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Eine Erfolgsgeschichte

Es waren zehn beherzte Obstbauern, die sich vor 30 Jahren an die Landesregierung mit einer Vision wandten. Was sie damals vorbrachten, fand mehr Kopfschütteln als Gehör.
„Bio“ in der Landwirtschaft war etwas für die „Grünen“, aber nicht die Bauern. Notgedrungen suchte man Hilfe in Deutschland und fand sie. 1991, vor genau 30 Jahren, wurde ein Abzweiger von Bioland in Südtirol gegründet. Den Gesamtverband gibt es seit genau 50 Jahren. Zwei Jubiläen hat Bioland heuer also zu feiern: eine Erfolgsgeschichte

von Josef Prantl
Aus einer Handvoll Mitglieder sind es in Südtirol mittlerweile rund 1000 Betriebe geworden, die „Bio“ herstellen: vom Apfel-, Wein und Viehbauern bis hin zum Imker, Kräuter- und Gemüseanbauer. Seit dem heurigen April ist Bioland Südtirol auch eine Genossenschaft und hat seinen Sitz von Terlan nach Lana verlegt. Im Eurocenter der Industriezone befindet sich der Verwaltungssitz, aber auch das neu gegründete Kompetenzzentrum für den Biolandbau in Südtirol: Die Bio-Zertifizierungsstelle Abcert, Biokistl, Bio Alto und Bio*Beef. Bioland beschäftigt heute 11 Mitarbeiter unter Leitung von Geschäftsführer Rein­hard Verdorfer. Toni Riegler aus Moritzing ist der neue Obmann der landwirtschaftlichen Genossenschaft. Die Gesellschaft fordert immer lauter eine Ökologisierung der Landwirtschaft. Die vermehrte Umstellung auf Bio würde den Menschen und der Umwelt einen großen Nutzen bringen, ist Riegler überzeugt. Die ideale Kombination ist für den Obmann Bio und Regional. Basisdemokratische Ent­schei­dun­gen spielen bei Bioland trotz der Größe eine wichtige Rolle. Mit über 8000 Mitgliedern ist Bioland der größte Bio-Anbauverband in Deutschland und Südtirol. Rund 30 Betriebspartner arbeiten in Süd­tirol mit Bioland zusammen, darunter die Meraner Mühle, Plo­se, Biosüdtirol/VOG, Meraner Milchhof.

Biokonzept Südtirol 2025

Bio ist zum Mainstream geworden. Bewusste Ernährung wird vielen wichtiger, immer mehr Menschen achten auf hohe Qualität der Nahrung. Das hat man mittlerweile auch beim Bauernbund erkannt. Zwei Jahre lang haben der Südtiroler Bauernbund, die Südtiroler Bioverbände, das Ressort Landwirtschaft, die Freie Universität Bozen, die EURAC, das Versuchszentrum Laimburg, der Beratungsring für den Obst- und Weinbau sowie für die Berglandwirtschaft (BRING) und die Landwirtschaftliche Berufsbildung an einer Studie gearbeitet: Das Biokonzept Südtirol 2025. Das Ziel von „Biokonzept 2025“ ist die Verdoppelung der Bioflächen in allen Sektoren bis 2025.  Auf etwa 20 % bei Äpfeln, 15 % bei Beeren, 16 % bei Ackerfrüchten und Kräutern sowie 12 % beim Wein sollen die Bioflächen in den nächsten acht Jahren ansteigen. Denn der Bioanbau ist in Südtirol im Vergleich zu den deutschsprachigen Nachbarländern noch deutlich unterrepräsentiert und daher ausbaufähig.

Österreich hat die Nase vorn
In Südtirol gab es im Jahr 2016 651 Biobetriebe mit einer Gesamtfläche von 4034 Hektar. Das waren 3,3 % der gesamten landwirtschaftlichen Betriebe und 1,7 % der gesamten bewirtschafteten Fläche. Im Vergleich mit den Nachbarländern ist der Anteil der Biobetriebe in Südtirol, sowohl an der Anzahl der Betriebe als auch an der Fläche gemessen, am geringsten.Der höchste Anteil ist in Südtirol beim Acker- und Gemüseanbau mit 5,7 %, gefolgt vom Obstbau mit 5,1 % zu verzeichnen. Das Schlusslicht bil­det die Rinderhaltung mit 2,5 % Anteil an Biobetrieben.
Den Spitzenreiter im Län­der­ver­gleich bildet Österreich, mit einem Anteil von 16,7 % der Betriebe und 31,9 % der Fläche.

Der organisch-biologische Landbau wurde in der Schweiz geboren
Bio-Lebensmittel können auf ein zweistelliges Wachstum in den vergangenen Jahren verweisen. Der Biomarkt wächst stark – teilweise um bis zu 20 % – wie etwa in Italien. Der Umsatz in Deutschland und Italien beträgt zusammen über 14 Mrd. Euro. Geboren wurde die Bioland-Bewegung bereits vor einem halben Jahrhundert in der Schweiz. Gemeinsam mit seiner Frau Maria Müller-Bigler und dem deutschen Bakteriologen Hans Peter Rusch entwickelte der Agrarwissenschaftler und Emmentaler Politiker Hans Müller (1891 – 1988) in den 1940er und 1950er Jahren die Grundlagen des organisch-biologischen Landbaus und wurde so zu einem Wegbereiter für die ö­ko­logische Landwirtschaft im deutschsprachigen Raum und speziell für den heute –neben Demeter – führenden Anbauverband Bioland. Die heimische Landwirtschaft befand sich zu jenem Zeitpunkt im Umbruch, weg von der traditionellen hin zu einer von der In­dustrie abhängigen Wirtschafts­weise. Mit möglichst geschlossenen Betriebskreisläufen wollte Mül­ler die Existenz der Bauern sichern. Das heißt zum Beispiel: Kompost aus eigenen Pflanzen als Dünger nutzen und Tiere mit hof­eigenem Futter ernähren. So wollte er ihre Unabhängigkeit si­chern. Sie hatte höchste Priorität. Aus dieser Idee heraus entwickelte er zusammen mit seiner Frau Maria und dem deutschen Arzt Hans Peter Rusch (1906-1977) in den folgenden Jahren die Grundlagen des organisch-biologischen Landbaus. Rusch suchte von der medizinischen Seite her die Ursachen von Krankheiten und erkannte die Bedeutung der Anbauform für den inneren Wert von Lebensmitteln. Den Biobauern wurde neben der Verantwortung für die dauernde Fruchtbarkeit des Ackerbodens jene für die Gesundheit der Menschen, die sich von der Bauern Arbeit ernähren, wichtig gemacht.

50 Jahre Bioland Deutschland
Diese Ideen fanden auch in Deutsch­land Anklang. Bereits in den 1950er-Jahren hatten aufgeschlossene Bäuerinnen und Bauern aus Süddeutschland den Kontakt zu der innovativen Gruppe aus der Schweiz geknüpft. Um die neuen Ideen besser umsetzen und die gemeinsamen Interessen optimal vertreten zu können, gründeten sie 1971 den „bio gemüse e.V.“ – den Vorläufer von Bioland. Zehn Jahre später hatte der Verein 200 Mitglieder. So nahm die Geschichte von Bioland ihren Lauf. Bioland sieht sich auch als das politische Sprachrohr seiner Mitglieder und Partner und engagiert sich in übergeordneten Gremien – regional, national und international. An vielen Stellen arbeitet Bio­land daran, die ökologische Land­wirtschaft voranzubringen – auch mit Hilfe einer eigenen Ab­teilung für Forschung und Ent­wicklung und mit der Unterstützung der Bioland Stiftung. Und noch immer entwickelt sich der Verband stetig weiter: Sei es bei der Gründung einer eigenen Jugendbewegung 2013 oder bei der Entwicklung eines neuen Gastronomie-Konzeptes 2018. Ganz aktuell treten in diesem Jahr neue Richtlinien zur Biodiversität in Kraft. „Bioland hat vieles frühzeitig und als erstes in die Hand ge­nommen“, sagt der deutsche Bioland-Präsident Jan.

Die BAZ sprach mit Landesobmann Toni Riegler und Geschäftsführer Reinhard Verdorfer:

Herzlichen Glückwunsch zum heurigen runden Geburtstag! Sind 30 Jahre Bioland in Südtirol eine Erfolgsgeschichte?

Bioland-Südtirol-Geschäftsführer Reinhard Verdorfer (l) und Landesobmann Toni Riegler

Toni Riegler: Ja, auf jeden Fall. Ich glaube niemand hätte vor 30 Jahren gedacht, dass die Bewegung, die 10 Bauern damals angestoßen haben, sich auf inzwischen knapp 1000 bäuerliche Familien ausweiten wird.

Wie kam die Bioland-Idee zu uns?
Reinhard Verdorfer: In den 1980er Jahren gab es eine sehr rüh­rige Bewegung im integrierten Obstbau. Eine Gruppe von 10 bis 15 Bauern wollte aber weitergehen und gründete den „Verein für Ökologie“, wichtig dabei waren die Kontakte zu Wissenschaftlern, unter anderem zum oberösterreichischen Mikrobiologen Emil Joas. 1991 haben 10 Bauern schließlich einen Vertrag mit Bioland Bayern abgeschlossen und somit Bioland Südtirol gegründet.

Bioland hat auch am „Biokonzept Südtirol 2025“ auf Initiative des Südtiroler Bauernbundes mitgearbeitet. Denken die Bauern im Lande um?
Toni Riegler: Ja, es gibt inzwischen viel Offenheit quer durch die gesamte Landwirtschaft. Bio wird auf jeden Fall interessiert be­obachtet, teilweise auch als Lösung angesehen. Es gibt aber auch immer noch oder wieder starke Kritiker bezüglich Bio.

Der Anteil der biologisch bewirtschafteten Fläche ist in den vergangenen Jahren in Südtirol stetig gestiegen, allerdings sind wir noch weit hinter Österreich, Deutschland, der Schweiz. Sollten wir das nicht ändern?
Reinhard Verdorfer: Wir können solche Veränderungsprozesse nur gemeinsam angehen. Wenn wir mehr Bio in Südtirol haben wollen, dann braucht es ge­meinsame Anstrengungen von Politik, Gesellschaft, Landwirtschaft und Tourismus. Speziell die Förderung von biologischen Produkten aus Südtirol in öffentlichen Einrichtungen (Krankenhäusern, Kin­dergärten usw.) wäre wichtig.

Muss der Bioanbau mehr unterstützt werden? Braucht es bei den Bauern mehr Aufklärung und Information?
Toni Riegler: Wichtig wäre eine fundierte Ausbildung in den Schu­len und Universitäten. Wir sind mit den landwirtschaftlichen Schu­len in engem Kontakt und die Jungbäuerinnen und -bauern bringen teilweise eine gewisse Sensibilität zu dem Thema mit. Grundsätzliche Informationen über systemische und ökologische Zusammenhänge sind aber mehr denn je wichtig, vor allem für die Jugend.

Was bedeutet es, „biologisch“ herzustellen?
Reinhard Verdorfer: Der Bioland Bauer wirtschaftet nach höheren Standards als das gesetzliche „Bio“. Als Bioland-Bauer versuche ich die Bodenfruchtbarkeit durch organische Düngung zu fördern. Im Obstbau versuche ich ein ökologisches Gleichgewicht in die Obst­anlage zu bringen durch Maß­nahmen, welche die Biodiver­sität fördern. In der Tierhaltung ist Weidegang und artgerechte Tier­haltung eine der Voraussetzungen.

Am neuen Sitz im Eurocenter in der Lananer Industriezone entsteht ein „Bio-Kompetenzzentrum“. Was kann man sich darunter vorstellen?
Reinhard Verdorfer: Im Bio-­Kom­pe­tenz­zen­trum haben sich 5 Organisationen (Bio Alto, Biokistl, Abcert, Biobeef, Bioland) zusammengefunden, die den Biolandbau in Südtirol wei­terentwickeln und fördern möchten. Ziel ist es nach innen Synergien zu nutzen und nach au­ßen als Ansprechpartner rund um das Thema Biolandbau gegenwärtig zu sein. Darüber hinaus haben einige Bioland-Bauern mit Bio Alto eine Genossenschaft gegründet, um Bioland Produkte aus Südtirol besser auf den Südtiroler Markt und in den Tourismus zu bringen.

Wie sieht die Zusammenarbeit mit dem Bioland-Gesamtverband aus?
Toni Riegler: Bioland Südtirol ist gleichwertig einer von neun Landesverbänden im Bioland-Gesamtverband. Da Bioland-Präsident Jan Plagge gleichzeitig Präsident der Europäischen Vereinigung der Bioverbände (IFOAM EU) ist, haben wir über Bioland eine direkte Verbindung zur Bio-­Politik nach Brüssel.

Welche Bio-Produkte haben bei uns den größten Marktanteil?
Reinhard Verdorfer: Von der Herstellung und vom Umsatz hat der Obst­bau den größten Anteil. Vom Flächenanteil sind es die Kräuter, die den größten Anteil haben, rund 80 % der Kräuter werden in Südtirol biologisch angebaut. In den letzten 5 Jahren hat die Milch­wirtschaft zu­genommen. Heuer gab es den stärksten Zuwachs in der Weinwirtschaft. Interessant sind in Zukunft bestimmte Nischen, wie der Bio-Gemüsebau oder die Bio-Ziegenmilchherstellung.
Wie erkennt der Kunde Bio-Produkte bzw. wann ist ein Bio-Produkt wirklich Bio?
Reinhard Verdorfer: In der EU er­kennt man ein Bio-Produkt durch das weiße Laub auf grünem Hin­tergrund, Kontur aus Sternchen. Ein Bioland-Produkt erkennt man zudem durch das Bioland-Logo im grünen Quadrat.

Ist Bio wirklich besser für die Umwelt und auch nachhaltig?
Toni Riegler: Bio hat vor allem Vorteile bezüglich Nährstoffauswaschungen, weil nur organisch gedüngt wird, zudem finden wir auf biologisch bewirtschafteten Flächen meistens eine höhere Bio­di­versität. Der Biolandbau ist neben innovativen Agrarsystemen, wie Mischkulturanbau, Agro­forst­wirtschaft usw. vom öko­logischen Standpunkt her in der Produktion immer noch die nach­haltigste Landbauform, die wir haben. Themen, wie Verpackung, Transport, Lagerung usw. sind in der Nachhaltigkeit komplexe Thematiken und von Fall zu Fall zu betrachten.

Gibt es auch Nachteile und warum muss der Verbraucher für Bio-­Lebensmittel mehr in die Tasche greifen?
Reinhard Verdorfer: Im Biolandbau werden weniger externe Betriebsmittel eingesetzt, somit sinkt der Ertrag zwischen 20 und 30 % mit positiven Auswirkungen für die Umwelt, oft ist ein Mehraufwand durch Handarbeit damit verbunden. Ertragsminderung und Handarbeit wirken sich dann auf den Verkaufspreis aus.

Wie feiern Sie das heurige Jubiläum Ihres Verbandes?
Toni Riegler: Wir feiern am 11. September am Bioland Schnagererhof in Mellaun bei Brixen ausschließlich im Freien ein Fest für Geladene und Mitglieder. Es wird ein buntes Programm geben, wo wir auf die Pionierzeit zurückschauen und auch einen Blick in die Zukunft werfen. Wird sicher ein tolles Fest werden!

 

Es lohnt sich auf Bio umzustellen

„Ich fühle mich viel wohler, wenn ich heute durch die Wiese gehe“: Thomas Prantl aus Algund gehört zu den Pionieren des biologischen Obstbaus.

Zu Bioland kam er über die Burggräfler Genossenschaft BOGAL, zu der damals eine Handvoll Biobauern gehörte. „Es war eine schöne Zeit“, erinnert er sich. Die konventionelle Anbauweise war für ihn nicht mehr wirtschaftlich. Aber auch der Gedanke, ohne Chemie anzubauen, faszinierte ihn. Heute ist er froh, den Schritt gewagt zu haben. „Schon nach wenigen Jahren sah ich die großen Vorteile der biologischen Anbauweise“, sagt Thomas Prantl. Zur konventionellen Landwirtschaft würde er nie mehr zurückkehren.

Thomas, was macht das „Bio“ in deinen Äpfeln aus?
Thomas Prantl: Für meinen Geschmack schmeckt ein biologisch erzeugter Apfel einfach besser. Ich vergleiche es am besten mit einer Tomate vom Bauerngarten oder aus einem hochmodernen Gewächshaus in Spanien. Was schmeckt besser? Was ist gesünder?

Wie bist du eigentlich zum Bioanbau gekommen?
Ich konnte mit dem konventionellen Anbau nicht mehr wirtschaften, der Erlös war so gering, dass sich die Arbeit für mich nicht mehr bezahlt machte. Einige Jungbauern in Algund hatten da­mals auch auf Bio erfolgreich umgestellt und so wagte auch ich den Schritt. Bereits nach meiner ersten Ernte war ich überzeugt, dass es das Beste war, was ich tun konnte. Im Laufe der Jahre wuchs meine Überzeugung.

Wie schwierig war die Umstellung vom integrierten Anbau auf Bio?
Jeder, der mit dem Gedanken spielt auf Bio umzustellen, schafft das. Ich bin überzeugt, dass auch in den kommenden Jahren Bio-­Bauern gut leben können. Ich trat dem Bioland-Verband bei, der mich anfangs sehr unterstützte und wo man sich in der Obstbaugruppe viele Informationen und Tipps holen konnte. Aber auch ältere Bauern gaben mir ihr altes Wissen weiter. Ziemlich schnell ging ich über zu roten und resistenten Sorten, wie Pinova, Topas oder Jonagold. Die Golden baute ich sofort ab, da sie sehr pilzanfällig und für den Bioanbau in meiner Wiese nicht geeignet sind. Im Unterschied zu den konventio­nellen Anbauern verwende ich für den Pflanzenschutz keine chemischen Produkte und keine synthetischen Dünger. Ein weiteres Beispiel: Die vom Bioland-Verband organisierte Nistkasten-Aktion für Vögel machte ich mit und sie überzeugt mich bis heute. Mittlerweile habe ich über 100 Nistkästen in meinem Betrieb aufgehängt und mache seit 20 Jahren keine Obstmaden- und Schalenwickler-Bekämpfung mehr.

Jemals bereut auf Bio umgestiegen zu sein?
Im Gegenteil!

Was würdest du einem Bauern sagen, der seine Wiese heute auf Bio umstellen möchte?
Ich würde ihm gratulieren, denn es ist der beste Schritt, den er machen kann. Ich würde mir seine Sorten anschauen und ihm empfehlen, möglichst schnell seinen Betrieb auf weniger krankheitsanfällige Sorten umzustellen. Also Golden und Stark raus und dafür Bonita, Natyra, Topas, Pinova… setzen. Alles Weitere ist heute für jeden erlernbar und es gibt genügend Beratungsstellen.

Welche Chancen und Herausforderungen bietet für dich die biologische Landwirtschaft?
Das Mikroklima in meinen Wiesen hat sich deutlich verändert, mehr Lebewesen und Nützlinge haben sich angesiedelt und unterstützen mich in meiner Arbeit. Man sieht Marienkäfer, Florfliegen, Schlupfwespen und viele Vögel und weitere Nützlinge, die ich vorher nicht in der Wiese hatte. Die Grasvielfalt hat sich bereits nach fünf Jahren total ver­ändert. Dies beweist, dass sich der Bodenzustand deutlich verbessert hat. Ich fühle mich viel wohler, wenn ich heute durch die Wiese gehe.

Bio oder integriert? Diese Frage wird aktuell wieder heiß diskutiert, und zwar nicht nur in der breiten Bevölkerung, sondern vor allem auch unter den Bauern. 
Der integrierte Anbau ist mittlerweile zwar deutlich besser geworden, was den Einsatz von Chemie betrifft. Allerdings ist er für mich keine Option und ein großer Unterschied zu Bio.

Ein Wunsch an die Zukunft?
Ich hoffe, dass im Bioanbau nicht dieselben Fehler gemacht werden wie im konventionellen Obstbau, vor allem was die Vermarktung betrifft. Der Verbraucher muss verstehen, dass ein Bioapfel nicht einwandfrei aussehen kann. Der Biomarkt darf nicht nur auf „äußere Werte“ setzen, im Vordergrund muss der gesunde, geschmacksvolle Apfel stehen und nicht das makellose Produkt. Da­für zu sensibilisieren haben die Verbände eine Aufgabe und Verantwortung.