der Bauarbeiten in Höhe von 7.759.364 Euro hat sich die Bietergemeinschaft Roland Gufler, Arcfactory und Hofer Wolfi gesichert. Der Baubeginn ist im März dieses Jahres erfolgt, nachdem alle Senioren in das Ausweichquartier im Hotel Christophorus umgezogen waren. Finanziert wird das Projekt mit Hilfe des Landes und der Gemeinden Moos und St. Leonhard. „Unsere Familien im Passeiertal betreuen ihre Senioren in der Regel zu Hause, solange dies möglich ist“, erklärt Bürgermeister Konrad Pfitscher, „wenn die Familien damit aber überfordert sind, nimmt unser Altenheim die Senioren auf und bietet ihnen eine zweite Heimat.“ Gerade deshalb ist das Altenheim St. Barbara wichtig und aus dem Leben der zwei Gemeinden nicht mehr wegzudenken.

Stettiner Hütte in Moos wird wiederaufgebaut

So wird die Stettiner Hütte aussehen

In der Gemeinde Moos wird von Seiten des Landes Südtirol an einem zukunftsweisenden Projekt gearbeitet. Es handelt sich um den Wiederaufbau der Stettiner Hütte, welche im Jahre 2014 durch einen Lawinenabgang zerstört worden war.

Sofern das Wetter mitspielt
Die Baugemeinschaft „BG/RTI Graf & Söhne und HOLKA Genossenschaft“ zeichnen für den Wiederaufbau der Stettiner Hütte verantwortlich. Ein Gespräch mit dem Bauunternehmer Roland Graf.
Herr Graf, Ihr Unternehmen, hat jüngst die europaweite Ausschreibung für den Wiederaufbau der Stettiner Hütte gewonnen. Wie ist die Zusammenarbeit mit HOLKA zustande gekommen?
Mit der HOLKA Genossenschaft haben wir schon mehrere Bauprojekte realisiert, darunter auch bereits sieben Kondominien. Zudem sind beide Unternehmen in der Gemeinde Moos tätig, sodass man sich sowohl beruflich als auch privat schon lange kennt.

Was sind die Herausforderungen bei diesem Bau?
Die größten Herausforderungen am Bau sind die Höhe und die damit zusammenhängenden Wetterverhältnisse. Immerhin befinden wir uns auf 2875 Metern. Die Anbringung des Baukranes stellt eine weitere Herausforderung dar. Hierzu müssen die Bauteile zuerst bis zur Lazinser Alm und von dort aus über eine Materialseilbahn – die gerade von der Firma Moosmair gebaut wird – zur Baustelle befördert werden. Die Seilbahn ist gerade deshalb unerlässlich, da der Transport mit dem Hubschrauber zu wetterabhängig ist. Wir haben schon beim Hochbringen der Arbeiter mit dem Helikopter mehrere Tage abwarten müssen, da das Wetter zu unbeständig war.

Wie kann man sich eine Arbeitswoche in dieser Höhe vorstellen?
Für die Bauarbeiter sieht der Arbeitsalltag in der Bauphase wie folgt aus: mit dem Hubschrauber werden sie am Montag auf die Baustelle gebracht – soweit das Wetter mitspielt – und am Freitag müssen sie dann aber zu Fuß wieder herunterkommen. Der Hüttenwirt der Stettiner Hütte hatte in den vergangenen Jahren eine provisorische Raststätte mit einigen Hütten aufgestellt, von denen uns eine davon als Unterkunft zur Verfügung steht. Verpflegung gibt es in den Überbleibseln der alten Hütte.

Wird die Seilbahn auch nach den Bauarbeiten bestehen bleiben?
Nein, die Materialseilbahn wird ausschließlich für die Bauarbeiten errichtet und danach wieder abgebrochen.

In welchen Etappen geht der Bau voran?
Aktuell sind wir mit einem „Hupfer“ auf der Baustelle, um die Reste der alten Stettiner Hütte abzubrechen und um die Baugrube herzurichten. Sobald die Material­seilbahn fertiggestellt ist, können wir den Kran zur Baustelle bringen und dann geht es mit den Bauarbeiten richtig los. Davor können wir nicht viel vor Ort tun.

Die alte Stettiner Hütte wurde durch eine Lawine zerstört. Was macht die neue Hütte sicherer?
Die neue Hütte wird komplett aus Betonfertigteilen errichtet, was eine hohe Sicherheit darstellt. Auch werden Verankerungen in die Fundamentplatte angebracht und die Hütte so in einem Winkel zum Berg aufgestellt, dass eine unvorhergesehene „Lahne“ möglichst wenig Angriffsfläche hat.

Bis wann soll dann der Bau fertiggestellt werden?
Wir wollen die Arbeiten innerhalb 2021 abschließen. Zwar ist von Seiten der Provinz ein Zeitraum von 3 Jahren vorgesehen, aber wir hoffen, wenn das Wetter mitspielt, die Arbeiten bereits innerhalb von 2 Jahren zu beenden.

Was wünschen Sie sich für den Bau?
Dass wir unfallfrei durchkommen und dass das Wetter halbwegs mitspielt. Immerhin haben wir schon erlebt, dass in der Früh recht schnell 20 cm Schnee liegen können, und dann heißt es erst einmal einen halben Tag schneeschaufeln.

von Philipp Genetti