Heimatpflege in Burgstall

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Heimatpflege in Burgstall

Der Heimatpflegeverein hat 2020 sein 60-jähriges Bestehen gefeiert. Ein Grund mehr den Burgstaller Verein näher vorzustellen
von Philipp Genetti

Der Heimatpflegeverein Burgstall wurde im Dezember 1960 gegründet. Federführend war der erste Obmann, Tischler und Gemeinderat Ludwig Pederiva. Auf ihn folgte Johann Visintainer.
Heute ist er das letzte verbleibende Gründungsmitglied des Vereins. Die Gründe für die Entstehung des Vereins waren zahlreich. Zum einen gab es um die 1960er Jahre bereits mehrere aktive Heimatpflegevereine im Burg­gra­fenamt, die sich für die Pflege des Kultur- und Baugutes sowie des historischen Erbes und der Verschönerung des Dorfbildes einsetzten. In diesem Zusammenhang wurden verschiedene Blumenwettbewerbe ausgetragen. Zum anderen stand in Burg­stall zur Gründungs­zeit auch die Errichtung eines neu­en Friedhofes an, für dessen Errichtung der Ver­ein wertvolle Im­pulse setzte.

Neuer Fried­hof
Durch den Einsatz der Burgstaller Heimatpfleger in Zusammenarbeit mit der Gemeindeverwaltung und dem Architekten Pattis wurden sie vom Landesverbandes der Heimatpflegevereine für die gelungene Eingliederung des neuen Friedhofs in die Landschaft ausgezeichnet. Der historisch „ältere“ Fried­hof befindet sich heute noch bei der Pfarrkiche.
Der erweiterte „neu­e“ Teil ist auf dem Burghügel unmittelbar der Burgstaller Burgruine zu finden. Besonders hervorzuheben ist bei der Erweiterung des Friedhofs der Einsatz des späteren Vereinsobmannes und Gründungsmitglieds Alois Ratschiller vom Fischerlehof. Ratschiller war nach Visintainers Ausscheiden der nächste Obmann des Vereins und prägte die Vereinsgeschichte bis ins Jahr 1983 Er war in dieser Zeit auch als Gemeinderat für die Hei­mat­pflege aktiv. In dieser Zeit organisierte er zahlreiche landeskundliche Ausflüge und nahm mit seinen Weggefährten an ebensolchen auch auf Landes- und Bezirksebene teil.

Aktueller Vorstand Heimatpflegeverein (Marta Zeni Ratschiller, Roland Genetti, Herta Burger, Martin Ratschiller und Annemarie Geyer)

Die Graf-Volkmar-Promenade
Während Alois Ratschillers Zeit als Vereinsvorsitzender wurde auch der Graf Volkmarweg realisiert. Eine Spazierpromenade, die von der Ortsgrenze zu Sinich bis zur Seilbahnstation Vöran-Burg­stall reicht. Mit diesem „Verschönerungs“-Projekt gelang es dem Heimatpflegeverein gemeinsam mit der Gemeinde Burgstall und den Gastwirten im Dorf nicht nur dem berühmten Burgstaller Grafen und frühen Landeshauptmann Volkmar ein Denkmal zu setzten, sondern auch einen gemütlichen Wanderweg zu errichten, der bis heute viele Gäste und Besucher zum gemütlichen Spazierengehen einlädt. Neben den Einstiegsmöglichkeiten beim Först­lerhof und am südlichen Ende des Weges bei der Seilbahnstation, bietet sich ei­ne weitere unmittelbar bei der Burgstaller Pfarrkirche.

Umwelt- und Landschafts­schutz
Nach Alois Ratschillers Ableben 1983, folgten Josef Burger, Bruno Frizzi und Hans Ganthaler als Vereinsspitzen. Es waren die Jahre in denen auch der heutige Ver­eins­obmann Martin Rat­schil­ler (ein Neffe Alois Rat­schil­lers) begann, sich in den Heimat­pfle­ge­verein miteinzubringen. In dieser Zeit fügten sich auch die The­men Lebensqualität, Land­schafts­schutz und Umwelt in die Reihen der Ver­einsanliegen. Ins­besondere der Schutz der historischen Burg­stal­ler „Etsch-Auen­wald-­Bestän­de“.

Die Burgstaller Etschauen, ein Naturparadies

Die einzigen Etschauenwälder zwischen Meran und Salurn
Der Wert der alten Etschauenwälder galt bis in die 1980er Jahren als weitaus umstritten. Zahlreiche Landwirte forderten die komplette Rodung des überfwbliebenden Erlenwaldbestandes im Etschtal. Die Burgstaller Heimatpfleger und Naturfreunde, zu denen auch der damalige Besitzer des Naturmuseums Simon Ratschiller gehörte, sahen die Auen hingegen als schützenswert. Nach intensiver Sensibilisierungsarbeit gelang es die Gemeindeverwaltung davon zu überzeugen, diese einzigen nennenswerten Etschauenwaldbestände zwischen Meran und Salurn zu schützen und zum Naturschutzgebiet zu erklären. Heute sind die Etschauen ein beliebtes Ausflugsziel für Naturkundler und beheimaten eine breite Artenvielfalt an Feuchtlebewesen. Im April 2015 veranstaltete der Heimatpflegeverein eine Fotoausstellung und fachkundige Führungen durch das Burgstaller Biotop.

Umweltpflege und Kunst
1998 kam es im Heimatpflegeverein zum nächsten Stabwechsel. Neuer Obmann wurde der heutige Vereinsvorsitzende und zeitweilige Gemeinderat Martin Ratschiller. Zusammen mit seinen Mitstreitern hatte er 1995 bereits an der Entstehung der Kunstausstellungs-Reihe „Creativ“ mitgearbeitet, die unter seiner Vereins­leitung bis einschließlich 2003 wei­tergeführt wurde.
Bei dem sprachübergreifenden Projekt zeigte der Heimatpflegeverein im Zweijahresrhythmus Werke verschiedener Burgstaller Laienkünstler aus den unterschiedlichsten Kunstrichtungen. Besondere Anerkennung gebührt dem damaligen Heimatpfleger Günther Pedross, dem es immer wieder gelang einige versteckte Talente im Dorf für die Ausstellung zu gewinnen. Nach vier erfolgreichen und gutbesuchten Ausgaben von „Creativ“ wurde die Initiative 2005 aber nicht mehr weitergeführt. Von 2008 bis 2019 folgte auf Martin Ratschiller Mark Pichler als Vereinsobmann. Unter seiner Führung fand im Herbst 2008 ein Landart-Workshop im Wald oberhalb der alten Schule statt. Ebenso wurde in seiner Zeit ein Rastplatz im Feldweg geschaffen sowie ein Stück des alten Steinpflasterweges zu den Berg­höfen freigelegt und begehbar ge­macht. Im April 2010 organisierte der Verein eine Ple­numsdiskussion zur Rettung der Alten Schule unter anderem mit Architekt Gottlieb Hem­pel um sie vor dem Verfall zu retten und sie einer geeigneten Nutzung zuzuführen. Aufgrund Pichlers zunehmender Interessenskonflikte, kehrte Ratschiller 2019 als Obmann zurück und hat seither den Vorsitz des Burgstaller Heimatpflegevereins inne.

Der neue Friedhof auf dem Burghügel

Heimatpflege heute
„Nach den vorausgegangenen herausfordernden Jahren im Heimatpflegeverein, haben wir als neugewählter Ausschuss im Mai 2019 unsere ordentliche Vereins­arbeit aufgenommen“, betont Vereinsobmann Martin Ratschiller, „Unser erstes größeres Projekt war die Ortsbegehung mit dem Landesvorstand und der Landesobfrau der Heimatpflegevereine Claudia Plaickner, um die Verkehrs-, Lebens- und Umweltsituation im Dorf zu erfassen.“ Die Ergebnisse hätten daraufhin mit der Gemeindeverwaltung besprochen werden sollen.
Durch den Ausbruch der Corona­pandemie im Frühjahr 2020 und den zeitgleichen Ausbruch des Großbrandes der Metzgerei Pfitscher, galt es dem Heimatpflegeverein aber zunächst die Anliegen der unmittelbaren Dorfbewohner zu bearbeiten. Durch den Brand war das Leitungswasser entlang der Romstraße verunreinigt worden, was für die Dorfbewohner ein erhebliches Gesundheitsrisiko darstellte. Gleichzeitig hofften die Heimatpfleger im Zuge des geplanten Wiederaufbaus und der damit verbundenen Bauleitplanänderung in der Gemeinde auf einen Standortwechsel der Metzgerei. Auch wenn dieses Anliegen von zahlreichen Dorfbewohnern mitunterstützt worden war, traf es in der Gemeindeverwaltung auf kein entsprechendes Gehör.
Durch den gemeinnützigen Einsatz und die wertvollen Bemühungen des Heimatpflegevereins, des Zivilschutzes und der Öffentlichen Verwaltung gelang es das Wasserproblem zu lösen und somit die Lebensqualität entlang der Romstraße zufriedenstellend wiederherzustellen.

2015 wurde der alte Steinpflasterweg zu den Berg­höfen freigelegt und
begehbar ge­macht

 

Burgstaller „Dorfschreiber“ und Chronist Josef Sulzer
Der Heimatpflegeverein beschäftigte sich in den vergangenen Jahren intensiv mit der Aufarbeitung des Nachlasses und Lebenswerks des Heimatkundlers, Dorfschreibers und Chronisten Josef Sulzer, mit freundlicher Unterstützung des Lananer Historikers Simon Peter Terzer. Unter der Vereinsleitung von Alois Ratschiller war Sulzer lange Zeit als Schrift­führer im Heimatpflegeverein tätig gewesen und setzte sich zeitlebens besonders mit der Aufarbeitung der Burgstaller Kirchengeschichte auseinander. Die wesentlichen Ergebnisse seiner kirchengeschichtlichen Erkundigungen veröffentlichte er 1977 im Eigenverlag. Neben der Dorfgeschichte von Burgstall interessierte er sich auch für die Geschichte seines Heimatortes Tirol und der seiner Vorfahren in Ulten und am Deutschnonsberg. Aber Sulzer war nicht nur ein talentierter Dorf­­schreiber und passionierter Heimatkundler, sondern auch Laiendichter, Leserbriefschreiber und Berichterstatter für „Dolomiten“ und „Volks­bote“. Die zahlreichen Beiträge, Gedichte und kritischen Texte die im Nachlass er­halten sind, sind kaum in gedruckter Form erschienen. Außerdem brachte er sich in Burg­stall viele Jahre lang auch im Heim­keh­rer­verband, der Freiwilligen Feuerwehr, der Wegleeg- und der Entwässerungsgenossenschaft sowie der Schützenkompanie ein, die Sulzer später in die Liste der Ehrenmitglieder aufnahm.

Chronist Josef Sulzer †

Das unveröffentlichte Dorfbuch
Sein großer Wunsch, die Veröffentlichung eines Dorfbuches für Burgstall, wurde ihm, selbst nach der Erstellung eines ersten Manuskriptes 1985 und einer detaillierten Kostenaufstellung von der Ge­meinde Verwaltung, zeitlebens verwehrt. Am 19. April 2001 starb Sulzer und wurde in Burgstall beigesetzt. Seinen schriftlichen Nachlass übergab seine älteste Tochter und bekannte Südtiroler Jodlerin Maria Sulzer dem Heimatpflegeverein, wobei Teile der Schriften schon die Freiwillige Feuerwehr Burgstall und die Musikkapelle verwahren.