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Uriges Passeiertal

Das Tal der Passer und Heimat des wohl berühmtesten Südtirolers, Andreas Hofer, zieht sich von Meran bis hoch zum Timmelsjoch. Verschiedene Klima- und Vegetationszonen prägen dieses ursprüngliche Tal mit seinen vielfältigen Ausflugszielen. Sinnbild für die noch immer gelebte Gemeinschaft im Passeiertal sind Projekte wie das „Leonhards.Zentrum“ oder die ehrenamtliche Instandsetzung beliebter Wanderwege nach Wetterschäden.

von Jasmin Maringgele

Geschichtliches zum Passeiertal

Ursprünglich auf eine frühe rätoromanische Besiedlung zurückgehend, bedeutete „Passeier“ in etwa „obere Wiese“. In Nordtirol, genauer im Paznaun und in den Lechtaler Alpen, existieren ähnliche Flurnamen und weisen auf die gemeinsame Geschichte hin. Das Passeiertal besteht aus den Gemeinden Kuens, Moos, Riffian, St. Leonhard und St. Martin mit ihren jeweiligen Besonderheiten.
Aufgrund seiner Nord-Süd-Lage war das Passeiertal schon früh ein bedeutsamer historischer Fernhandelsweg. Sogenannte Saum­pfade verbanden das Tal mit dem Ötztal und dem oberen Inntal über das Timmelsjoch und über den Jaufenpass mit Sterzing, dem Brenner und Innsbruck. Besonders St. Leonhard nahm in Hinblick auf die Gabelung in beide Passrouten eine wichtige Stellung als Handelsort ein. Pferde wurden dort gewechselt und Waren umgeschlagen. Der Familienname Haller ist in St. Leonhard einer der häufigsten und lässt sich vermutlich auf die Salzfrächter, sogenannte Haller, zurückführen. Der Salzaustausch über das Passeier erfolgte vor allem mit dem in Nordtirol liegenden Hall und weist auf eine enge Beziehung hin. Aus St. Leonhard stammte zudem der Sandwirt Andreas Hofer, welcher – weitgereist – als Wein- und Pferdehändler tätig war. Neben Andreas Hofer ist St. Leonhard für einen weiteren berühmten Sprössling bekannt: Josef Pichler, vor allem Alpinisten als Erstbesteiger des Ortlers ein Begriff. Als Gämsenjäger und Bergführer in den Diensten der Familie Trapp auf der Churburg, war er im alpinen Gelände äußerst geschickt und erreichte am 27. September 1804 den Gipfel des Ortlers von Trafoi aus. Ohne Seil und Eispickel gilt seine Erstbesteigung über die Hinteren Wandlen als alpinistische Meisterleistung. Heute bietet das Passeiertal seinen Besuchern eine Vielfalt von Natur- und Kulturdenkmälern, ohne seine Bodenständigkeit zu verlieren.

Naturgewalten im Passeiertal

Aufräumarbeiten der Freiwilligen nach den
Wetterschäden am Europäischen Fernwanderweg
E5 un der Passerschlucht

Der äußere Talabschnitt des Passeiertales ist geprägt vom milden Etschtaler Klima, während das höher gelegene Hinterpasseier ein alpines, bisweilen raues, Klima aufweist. Bis ins späte Frühjahr hinein liegt in höheren Lagen noch Schnee und die bekannte Timmelsjochstraße war heuer bis zum 10. Juni gesperrt. Naturliebhaber kommen bei zahlreichen Wanderungen auf ihre Kosten. So führt beispielsweise ein Teil des bekannten Europäischen Fernwanderweges E5 durch das Passeiertal hoch bis zur Pfandler Alm. Im heurigen Frühling offenbarten sich vor allem in den tieferen Tallagen zahlreiche Wetterschäden. Besonders gravierend waren diese im Teilstück des E5 zwischen St. Leonhard und St. Martin. Eine Gruppe bestehend aus freiwilligen Helfern, Wegarbeitern, Gemeindebediensteten und Mitarbeitern des Tourismusvereins gründete sich daher, um für eine rasche Behebung der Schäden zu sorgen. Mittlerweile sind sowohl die Passerschlucht als auch das Teilstück des E5 problemlos wieder begehbar.

Das Verbindende im Fokus: Leonhards.Zentrum

Jugendliche bauen Möbel für den neuen Jugendtreff

Das Leonhards.Zentrum versteht sich als eine offene und niederschwellige Einrichtung mit Schwerpunkt auf Kinder- und Jugendarbeit, welches generationenübergreifend für seine Bewohner in St. Leonhard agieren möchte. So stellt das Projekt das „Verbindende“ vor das „Trennende“ und möchte einen Austausch aller Altersgruppen miteinander anregen. Coronabedingt findet die offizielle Eröffnung des Leonhards.Zentrum erst im Herbst 2021 statt. Der Probelauf, vor allem in Hinblick auf Veranstaltungen im Sommer für und mit Kindern und Jugendlichen, startete indes bereits Ende Juni. Alle Termine werden zeitnah über verschiedene Kanäle kommuniziert. Vorab haben 30 Jugendliche mit zwei renommierten Südtiroler Künstlern dem neugestalteten Jugendtreff Leben eingehaucht. Während eines zweitägigen Workshops konnten sich die Jugendlichen mit bunten Kunstwerken an den Wänden verewigen.
Familien und deren Mitglieder sollen in allen Altersabschnitten eine Anlaufstelle und einen Treffpunkt im Leonhards.Zentrum finden, um nachhaltig gestärkt zu werden. Initiiert haben dieses zukunftsweisende Projekt die Gemeinde St. Leonhard und das Jugendbüro Passeier mit finanzieller Unterstützung des Amtes für Jugendarbeit der Autonomen Provinz Bozen Südtirol. Vier wesentliche Aspekte sind der Grundgedanke des Leonhards.Zentrum:

Der Eingang zum neuen Leonhards.Zentrum wurde einladend gestaltet

Kinder und Jugendliche finden ein modern gestaltetes Jugendzentrum mit pädagogischer Begleitung auf Augenhöhe und abwechslungsreichem Programm vor. So sind beispielsweise ein Erlebnissommer und ein Sommerkindergarten geplant, sowie fixe Öffnungszeiten für die Jugendlichen. Diverse kulturelle Veranstaltungen und Initiativen können abgehalten werden, ein Proberaum samt kleinem Aufnahmestudio wurde für junge Bands und Musiker eingerichtet und ein Ausstellungsbereich für Künstler rundet das Raumangebot ab. Multifunktionale Räume bieten zudem Platz für unterschiedliche Zielgruppen, etwa für Seniorentreffs oder als Gruppenraum für Workshops, Repaircafe und Bewegungsangebote. Die integrierte kleine Bar soll ein Raum der ungezwungenen Begegnung und des Austausches sein. Diese wird ehrenamtlich geführt und komplettiert das Leonhards.Zentrum. Polyfunktionale Räume, modulierbare Ausstattung und zielgruppenorientierte Nutzungskonzepte für die einzelnen Bereiche sollen dieses „Miteinander“ ermöglichen. Der einladende Außenbereich, mitten im Herzen von St. Leonhard bietet sich zudem als grüne Oase zum Verweilen, Spielen und als Begegnungszone an.

 

Natur und Kultur im Hinterpasseier

Konrad Pamer ist Obmann des Museumsvereins MuseumHinterPasseier und Gemeindereferent der Gemeinde Moos und gibt uns interessante Einblicke in die Welt des Bunker Mooseum in Moos und ins Passeiertal.

Im Bunker Mooseum in Moos ist der Hauptsitz des 2016 gegründeten Vereins „MuseumHinterPasseier“. Was waren die Hintergründe und ist die Intention dieses musealen Vereins?

Konrad Pamer, Gemeindereferent Moos

Konrad Pamer: Das Hinterpasseier ist nicht nur aufgrund seiner geografischen Besonderheiten, sondern auch durch sein vielfältiges kulturelles Angebot einen Besuch wert. Ziel war es einen eigenständigen Museumsverein zu gründen, der die Betreuung und Optimierung der bereits bestehenden Strukturen des Hinterpasseiers, sowie eine zukunftsorientierte Projektorganisation und -realisierung für den Kultur- und Naturraum Hinterpasseier, übernimmt. 2016 wurde zu diesem Zweck der Verein MuseumHinterPasseier gegründet, welchem ich seitdem mit Freude vorsitze. Im September 2018 konnte die Ausstellung „Timmel Transit“, im Zuge des Jubiläums „50Jahre Timmelsjochstraße“ auf 2509 m direkt am Timmelsjoch eröffnet werden. Seit einiger Zeit arbeiten die Energie- und Umweltbetriebe Moos an der Eröffnung einer Technikausstellung in einem alten E-Werk. Nach Fertigstellung dieser Ausstellung wird das MuseumHinterpasseier diese neue Struktur dann den Besuchern zugänglich machen und Führungen anbieten. Zusammen mit dem Landesbergbaumuseum Schneeberg wird zeitgleich an einer neuen Ausstellung zum Thema Schneeberg gearbeitet. Eine Mineraliensammlung eines bekannten Passeirer Steinsammlers soll dort integriert werden. Corona hat kulturell und organisatorisch leider vieles gebremst.

Ein Rundgang durch den Bunker-Rohbau aus den 1930er Jahren lädt zum Entdecken ein. Welche Themengebiete beherbergt das Museum?
Das MuseumHinterPasseier – Bunker Mooseum fungiert als eine Art Metamuseum im Hinterpasseier. Wir schneiden eine Reihe von Themen an und zeigen auf, worüber man sich im Hinterpasseier noch genauer darüber informieren kann. So befinden sich im Bunker Mooseum Bereiche zu den Themen Archäologie, Zeitgeschichte und zum Bergwerk Schneeberg. Im Freien gibt es ein weitläufiges Freiwildgehege mit einer Steinwildkolonie zu bewundern und außerdem ist das Bunker Mooseum offizielle Info­stelle des Naturpark Texelgruppe mit einem großen Bereich zum Naturpark.

Was prägt und kennzeichnet die Natur- und Kulturlandschaft im Passeiertal im Allgemeinen und im Hinterpasseier im Besonderen?
Die Gemeinde Moos ist die Gemeinde, welche den größten Teil des Naturparks Texelgruppe stellt. Deshalb ist das Hinterpasseier besonders für Naturliebhaber ein absoluter Geheimtipp. Verschiedene Lebensräume, Pflanzen und Tierarten kann man hier bewundern. Aber nicht nur die unberührte Natur, sondern auch die Geschichte einer Gemeinde, die durch den Ausgang des 1. Weltkriegs zu einer Grenzgemeinde mitsamt aller negativen und positiven Begleiterscheinungen geworden ist, hat die Natur- und Kulturlandschaft sehr geprägt.

Von Urlärchen, über zahlreiche Pfarrkirchen oder Gletschermühlen gibt es in der Umgebung vieles zu entdecken. Welche Wanderung empfiehlt sich rund um das Museum für Familien besonders?
Im Hinterpasseier gibt es unzählige wertvolle Wanderwege, die es zu entdecken gilt. Müsste ich mich für eine Wanderung für Familien in Museumsnähe entscheiden, würde ich den Stieber Rundweg wählen. Ausgehend von der Mooser Pfarrkirche hinunter zum Einstieg in den Passerschluchtenweg, vorbei am Stieber Wasserfall und nahe dem Bunker Mooseum lassen sich die Natur- und Kulturlandschaft des Hinterpasseiers in einer kurzweiligen Wanderung ideal miteinander verbinden. Wer noch Zeit findet, kann den Weg 1B hoch zum Berg­dorf Platt anschließen, die Gletschermühlen besichtigen und mit dem Bus zurück nach Moos fahren.