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Ein Vinschger Vorzeigebetrieb

Was 1955 als traditionelle Dorfmetzgerei in Latsch begann, ist heute ein Betrieb von internationalem Format. Der neue Sitz der Metzgerei Rinner zeugt davon.

Seniorchef Alexander Rinner und Juniorchef Max Rinner

Vor rund 65 Jahren eröffnete die Familie Rinner ihre Dorfmetzgerei, direkt im Zentrum von Latsch am Kirchplatz. Von klein auf arbeitete Alexander Rinner daheim mit. Heute blickt der Metzgermeister auf eine rund 40-jährige Erfahrung zurück. Und er weiß: „Wenn man Chancen hat zu wachsen, muss man diese nutzen“.

Eine solche Chance, aber zugleich auch Herausforderung, hat die Familie Rinner mit dem Bau der neuen Metzgerei beim Ortseingang von Latsch, gleich neben der Seilbahn-Station von St. Martin im Kofel sowie dem „Rizzi-Kubus“, erkannt. Hier entstand mit einer Fläche von mehr als 3000 Quadratmetern nicht nur der neue Sitz des Familienbetriebs, sondern gleichzeitig auch eine ganze Struktur. Büros, Produktionshallen, Verarbeitungsräume, Verpackungsräume und ein schickes Geschäft für den Detailverkauf. Nach vielen bürokratischen Hürden entstand für die Gemeinde Latsch somit ein weiteres wirtschaftliches Aushängeschild. Ein Aushängeschild, das sich perfekt in die Landschaft einfügt.

Er leitet das Detailgeschäft: Johann Raffeiner

Modernen Ansprüchen gerecht werden
Dort, wo die Familie Rinner eine Apfelwiese hatte, sollte der ideale Standort für die neue Metzgerei sein. Das Feld wurde in Baugrund umgewidmet, die Metzgerei detailliert geplant. „Sie sollte den neuesten und modernsten Ansprüchen gerecht werden, was Produktion und Verkauf betrifft“, erklärt Juniorchef Max Rinner. Vor einigen Monaten wurden die Bauarbeiten schließlich so gut wie abgeschlossen, erst kürzlich wurde auch das schicke neue Detailgeschäft eröffnet, in den kommenden Monaten soll die Betriebswohnung am Dach fertig gestellt werden. „Das Grundstück erwies sich als optimal für das Bauvorhaben“, betont Architekt Uwe Rinner. Es galt, eine Bauweise zu wählen, „die sich bestmöglich ins Gelände integriert“. Zudem wurde stets auf Funktionalität und Flexibilität geachtet. So entstand sozusagen „der perfekte Speck- und Wurstwaren-Betrieb“. Komplett unterirdisch wurden Lagerhalle und Reiferaum errichtet. Diese wurden in den Hang gebaut. So könne der Südtiroler Speck ideal reifen. Temperaturunterschiede seien hier stets gering, zu jeder Jahreszeit. „Auch urbanistisch war dies eine optimale Lösung“, erklärt Uwe Rinner. Da die großen Produktionshallen sich komplett „unter der Erde“ befinden, könne man sämtliche strengen Auflagen bestens erfüllen.

Neue Wege gehen

Alexander Rinner selbst wusste schon früh, dass er „wachsen wolle“. Weg von der klassischen Metzgerei, „hin zu einem richtigen Speckbetrieb“, betont er. Das faszinierte ihn schon immer. „Kleine traditio­nelle Metzgereien sind wirtschaftlich oft nicht rentabel. Sicher, früher gehörte ein Schlachthaus zur Dorfmetzgerei dazu. Was damals aber noch gang und gäbe war, ist heute leider nicht mehr immer rentabel. Man muss oft neue Wege gehen“, blickt Rinner zurück. So kam es, als er im Jahre 2008 den Betrieb neu aufstellte. Direkt neben dem Heimathaus entstanden erste neue Produktionsstätten, wo unter anderem Südtiroler Speck hergestellt wurde. Zu dieser Zeit stieg auch Sohn Max in den Familienbetrieb mit ein. Dieser absolvierte die Metzgerausbildung, leitet heute die Produktion und ist für die Qualitätssicherung zuständig. Schon bald wurden die dortigen Produktionsstätten zu klein, Lager mussten zudem in Norditalien angemietet werden. „Schon damals wurde die Idee konkret, etwas Neues aufzubauen“, erinnert sich Alexander Rinner. Im Frühjahr 2018 begannen schließlich die Bauarbeiten für das neue Betriebs­gebäude.

Coronakrise als Herausforderung
Die Coronavirus-Krise habe dem Familienbetrieb anfangs einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Eigentlich wäre noch vor Ostern eine große Eröffnungsfeier geplant gewesen.
Und eigentlich wollte der Betrieb bereits in diesem Halbjahr noch kräftig wachsen. „Es war natürlich alles schwierig. Aber auch jetzt ist es alles andere als einfach. Die Produktion und der Verkauf laufen zwar wieder auf Hochtouren, jedoch lebt man momentan noch in ständiger Ungewissheit“, bringt es Alexander Rinner auf den Punkt. Auf das neue Gebäude jedenfalls könne man stolz sein.

„So kann man optimal arbeiten“, lobt Juniorchef Max Rinner. In den großzügigen Produktionshallen lassen sich Produkte bester Qualität, unter strengster Einhaltung aller Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen, auch in Coronavirus-Zeiten, herstellen. „Alles befindet sich nun auf einer Fläche. Von der Produktion über Lagerung bis hin zum Verkauf können wir alles von hier aus abwickeln. Das ist natürlich ideal“, freut sich auch Alexander Rinner, der mittlerweile für den Verkauf zuständig ist, während sein Sohn als Produktionsleiter fungiert.

Optimale Zusammenarbeit
Die Zusammenarbeit zwischen Bauherren, Architekten und Handwerkern habe optimal funktioniert. Dabei wurden vor allem lokale Unternehmen engagiert. Den Planern gelang es, das Gebäude in die Landschaft zu integrieren. Das unterirdische Produktionsgebäude wurde begrünt und somit in das Gelände eingebettet. Die mit Natursteinen errichtete Mauer nach Westen und Norden hin markiert die Eingrenzung zum natürlich gewachsenen Gelände. „Das Verwaltungsgebäude mit Geschäft und Büro wurde dem unterirdisch angelegten Produktionsbau vorgesetzt“, erklärt Architekt Uwe Rinner. Nach Norden hin wird der aufgesetzte Baukörper von Stahl- bzw. Holzstützen abgestützt. „Das Geschäftsgebäude mit Büro erhielt eine Ganzglasfassade mit hochwertiger Dreifach-Isolierverbund-Verglasung“, so der Architekt. Durch die indirekte Sonneneinstrahlung entstehe hier ein Ausblick, welcher für Wohlfühl-Atmosphäre und Komfort sorgt.

Detailgeschäft für Einheimische und Feriengäste
Mit dem Detailgeschäft im Erdgeschoss will der Familienbetrieb einen weiteren Schritt in die Zukunft gehen. Saisonal und regional lauten hierbei die Schlagworte. „Hier soll man alles für eine gute Südtiroler Marende finden. Neben unseren Produkten gibt es hier Käse, Schüttelbrot, Wein, aber auch eingelegte Produkte zu kaufen“, erklärt Alexander Rinner das Konzept. Den Jahreszeiten entsprechend soll es passende Wurstwaren, oder auch Kraut und dergleichen geben. Dazu ein gutes Fläschchen Südtiroler Wein sowie direkt vor Ort eine Kostprobe der leckeren Rinner-Produkte. Der Latscher Familienbetrieb bietet ohnehin seit jeher eine beeindruckende Palette zum Verkauf an: Neben dem Südtiroler Speck werden auch verschiedene Salamisorten und Kaminwurzen, aber auch geräucherte Produkte, wie Rindfleisch oder Kräuterfilets produziert. Hervorzuheben sind hierbei etwa die Peperoncino-, Knoblauch- und Trüffelsalami sowie Gämsen-, Mufflon- und Hirschsalami aus eigener Produktion. Auch durch die hochwertigen Bio-Produkte, von der Bio-Salami bis hin zu den Bio-Wurzen, konnte sich die Metzgerei Rinner einen guten Namen machen. Das neue Geschäft richte sich an Einheimische und Touristen gleichermaßen.

Optimistisch in die Zukunft
Die Metzgerei Rinner blickt heute optimistisch in die Zukunft. Der neue Weg sei eine Herausforderung, „aber auch eine große Chance“, betonen Alexander und Max gleichermaßen. Als dreiköpfiger Familienbetrieb 1955 im Herzen von Latsch eröffnet, beschäftigt die Metzgerei heute 15 Mitarbeiter. Allesamt stammen dabei aus der Gemeinde Latsch. Lokale Wertschöpfung sei der Familie schon immer ein großes Anliegen gewesen. Beliefert werden heute sowohl Kunden in der Gastronomie als auch Handelsketten, ausgesuchte Fachhandelsgeschäfte, aber auch Private. 50 Prozent des Umsatzes werde derzeit in Südtirol erwirtschaftet. Die andere Hälfte größtenteils im benachbarten Ausland wie in Österreich und Deutschland sowie im italienischen Raum. Aber auch in weitere Länder wird mittlerweile exportiert, etwa nach Großbritannien. So findet man schon mal in einem Londoner Gourmet-Laden Produkte der Metzgerei Rinner. Für die Zukunft sieht man sich nun bestens gerüstet. Und Alexander Rinner betont: „Wir möchten mit den neuen Infrastrukturen natürlich auch weiter wachsen.“ Blickt man auf den neuen Unternehmenssitz, dann weiß man: Der Grundstein dafür ist schon längst gelegt.

von Michael Andres