Priester sein in unserer Zeit

Urlaub auf dem Bauernhof
19. September 2022
Lana auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit
19. September 2022
Alle anzeigen

Priester sein in unserer Zeit

Wenige Organisationen stoßen gleichzeitig auf so viel Zustimmung und Ablehnung wie die Kirchen. Zwischen Skandalen und dem Anspruch, die höchste moralische Instanz zu sein, wird ihnen oft Skepsis und Ablehnung entgegengebracht. Wie geht man damit um, wenn man sich dafür entschieden hat, Priester zu werden? Der Pfarrer von St. Vigil Untermais, P. Cyrill Greiter gibt uns Einblick in sein Wirken und die Herausforderungen der Kirche.
Pfarrer P. Cyrill Greiter ist im Sternzeichen Widder geboren. Seine Hobbys sind Kunstgeschichte und Sport. Sein Lieblingsessen und Lieblingsgetränk sind eine selbst gekochte Amatriciana, Kaffee, ein Glas Wein und meistens Leitungswasser. Ein Buch, das er uns empfiehlt, ist das mittlerweile leider vergriffene Buch von Karl Valentin: „Mögen hätte ich schon wollen, nur dürfen habe ich mich nicht getraut“. Denn wer den Karl Valentin versteht, kann über sich selber lachen, sagt der Untermaiser Pfarrer.

Herr Pfarrer, für alle, die noch keine Chance hatten, Sie persönlich kennenzulernen: Wer ist Pater Cyrill?
Zuerst zu den positiven Eigenschaften: Ich kann zuhören und anderen Menschen Raum geben, d. h. ich versuche, die Menschen anzunehmen, wie sie sind. Ich bin ein kreativer Geist, kann aber auch einfallslos sein. Die Geduld gehört nicht zu meinen Stärken. Ich bin schlagfertig und mitunter sehr direkt, was ein Vorteil und zugleich ein Nachteil sein kann.

Warum sind Sie Priester geworden?
Ich entstamme einer Arbeiterfamilie. Mein Vater war ein gelernter Schlosser und hat für die Gemeinde gearbeitet, meine Mutter war Hausfrau. Ich habe 2 ältere Schwestern und bin religiös erzogen worden. Es hat jedoch nie einen Zwang gegeben, in die Kirche zu gehen. Meine Eltern waren fleißige Kirchgänger, sie hatten das christliche Weltbild verinnerlicht. In den 1970er Jahren war das Ministrieren für ein Kind ein „Highlight“. In Kramsach habe ich den Beruf des Glasbläsers erlernt. Aus all diesen Erfahrungen ist dann der Wunsch entstanden, Priester zu werden. Die Oberschule habe ich bei den Zisterziensern in Stams besucht und anschließend in Innsbruck Theologie studiert. 1998 bin ich zum Priester geweiht worden. Es hat also keinen Blitz­einschlag in Bezug auf die Berufung gegeben, sondern diese ist in mir allmählich gewachsen.

Was macht Ihre Arbeit schön, was sind weniger schöne Momente?
Es hat traurige Momente gegeben, d. h. Abschied zu nehmen von Personen, die als Begleiter, Wegweiser und Freund bzw. Freundin wichtig waren, auch aus einer Dankbarkeit heraus, dass man die­se Menschen kennen lernen durfte. Als Beispiel möchte ich meinen Vater nennen, der nicht mehr lebt und all die Menschen, die ich im Sterbeprozess begleitet habe. Zu den positiven Erlebnissen gehören die Taufen oder wenn man spürt, dass die Menschen nachdenken und zu diskutieren beginnen, nachdem der Pfarrer etwas gesagt hat. In solchen Momenten spürt man, dass die Menschen Gott nicht gleichgültig gegenüberstehen.

Pater Cyrill Greiter möchte zum Nachdenken anregen

Freude am Leben vermitteln und den Menschen nahe sein

In den Kirchenbänken sitzen fast nur mehr ältere Menschen. Wie gewinnen Sie die Jüngeren?
Die Gottesdienstbesucher sind zweifelslos älter geworden. Es kommen aber immer wieder neue Leute dazu. Zu den Werkstagmessen kommen seit 14 Jahren immer gleich viele Besucher. Es wird weitergehen, jedoch anders. Um die Zukunft mache ich mir keine allzu großen Sorgen. Werben kann man für die Sache, jedoch ohne Druck. Jedem steht es frei, in die Kirche zu kommen. Druck auszuüben ist kein guter Motivationsschub, einen Gottesdienst mitzufeiern.

Vermisst man als ans Zölibat gebundener Priester nicht eine eigene Familie?
Manchmal wäre es fein gewesen, eine Familie zu haben. Man kann aber keine Familie erzwingen. Es gibt Leute, die allein leben, auch wenn sie an kein Zölibat gebunden sind.

Gibt es Momente, bei denen man keine Lust hat, Pfarrer zu sein?
Es gibt solche Momente. Das hat etwas mit dem Pfarrer selbst zu tun. Das sind die Momente, wo der Pfarrer keine innere Kraft mehr hat. Die Frage, die ich mir in solchen Momenten stelle, ist: „Lebe ich in einer ganz bestimmten Beziehung mit Gott oder gibt es Hinweise, wo ich die Beziehung mit Gott vertiefen muss?“
Markus Auerbach