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Die Meloni-Reform

Jede Regierung träumt davon, als Urheberin einer großen Verfassungsreform in die Geschichtsbücher einzugehen und dieser den eigenen Namen zu verleihen. Nun ist die Meloni-Reform an der Reihe. Vor ihr haben es Berlusconi 2006 und Renzi 2016 versucht, aber ihre großen Träume vom Ruhm sind schnell geplatzt und haben sich in Misserfolge verwandelt. Renzi war sogar gezwungen, als Ministerpräsident zurückzutreten, Berlusconi hat die darauffolgende Wahl verloren.
Die Hauptursache für die Misserfolge ist in einer Verfassungsbestimmung zu finden: wenn eine Reform im Parlament nicht mit einer Zweidrittelmehrheit verabschiedet wird, können fünf Regio­nalräte, fünfhunderttausend WählerInnen oder ein Fünftel der Par­la­mentarierInnen beantragen, dass die Reform einer bestätigenden Volks­abstimmung unterzogen wer­den muss. Und hier liegt die Schwierigkeit. Für die italienischen BürgerInnen ist die Verfassung heilig, und sie sind sehr resistent gegen jede Änderung. Dies gilt umso mehr, wenn man ein anderes ihrer Heiligtümer antasten will: den Präsidenten der Republik.
Doch genau das hatte Giorgia Me­loni im Wahlkampf angekündigt. Sie sagte, sie sei mit dem Auftrag gewählt worden, Italien in eine Prä­sidialrepublik zu verwandeln.
In einer solchen wäre der Staats­präsident nicht mehr nur Garant und Schiedsrichter, sondern eine vollwertige politische Figur. So wie in den USA, wo der Präsident gleich­zeitig Regierungschef und Staatsoberhaupt ist. Oder wie in Frankreich, wo er den Regierungschef ernennt, der jedoch nur eine sehr geringe Bedeutung hat. Beide Vorschläge würden eine ra­dikale Umwälzung des italienischen Systems und der Verfassung bedeuten.
Alle Oppositionsparteien sind daher auf die Barrikaden gegangen und haben ihre Ablehnung angekündigt. Auch die SVP ist gegen diesen Vorschlag.
Meloni, welche die Präzedenzfälle Berlusconi und Renzi fürchtet, machte einen Schritt zurück. Sie rief alle Oppositionsparteien zu sich, um ihre Meinung zu hören.
Dabei bereitete sie einen Alternativvorschlag, welcher die Direktwahl der PremierministerIn vorsieht.
Auch wenn die Oppositionsparteien das Anliegen, dem politischen System mehr Stabilität zu verleihen, teilen, so erntete am meisten Zustimmung jedoch das sogenannte deutsche Modell, das das konstruktive Misstrauen vorsieht. Laut diesem kann das Parlament eine Regierung nicht stürzen, ohne vorher die künftige RegierungschefIn zu benennen. Eine solche Regelung hätte in Italien den Sturz vieler Regierungen verhindert: Vergessen wir nicht, dass es hier in 75 Jahren nicht weniger als 68 Regierungen gab, in Deutschl­and dagegen nur 25.
Hoffen wir also, dass die Meloni – Reform den Konsens im Parlament sucht und die versprochene Stabilität bringt.