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Brennpunkt Sinich

So einiges hat die Stadtgemeinde in den vergangenen Jahren in Sinich in die Wege geleitet. Noch immer nicht gelöst ist das Problem mit dem Grundwasser. Ein Gespräch mit Architekt Wolfram Haymo Pardatscher, dem Leiter der Abteilung Bauwesen und technische Dienste.
von Philipp Genetti

Herr Pardatscher, hört man sich in Sinich um, scheint das Grundwasserproblem aktuell durchaus dramatisch. Was ist dagegen unternommen worden?
In Sinich ist vom Hydrogeologen Ambrogio Dessì eine umfangreiche Grundwasser-Analyse durchgeführt worden. Seit rund zwei Jahren sind wir dabei, den Grundwasserstand über alle 4 Jahreszeiten hinweg zu überwachen. Ausgehend von den Ergebnissen die­ser Analysen und Beobachtungen hat das Ingenieursbüro Patscheider und Partner für die Gemeinde Meran eine Studie dazu erstellt, wie das historische System zur Bekämpfung des Grundwasserproblems aktiviert bzw. ergänzt werden könnte.

Warum tauchte das Grundwasserproblem in Sinich früher nicht auf?
Das liegt daran, dass viele Gebäude in den 1980er und 1990er Jahren als sogenannter Volkswohnbau errichtet worden sind, bei dem keine geologischen Gutachten erforderlich waren. Man hatte auf Teufel komm raus gebaut, allerdings mit allen Fehlern, die dadurch eben ungewollt passiert sind. Jetzt hat Meran ein Problem, das irgendwie selbstverschuldet ist, aber gelöst werden muss.

Was sind konkret die Probleme?
Die Probleme liegen an mehreren Stellen. Einerseits ist es mittlerweile fast 90 Jahre her, dass das Gebiet durch die Grundwasser­entnahme bonifiziert worden ist. Gleichzeitig ist zu bemerken, dass die historischen Gebäude in Sinich ohne Keller errichtet worden waren. Das ist heute anders, was aber dazu geführt hat, dass das Grundwasserproblem immer gravierender wurde. Durch diese Miss­stände kam es dann zu den ersten geologischen Gutachten.

Wie sehen die konkreten Lösungsansätze aus?
Als Gemeindetechniker haben wir 3 bzw. 4 wesentliche Maßnahmen vorgeschlagen, um die Situa­tion schrittweise in den Griff zu bekommen. Schrittweise deshalb, weil eine Gesamtlösung für Meran finanziell nicht stemmbar wä­re. Die erste Maßnahme, für welche die Gemeindeverwaltung eine Finanzierung von rund 300.000 Euro genehmigt hat, sieht die Erneuerung der Corridoni-Brücke vor, deren Durchlass verbreitert werden soll.

Warum ist dieser Eingriff so kostspielig?
Dieser Eingriff ist deshalb so teuer, weil sich an der Engstelle viele Infrastrukturen befinden, wie die Hauptleitung der Gasversorgung, die im Zuge dessen verlegt werden muss.

Wie geht es danach weiter?
Die zweite Maßnahme wäre die Renovierung des Dorfplatzes. Da­für wurde in der Gemeinde bereits eine Baukonzession erteilt und ein Projekt durch Mitbestimmung von der Bevölkerung ausgewählt. Unter dem Dorfplatz würde im Zuge dessen ein sogenanntes Trenn-­System angebracht, das da­zu dient, den Grund­was­ser­spie­gel zu regulieren. Dafür fehlt allerdings noch die Finanzierung. Wenn auch die zweite Maßnahme genehmigt würde, wäre der dritte Schritt die Verbindung des Trennsystems am Dorfplatz entlang der Cesare-Battisti-Straße bis hin zum Corridoni-Kanal und der zuvor erwähnten Brücke, die dann bereits verbreitert worden wäre.

Wozu genau dient dieses Trennsystem?
Ein Trennsystem würde es ermöglichen, den zu hohen Wasserspiegel auf ein tragbares Level abzusenken. Wenn das Grundwasser zu tief abgesenkt wird, wäre das mehr Schaden als Nutzen. Denn Wasser hat gleichermaßen eine sehr große Tragfähigkeit. Das kennen wir aus Gebieten wie dem Ruhrgebiet: wenn das Grundwasser zu weit abgesenkt wird, können Häuser sogar zusammenbrechen. Ziel ist es also, nicht das Grundwasser komplett zu entfernen, sondern auf eine Maximalhöhe zu regulieren und dann zu halten.

Sie sprachen noch von einer vierten Maßnahme?
Nach der Verbindung des Dorfplatzes mit dem Corridoni-Kanal würden wir die Anschaffung von mobilen Hebepumpen vorsehen. Es gab in Sinich früher bereits ein Hebewerk bei der Mündung des Naifbaches in die Etsch. Allerdings ist dieses Werk nie richtig zum Einsatz gekommen. Die Anschaffung eines neuen Hebepumpenwerkes wäre zu teuer und unsinnig. Deshalb haben wir in Absprache mit der Feuerwehr Si­nich vorgeschlagen, mobile Pumpen anzuschaffen, die auch an anderen Orten in Meran eingesetzt werden könnten.

Für die erste Maßnahme zur Bekämpfung des Grundwasserproblems gibt es bereits grünes Licht. Wann rechnen Sie mit Abschluss der Arbeiten?
So schnell wird das nicht gehen. Jetzt haben wir zuerst einmal die Finanzierung stehen. Mit Baubeginn ist frühestens im Herbst bzw. Winter zu rechnen. Es gibt eine grobe Kostenschätzung. Aber zu­erst muss die Baukonzession erteilt werden, die Ausschreibung erfolgen, usw.

Ein Thema, das in Sinich schon seit längerem im Gespräch ist, ist die Errichtung einer neuen Sportzone. Wie steht es darum?
Für die Gestaltung einer Sportzone, die sich sehen lassen könnte, gibt es eine Studie. Mehr aber nicht. Die Studie wurde politisch noch nie abgesegnet. Infolgedessen ist sie aktuell nur Papier.

Warum wurde dafür bislang noch nichts unternommen?
Wir haben als Gemeinde nicht das Geld dafür. Außerdem hat Bildung aktuell Vorrang. Mit dem millionenschweren Schulprojekt in Untermais steht für uns in Me­ran gerade die größte Schulbaustelle des Landes bevor. Wenn die Politik das Projekt der Sinicher Sportzone irgendwann angehen will, dann kann ich mir vorstellen nur „step by step“. In einem Zug würde Meran das Projekt nicht tragen können.

Ein Thema ist auch die Mobilität.
Für die Mobilität wäre in Sinich die Errichtung eines neuen Zugbahnhofes sinnvoll. Vor allem wenn es mit der Realisierung der zweigleisigen Zugverbindung Meran-Bozen einhergehen würde. Ein Zugbahnhof würde nicht nur Sinich aufwerten, sondern auch die Industriezone Lana. Aktuell gibt es dazu aber noch keine konkreten Pläne

Die Gemeinde Meran hat in Sinich in den vergangenen Jahren viel investiert. Wie wird das von den Sinichern wahrgenommen?
Als Gemeindeverwaltung haben wir in den letzten Jahren tatsächlich viel Energie in Sinich gesteckt. Eine neue Schule errichtet, eine neue Feuerwehrhalle und auch einige Straßen wurden neu gestaltet. Wir haben uns um den Dorfplatz gekümmert, um die Grundwasseranalyse und um die Machbarkeitsstudie in der Grundwasserproblematik. Jetzt gestalten wir die Corridoni-Brücke neu. Den neuen Dorfplatz hätten wir im Grunde auch schon genehmigt und in fünf Bürgertreffen gemeinsam definiert. Dennoch wird in Sinich von einigen politischen Ak­teuren weiter Negativwerbung gegen die Gemeindeverwaltung gemacht. Man erhält selten positive Inputs. Ich stelle mir daher oft die Frage: Was wollen die Sinicher eigentlich wirklich? Ich muss zugeben, ich weiß es bis heute noch nicht ganz. Aber wir werden sehen.