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Der PNRR-Geldsegen

PNRR ist so eine Abkürzung, mit der so mancher uns nicht viel anzufangen weiß. Dahinter steckt aber viel Geld. „Piano Nazionale di Ripresa e Resilienza“ bedeutet PNRR und für diesen nationalen Wiederaufbauplan ist ein Geldtopf von rund 191,5 Milliarden Euro an EU-Geldern für Italien vorgesehen. Europas Antwort auf die Covid-19-Pandemie.
von Josef Prantl

Damit soll das Land für die Zukunft gerüstet werden. „Der nationale Plan für Aufbau und Resilienz zielt darauf ab, die wirtschaftlichen und sozialen Schäden der Coronakrise abzufedern. Der Plan beinhaltet Investitionen und Reformen in verschiedenen Bereichen. Dabei spielt die Digitalisierung eine sehr wichtige Rolle“, erklärt die Handelskammer.

Südtirol und der PNRR
Auch Südtirol soll profitieren. Die Schulen stöhnen zurzeit unter der Bürokratie, denn jede Schule in Italien hat prompt Hunderttausende Euros für die digitale Erneuerung zuerkannt bekommen und muss nun in Windes­eile digitale Projekte aus dem Boden stampfen, um zu den PNRR-Geldern zu kommen. „Next Generation Classroom, Next Generation Labs“ lauten lässig formuliert die Förderkapitel, nachzulesen auf vielen Schulwebseiten des Landes. Da werden italienweit schon einmal Zigtausende Computer, Tablets und Bildschirme bestellt, während das Klopapier fehle, schreibt die italienische Wochenzeitschrift „L‘Espresso“ unter dem Titel „La mala scuola“. Eine solche Verschwendung von Steuergeldern habe es noch nie gegeben und die Verantwortlichen schweigen, so die Kritik. Auch das umstrittene Standseilbahnprojekt Meran-Schenna soll mit 38 Millionen Euro aus dem staatlichen PNRR-Topf mitfinanziert werden. Bis Ende 2025 müssen die Arbeiten vergeben sein. Bei PNRR muss immer alles ganz schnell gehen. Da kann es schon vorkommen, dass kopflose Projekte eingereicht werden, sagen die Skeptiker. Insgesamt verwaltet Südtirol einen PNRR-Topf mit 536 Millionen Euro in Eigenregie. Eine eigene „Task Force“ soll schauen, dass die Gelder sinnvoll eingesetzt werden.

Viel Geld für 6 Schwerpunktbereiche
Der Geldsegen aus Europa ist exklusiv für 6 Schwerpunkte reserviert: Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Mobilität, Lehre und Forschung, sozialer Zusammenhalt und Sanität. Im Juli 2021 hat der Rat der Europäischen Union Italiens Aufbauprogramm „Italia Domani“ angenommen, wodurch dem Land die 191,5 Milliarden Euro zugesagt wurden. Und das ist noch nicht alles, denn die italienische Regierung hat noch weitere 30,6 Milliarden Euro für die Finanzierung von zusätzlichen Maßnahmen erhalten. Wir sprechen also von sage und schreibe 221 Milliarden Euro EU-Geldern nur für Italien. Die Mittel verteilen sich entsprechend der Vorgabe der Europäischen Kommission wie folgt: Für Digitalisierung, Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und Kultur sind 43,6 Milliarden Euro, für die Grüne Transformation, den ökologischen Wandel 57 Milliarden Euro, für die Infrastruktur und nachhaltige Mobilität 25,3 Milliarden Euro, für Bildung und Forschung 32,3 Milliarden Euro, für soziale Inklusion 17,6 Milliarden Euro und für Investitionen im Gesundheitsbereich sind 15,6 Milliarden Euro vorgesehen. Warum gerade für den Gesundheitsbereich am wenigsten Geldmittel reserviert sind, ist nicht ganz nachvollziehbar.

„Next Generation EU“ – Jahrhundertchance für Europa?
„Next Generation EU“ ist wieder so ein Begriff, mit dem wenige etwas anfangen können. Vorweg: Dahinter steckt noch mehr Geld. Erstmals in ihrer Geschichte hat die Europäische Union ein durch gemeinsame Schulden finanziertes Hilfspaket auf den Weg gebracht, um die von der Pandemie besonders betroffenen Mitgliedsstaaten dabei zu unterstützen, ihre Infrastruktur zu modernisieren. 750 Milliarden Euro haben die Staats- und Regierungschefs dafür bewilligt. „Next Generation“ ist der Topf, aus dem auch unsere PNRR-Gelder stammen. Tatsächlich handelt es sich um befristete, zusätzliche Mittel, die helfen sollen, „ein grüneres, stärker digital ausgerichtetes und krisenfesteres Europa“ zu schaffen, wie die EU-Kommission in einer Werbekampagne erklärt. Und weiter: „Next Generation EU“ ist mehr als ein Wiederaufbauplan. Es ist die einmalige Chance, gestärkt aus der Pandemie hervorzugehen, unsere Wirtschaft neu auszurichten und Chancen und Arbeitsplätze für ein Europa zu schaffen, in dem wir auch in Zukunft gerne leben.“ Kommissionschefin Ursula von der Leyen bezeichnete den Wiederaufbaufonds sogar als „Jahrhundertchance für Europa“.

1500 Projekte in Südtirol
Wirtschaft und Gesellschaft in Europa sollen also nachhaltiger, krisenfester werden und besser auf die Herausforderungen und Chancen des ökologischen wie digitalen Wandels vorbereitet sein, lautet die Mission aus Brüssel. Ein Großteil der Vorhaben und damit der Gelder wird auf zentraler Ebene von den jeweils zuständigen Ministerien verwaltet und vergeben, aber in einigen Fällen kann das Land Südtirol auch selbst PNRR-Gelder vergeben. 1500 Projekte sind bis jetzt in Südtirol über PNRR finanziert. Es ist nicht so einfach herauszufinden, was so alles bei uns mit PNRR-Geldern gemacht wird. Die meisten Schulen haben ihre PNRR-Projekte veröffentlicht. Wer im Internet „PNRR-Projekte in Südtirol“ eingibt, stößt auf eine lange Reihe von Vorhaben: Der Bau bzw. die Instandhaltung von Gesundheitsbauten wird landesweit mit PNRR-Mitteln mitfinanziert. Fast eine Million Euro aus dem staatlichen Wiederaufbaufonds hat die Landesregierung heute für die Errichtung von 22 sogenannten „Digi Points“ in Südtirol zweckgebunden. 15 Millionen Euro für den Ausbau von Kindertagesstätten fließen aus dem staatlichen Wiederaufbauplan nach Südtirol. Die Stadtgemeinde Meran kann auf Mittel aus dem PNRR zählen, die Gesamtsumme beläuft sich auf 639.500 Euro, um 6 Projekte zu finanzieren, die darauf abzielen Dienstleistungen zu digitalisieren. Die Promenade der Poesie in der Gilf soll mit einer Reihe von Maßnahmen aufgewertet werden, die insgesamt 197.000 Euro kosten. Die Finanzierung der Eingriffe erfolgt durch Mittel aus dem PNRR-Fonds … eine schier unendliche Liste an PNRR-Vorhaben nur bei uns.

Es gibt noch mehr Geld
Südtirol könne sich um weiteres Geld aus dem EU-Wiederaufbaufonds  bewerben, heißt es nun. In Italien stehe dafür noch Geld zur Verfügung. Ausschreibungen seien leer ausgegangen oder Regionen hätten dieses Geld nicht genutzt, vermeldet Rom. Nach Angaben von Landeshauptmann Kompatscher liegen in Südtirol bereits Projekte des Landes und der Gemeinden im Ausmaß von 1,7 Milliarden Euro vor. Diese Projekte betreffen den ökologischen Wandel wie die Elektrifizierung der Eisenbahn, den Ankauf von Zügen oder Schutzbauten und Wasserspeicher. Sollte es gelingen, Geld dafür zu gewinnen, müssten die Projekte aber umgehend umgesetzt werden und noch 2026 fertiggestellt sein.

Nichts ist geschenkt
Für die Rückzahlung haben die EU-Länder 30 Jahre Zeit, genau bis zum Jahr 2058. Dabei machen die Darlehen etwas weniger als die Hälfte der 750 Milliarden Euro aus, ganze 360 Milliarden. Die restlichen 390 Milliarden Euro werden als Zuschüsse gewährt, müssen also nicht zurückgezahlt werden. 37 Prozent der Gelder müssen in den Klimaschutz und 20 Prozent in die Digitalisierung investiert werden. Der Erfolg einer Förderung durch EU-Programme ist allerdings bisher nicht überzeugend belegt. Auch handle es sich bei dem Fond eigentlich um eine Vergemeinschaftung von Schulden und Haftung, meinen Experten. Der Wiederaufbaufond organisiere schuldenfinanzierte Leistungen (oft plan- und kopflos), für deren Verbindlichkeiten aber nicht die EU, sondern die Mitgliedstaaten die Haftung übernehmen müssen, und zwar entsprechend dem eigenen Anteil am EU-Haushalt. Wie gesagt: Eine Schuldenaufnahme durch die EU gab es noch nie. Um das Corona-Finanzpaket „Next Generation“ aber zu finanzieren, geht es nicht ohne Schulden. Durch ihre Bonität erhält die Union auch günstigere Kredite als krisengeschüttelte Mitgliedsstaaten wie Italien. Die Aufnahme von Krediten heißt aber auch, dass neue Einnahmequellen gefunden werden müssen, um diese wieder abzuzahlen und das kann allen teuer zu stehen kommen. EU-kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen antwortet der Kritik: „Der Gedanke hinter dem Wiederaufbauprogramm Next Generation EU ist größer. Die Europäische Union ist mehr als der gemeinsame Markt, sie ist vor allen Dingen eine Wertegemeinschaft. In einer Welt, in der die Unsicherheiten zunehmen und Respekt vor gemeinsamen Werten wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit abnimmt, ist es umso wichtiger, dass die Europäische Union als Ganzes eine starke Stimme bleibt.“ Und das gehe nur, wenn niemand auf der Strecke bleibt, so von der Leyen. Das NGE-Programm versucht auch, die nationalen Regierungen in Richtung der auf europäischer Ebene definierten politischen Prioritäten zu lenken, wie z. B. den Green New Deal mit einer grünen und digitalen Transformation der Wirtschaft.

 

Standseilbahn Meran-Schenna: Chance oder Verschwendung?

Die Standseilbahn Meran-Schenna ist eines der Projekte in Südtirol, das teilweise über den europäischen Fond „Next Generation EU“ finanziert werden soll. Inwieweit auf staatliche PNRR-Gelder zurückgegriffen wird oder auf den nationalen Fonds für zusätzliche Investitionen (PNC), ist noch nicht geklärt. Jedenfalls sollen 37,5 Millionen Euro aus dem staatlichen Aufbauprogramm fließen. Das Projekt soll aber 110 Millionen Euro kosten. Die restlichen Gelder müsste also das Land aufbringen. Aber nicht nur das stößt bei vielen Bürgern negativ auf. Das Komitee „Standseilbahn Meran-Schenna . So nicht!“ hat kürzlich dem Landeshauptmann 5500 Unterschriften von Bürgern übergeben, die sich gegen den Bau aussprechen.

Martin Kirchlechner

Die BAZ sprach mit Martin Kirch­lechner, Sprecher des Komi­tees.

Sie haben kürzlich dem Landeshauptmann 5500 Stimmen von Meraner Bürgern übergeben, die sich gegen den Bau der Standseilbahn Meran-Schenna aussprechen. Wie hat er reagiert?
Martin Kirchlechner: Er war zurückhaltend. Er hat es zur Kenntnis genommen und uns gesagt, dass sich die nächste Landesregierung um dieses Thema kümmern wird. Trotz der großen Menge an Unterschriften scheint auch der Landeshauptmann immer noch zu glauben, dass es sich einfach um ein paar verärgerte Anrainer handelt. Das verwundert uns natürlich, gerade in Anbetracht der anstehenden Landtagswahlen.

Was stört viele Meraner so sehr daran?
Die Gründe sind vielfältigster Art. Meran hat in seiner Geschichte immer ein Ping-Pong-Spiel in Fragen der Mobilität erlebt und daraus ist ein Flickwerk entstanden. Deshalb hören viele Meranerinnen und Meraner bei Mo­bi­litätsprojekten gerne genauer hin. Bei dem Projekt der Standseilbahn gibt es einfach zu viele mögliche negative Nebenwirkungen mit einem stark eingeschränkten Nutzen für Meran. Das Durchschneiden der Naherholungszone Lazag mit einem Viadukt auf 7 Meter hohen Stützen, der unheimliche CO2-Verbrauch für den Bau, eine weitere Durchlöcherung des Küchelbergs, die Schaffung eines weiteren Mobilitätszentrums in einem ruhigen Wohnviertel, Touristenströme, die direkt ins Zentrum geleitet werden, ein erhöhtes Busaufkommen in den Straßen rund um die Schulen im Musikerviertel, was das Fahrradfahren weiter einschränkt und noch einiges mehr, und das alles bei Kosten von 110 Millionen Euro und sehr wenig Nutzen für die Meraner selbst. Denn auch die prognostizierte Verkehrsreduktion des motorisierten Individualverkehrs erschließt sich nicht, zumal die Hauptverkehrsverursacher in der Stadt die Meranerinnen und Meraner selbst und die anderen umliegenden Gemeinden sind.

Zurzeit ist es recht ruhig um das Projekt geworden. Was wissen Sie Konkretes über den Stand der Dinge?
Unser letzter Stand ist, dass der Ball nun den betroffenen Gemeinden zugespielt wurde und dass diese eine Grundsatzentscheidung zur Standseilbahn treffen müssen.
Es war aber auch relativ bald klar, dass das weder im Sommer noch vor den Landtagswahlen passieren wird.

Es gibt Stimmen, die behaupten, das Projekt sei in Rom nie für den nationalen Aufbauplan PNRR eingereicht und die versprochenen 37,5 Millionen Euro seien der Provinz gar nicht zugesichert worden. Wissen Sie dazu Näheres?
Laut unseren Informationen sind 75 Millionen Euro der Region zugeteilt worden, wovon 37,5 Millionen Euro an die Provinz Bozen gehen. Die Auszahlung erfolgt offenbar in Raten über 14 Jahre, mit genau festgelegten Beträgen. Das Projekt Standseilbahn ist bei den PNRR-Projekten der Provinz Bozen jedoch bisher nicht aufgelistet.

Hat das alles nicht den Anschein, dass hier schnell ein Projekt aus der Schublade gezogen wurde, um an die Gelder zu kommen?
Ich denke, das war so. Und es spricht ja grundsätzlich auch nichts dagegen, wenn man plötzlich die Möglichkeit hat ein Projekt zu realisieren, das man bisher auch aus finanziellen Gründen nicht finanzieren konnte. Nur muss das Projekt dennoch sinnvoll sein. Und wenn die Finanzierung aus dem PNRR nur einen kleinen Teil des Gesamtbetrages dieser ca. 110 Millionen Euro beträgt, dann muss eben umso genauer hingeschaut und abgewogen werden. Nur weil plötzlich Geld da ist, heißt das nicht, dass es gezwungenermaßen ausgegeben werden muss – erst recht nicht, wenn dabei auch noch einiges auf dem Spiel steht.

Wie denken Sie grundsätzlich über PNRR-Finanzierungen?
PNRR-Finanzierungen können natürlich eine wertvolle Hilfeleistung sein. Die damit finanzierten Projekte sollten jedoch bestens durchdacht und geprüft werden, damit sie auch den richtigen Nutzen für die Allgemeinheit bringen.

„Wenn die Südtiroler das Wort Subvention hören, setzt der Verstand aus. Dann sind sie zu den unsinnigsten Vorhaben bereit, auch wenn sie hohe (Folge-)Kosten verursachen und keinen Nutzen haben.“ Trifft diese Kritik eines Bürgers auch auf die Standseilbahn zu?
Oft scheint es so zu sein. Die Ziele, die die Standseilbahn erreichen möchte, sind ja grundsätzlich nicht falsch. Wir und über 5500 Unterstützer sind einfach da­von überzeugt, dass das Projekt der Standseilbahn in der jetzigen Form diese Ziele nicht erreichen wird. Deshalb sehen wir es schon so, dass das Problem der Mobilität in all seinen Facetten noch viel genauer bearbeitet werden muss. Wir sind der Meinung, dass es viel notwendiger wäre, erst das Mobilitätszentrum am Bahnhof mit großer Tiefgarage einzurichten, um dort den Verkehr der Umlandgemeinden aufzufangen. Dann muss man sehen, wie sich dieses in Kombination mit dem bald fertig gestellten Küchelbergtunnel auf die Stadt auswirkt.

Welche Alternative schlägt das Komitee „Standseilbahn Meran-Schenna. So nicht!“ vor?
Wir können nur Denkanstöße geben. Konkrete Alternativen müssen Städteplaner und Verkehrsplaner erarbeiten, aber auch in dieser Reihenfolge. Zuerst müssen die konkreten Bedürfnisse der Stadt und der einzelnen Viertel klar werden, dann kommt die Verkehrsplanung. Was wir uns alle wünschen würden, ist, dass man der Errichtung des Mobilitätszentrums am Bahnhof mit großer Tiefgarage oberste Priorität gibt und dort den Großteil des Verkehrs auffängt, um die Menschen in die Stadt und in die verschiedenen Richtungen zu verteilen. Ist dieses Mobilitätszentrum errichtet, können weitere Schritte folgen, wenn diese überhaupt notwendig sind.

Südtirol profitiert von den PNRR-Geldern

Um die PNRR-Projekte in Südtirol optimal zu koordinieren und damit die großen Geldsummen zukunftsträchtig und nachhaltig eingesetzt werden und nicht in falsche Hände geraten, hat die Landesregierung eine Steuerungsgruppe eingerichtet. Unter dem Vorsitz von Landeshauptmann Arno Kompatscher gehören dazu General­di­rektor Alexander Steiner, Ge­ne­ralsekretär Eros Ma­gna­go, die Ressortdirektoren und Di­rek­toren einiger Schlüs­sel­abteilungen. Zudem wurde ei­ne Task Force unter der Leitung des stell­ver­tre­tenden Direktors der Landesa­b­teilung Europa, Peter Paul Gamper, eingesetzt. Sie fungiert als eine Informationsdrehscheibe, um den Zugang zu den Geldern zu er­leichtern, aber auch zur Unter­stützung bei der Abrechnung der genehmigten Projekte.

Ein BAZ-Gespräch mit dem Leiter der PNRR-Task-Force.

Peter Paul Gamper

Ist der Wiederaufbauplan PNRR ein großer Geldsegen, auch für das Land Südtirol?
Peter Paul Gamper: Auf jeden Fall. Tatsache ist, dass in einem relativ kurzen Zeitraum beträchtliche Geldmittel nach Südtirol fließen. Die Nutznießer der fast 1500 PNRR-Projekte sind breit gestreut und reichen von öffentlichen Behörden wie Gemeinden, Bezirksgemeinschaften und der Landesverwaltung über die Schulinstitutionen, die Forschungseinrichtungen bis in den privaten Bereich. Die große Herausforderung ist es, diese Mittel für sinnvolle Projekte einzusetzen unter Einhaltung der Vorschriften und der engen Zeitvorgaben, damit auch alle Mittel effektiv abgeholt werden können.

Wie viele PNRR-Mittel fließen zum heutigen Zeitpunkt nach Südtirol und wofür werden sie eingesetzt?
Derzeit kann der Betrag an PNRR-Mitteln, die in Südtirol investiert werden, auf etwa 950 Mio. Euro beziffert werden. Diese Mittel werden für sehr unterschiedliche Vorhaben in den 6 Förderbereichen des PNRR, den sog. Missionen verwendet. Diese sind Digitalisierung, Innovation, Wettbewerbsfähigkeit, Kultur und Tourismus, Grüne Revolution und ökologischer Wandel, Infrastruktur für eine nachhaltige Mobilität, Bildung und​ Forschung, Zusammenhalt und Inklusion sowie Gesundheit.

Wie groß ist die Gefahr, dass die Gelder auch bei uns in falsche Hände geraten?
Wo viel Geld im Spiel ist, da ist es grundsätzlich auch angeraten besondere Vorsicht walten zu lassen. Bekanntermaßen sind jedoch bei EU-Förderungen die Kontrollmechanismen gut definiert. Die Projektträger müssen für den Erhalt der Fördergelder Informationen zu den getätigten Ausgaben und zum Nachweis der Erreichung der Projektergebnisse (targets und milestones) in das zentrale Monitoringsystem REGIS einspeisen. Die Kontrollen werden vorwiegend von den zuständigen nationalen Ministerien durchgeführt. Auf Landesebene besteht eine enge Zusammenarbeit der Taskforce des Landes mit den zuständigen Kontrollinstanzen des Rechnungshofes und der Finanzpolizei.

Wird es noch zusätzliche Mittel vom Staat geben?
Die Umsetzung des nationalen Wiederaufbauplans ist ein laufender Prozess. Es gibt derzeit einige laufende Ausschreibungen und auch künftig werden noch Möglichkeiten zur Projekteinreichung veröffentlicht werden. Aktuelle Informationen dazu werden laufend auf der PNRR-Homepage des Landes (https://europa.provinz.bz.it/de/nextgenerationeu-pnrr-in-suedtirol) veröffentlicht.

Was sagen Sie zur Kritik, dass das PNRR-Programm eine nie dagewesene Verschwendung sei und der Bürger irgendwann die Zeche dafür bezahlt?
Das mit der „Zeche zahlen“ stimmt insofern, dass etwas zwei Drittel der 191 Milliarden Euro des Staatlichen Wiederaufbau- und Resilienzplans Darlehen der EU an Italien sind. Allerdings gibt es keinen direkten Zusammenhang zwischen den einzelnen Projektförderungen und dem zu tilgenden Dar­lehen des Staates. Und wie ge­sagt: unter der Voraussetzung, dass die Mittel effektiv, also für sinnvolle Vorhaben, sowie effizient im Sinne von korrekt eingesetzt werden, kann ich diese Kritik nicht teilen.