Öffentlicher Nahverkehr: Potenzierung garantiert sichere Fahrten
3. Februar 2021
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(Kein)Wintermärchen

Die Parkplätze auf Falzeben sind voll. Zwei Bagger schaufeln noch in aller Eile Parkmöglichkeiten frei. So schön hat sich das Haflinger Hochplateau selten gezeigt und lockt Einheimische in Scharen an: Eine Winterlandschaft wie im Bilderbuch, wäre da nicht Corona.

Ob mit oder ohne Rodel, mit Schneeschuhen, in Skimontur oder einfach in Jeans und Bergschuhen: Ganze Prozessionen pilgern am Sonntag hinauf auf das Piffinger Köpfl, Corona zum Trotz. Irgendwie hat das Virus auch etwas Positives und scheint dem Zurück-­zur-Natur abseits von Après-Ski und Pistengaudi einen Wert zu geben – Renaissance des Wanderns. Und alles ist irgendwie langsamer, ge­mütlicher, natürlicher geworden. Die gute Luft und die verschneite Bilderbuchlandschaft sind Streicheleinheiten für die geplagte Seele im heurigen Coronawinter. Eigentlich sollte Mitte Jänner der Betrieb auf Meran 2000 wie­der aufgenommen werden. Daraus wurde in letzter Minute nichts. Die Öffnung der Skigebiete wurde italienweit wieder nach hinten verschoben. Bei Liftbetreibern und allen, die vom Wintertourismus leben, herrscht Enttäuschung durch die Bank. Besonders betroffen sind die vielen Mitarbeiter, für welche die Wintersaison ins Wasser fällt und die nun ohne Gehalt dastehen. Sie sind die größten Verlierer dieser Krise. Ab 18. Februar sollen die Wintersportbetriebe öffnen dürfen, Trost ist das keiner mehr.

Viele Höhen und Tiefen erlebt

Hans Troyer plante ein Hotel-Hochhaus auf dem Piffinger Köpfl

So einiges hat Meran 2000 in den vergangenen 100 Jahren schon erlebt: vom spektakulären Wolkenkratzerprojekt bis zum Terroranschlag, von schlimmen Unfällen bis zum Bau der neuen stylischen Seilbahn. Trotz der Wi­drig­keiten – Meran 2000 hat das alles überstanden. 1920 öffnete auf Falzeben der Gasthof „Zur Alpenrose“. Sigi Lechner gründete die Skischule des Sportclubs Meran und die ersten Skirennen fanden statt. Drei Jahre später baute Luis Zuegg eine Seilbahn von Obermais zum St.-Kathrein-Kirchlein, und 1933 fanden die ersten „Internationalen Skistaffetten“ mit Mannschaften aus Österreich und Italien statt.

Gründung der „Ifinger Seilbahn AG“
Nach dem Krieg hatten gleich mehrere Unternehmer große Pläne für Meran 2000. Die 450 Millionen Lire, die der Staat damals für den Bau von Seilbahnen vorsah, welche allerdings zwei Gemeinden verbinden müssen, führte 1953 zur Gründung der „Ifinger Seilbahn AG“ unter Federführung des Untermaiser Sägewerkbesitzers Josef Hillebrand und des Turiner Ingenieurs und Seilbahnpioniers Graf Dino Lora Totino. Aus den Plänen wurde aber nichts, da der staatliche Beitrag einer Gesellschaft im Süden zugesprochen wurde, nachdem die „Ifinger AG“ nicht nachweisen konnte, dass auf dem Berg über Meran auch Menschen lebten.

Hans Troyers Traum

Hans Troyers Gondellift zum heutigen Kirchsteiger, einst Hotel Gondellift

Es war dann ein Algunder, der die Vision eines Ski- und Wandergebietes auf dem Haflinger Hochplateau realisierte: Hans Troyer (1905 – 1992) gab dem Gebiet unterhalb des Ifingers auch seinen Namen. Die Geschichte von Meran 2000 ist untrennbar mit ihm verbunden. Troyer ist für die Algunder so etwas wie Luis Zuegg für die Lananer. Seine Erfindungen, darunter Spritzpumpen, Beregner, ein sogenannter Thermocar, landwirtschaftliche Dreiräder, vor allem aber Ses­sellifte und Seilbahnen, tragen bis heute seinen Namen. Ein Jahr nach dem Krieg baute Troyer 1946 nach Josefsberg oberhalb von Forst den ersten „kollaudierten“ Sessellift Italiens. Es folgten Dutzende Seilbahnen und Sessellifte, darunter der Sessel- und Gondellift nach Vellau bzw. auf die Leiter Alm, der Sessellift auf dem Vigilljoch, Sessellifte in Gröden, am Reschen und in vielen Gegenden in ganz Italien. Troyer kauft das verfallene Klostergebäude auf Josefsberg und baut es zu einem Hotel um mit dem ersten Hallenbad weit und breit. Anfang der 1960er Jahre beginnt Hans Troyer mit seinem Lebensprojekt. Mittlerweile beschäftigt er rund 130 Mitarbeiter in seinen Betrieben. Sein Ziel ist es, auf Meran 2000 ein attraktives Wintertourismusgebiet zu errichten, ein kleines „St. Moritz“ der Burggräf­ler. Auf dem Piffinger-Köpfl plant er ein spektakuläres Hotel, einen „Wolkenkratzer“ mit bis zu 800 Betten. Er baut Ski- und Sessellifte, auch die Ifingerseilbahn in der Naif. Ohne Hans Troyer gäbe es heute wohl kein „Meran 2000“, so wie es kein Schnalser Gletscherskigebiet ohne Leo Gurschler geben würde. Beide zerbrachen aber an ihren Visionen. Hans Troyer verlor fast alles, was er hatte: Geschäftspartner sprangen ab, Baugenehmigungen von Seiten der Gemeinde Me­ran wurden kurzerhand abgelehnt, Versprechen nicht eingehalten. Ein Anschlag auf die Seilbahn legte sie 1980 ein Jahr lang still. Unbekannte Attentäter zündeten einen Spreng­satz am ersten Ständer der Seilbahn. Die Lifte auf dem Haflinger Plateau blieben zwar in Betrieb, aber die Einnahmen sanken um 25 Prozent. In aller Stille rutschte die ohnehin kapitalschwache Gesellschaft hart an den Rand ihres Ruins. Die Weihnachtsferien – sie bringen nahezu die Hälfte der Wintereinnahmen – fielen 1981/82 buchstäblich ins Wasser, auch die übrigen Wintermonate blieben schneearm.

„Rettet Meran 2000“

Der Algunder Pionier Hans Troyer vor seiner Ifinger Seilbahn

Schon im Frühling 1982 schien es, als müsste die Ifinger-Gesellschaft Konkurs anmelden. Ihre Schulden hatten die Eine-Milliarde-Lire-Grenze bereits überschritten. Nun steigt die Gemeinde Meran entscheidend ein und macht sich zum Krisen-Manager der neu ge­gründeten „Meran 2000 Bergbahnen AG“. 1988 kommt es zu einem schweren Unfall, der einen Toten und drei Schwerverletzte forderte. Aufgrund eines technischen Fehlers wurde die Kabine der Seilbahn mit offenen Türen ausgefahren. Es folgen noch viele schwierige Jahre. Nach der Jahrtausendwende geht es endlich aufwärts. 2010 wird die alte Seilbahn aus den 1960er Jahren in nur 10 Monaten Bauzeit durch eine neue Seilbahn ersetzt. In der größten Seilbahn Südtirols erreichen bis zu 120 Fahrgäste jetzt die Bergstation in nur sieben Minuten. Der rote Kubus dort fällt sofort auf. Hafling veränderte sich radikal, gleich mehrere 4- und 5-Sterne-Hotels geben sich heute hier die Hand. Alles schien bestens zu laufen. Bis Corona kam. Die „Meran 2000 Bergbahnen AG“ betreibt und verwaltet die Aufstiegsanlagen, Pisten und Strukturen des Winter- und Sommergebietes Meran 2000. Das Skigebiet verfügt über sieben Anlagen, zehn Skipisten (40 km) und das Outdoor-Kids-Camp, welches für Beginner geeignet ist. Weiters gibt es einen Snow­park, eine 3-km-lange Naturrodelbahn, eine über 3 km-lange Langlaufloipe und eine 1,1-km-lange Alpin-Bob-Anlage in den Sommermonaten.

Gesellschaftsdaten
Gesellschaftskapital: 9.625.275,36 €
Anteile: Stadtgemeinde Meran: 64,20 %
Seis-Seiser Alm Bahn AG: 23,39 %
Gemeinde Hafling: 5,35 %
Gemeinde Schenna: 3,84 %
Gemeinde Tirol: 2,56 %
Andere Gesellschafter: 0,66 %

von Josef Prantl