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Erfolgreicher Unternehmer, Visionär und Förderer

Karl Pichler, Unternehmer

Schon als Bub im damals noch unberührten St. Martin i. Passeiertal hat „Schaly“ Zivilcourage bewiesen, die ihn das ganze weitere Leben begleiten wird. Seine gewinnende Art und ein starkes Selbstvertrauen waren maßgebend in wichtigen Entscheidungen, die ihm reiche Erfahrung, Bekanntheit und letztendlich verdiente Wertschätzung einbrachten.

Kindheit und Schuljahre
Karl war das siebte von elf Kindern, als er 1933 als Sohn des Wendelin und der Franziska Pichler das Licht der Welt erblickte. Nach dem frühen Tod der Mutter ehelichte sein Vater Theresia Pir­bamer, mit der er weitere fünf Kinder hatte. Er war angesehener Holzhändler, Wirt und Bauer. Alle Familienmitglieder mussten anpacken und auch in den drei Sägewerken mithelfen. Die Schulzeit, von der Volksschule zu den Franziskanern in Bozen bis zur Handelsschule, war geprägt von Autoritätspersonen, die dem Lauser Karl den Schabernack nicht austreiben konnten. Vater Wendelin und der Pfarrer von St. Martin, Hochwürden Stefan Pamer mussten alle Geschütze auffahren, um Sohn Karl vor dem Rauswurf zu retten und einen doch noch positiven Abschluss zu ermöglichen. Leider konnte er ihnen diesen Wunsch mit drei „Fünfern“ im Zeugnis nicht erfüllen.

Auf dem Weg zum erfolgreichen Geschäftsmann
Als „Sagschneider“ wollte er nicht mehr bei seinem Vater tätig sein, so bewarb er sich nach der Militärzeit als selbständiger Vertreter bei der Firma Gummerer im Holzsektor und zeigte sich talentiert und erfolgreich. Nach zwei Jahren versuchte er sich mit Kurt Brantsch als Firmengründer, alles Mögliche, vom Elektrorasierer, Staubsauger, Ozongeräten bis zum „Bretell-Fix“, einer Büstenhalter-Unterlage für großbusige Frauen, sollte an den Mann gebracht werden. Der erhoffte Erfolg blieb jedoch aus und Karl überließ die Firma seinem Freund und Kompagnon. Nach diesen Erfahrungen kehrte Karl wieder ins Holzgeschäft zurück. Mit Hilfe seines Vaters Wendelin, seiner zukünftigen Frau Herta Siebenförcher und der Schwiegermutter „Mitzi“ kam es am 10. Mai 1958 zur Gründung der Firma „Karl Pichler Edelhölzer“. Die wichtigsten Produkte wurden in Oberitalien auf Kredit gekauft, mit dem Versprechen, alles zu begleichen. Das erste Magazin von ca. 80 m2 entstand in der Nähe des Gasthauses „Lackner“ in Algund. Für das Aufbringen der notwendigen Lizenz sorgte Bürgermeister Hans Gamper, ein guter Freund seines Vaters. Kundenbesuche erforderten eine arbeitsintensive Zeit mit bis zu 16 Stunden täglich, tatkräftig unterstützt von seiner zukünftigen Ehefrau Herta in der Verwaltung und seinem jüngeren Bruder Albert, der das Auf- und Abladen der Platten kontrollierte. 1959 kommt das Angebot des Vermieters, das gesamte Gebäude samt Areal beim Lackner abzutreten. Der obere Stock wird zu einer Wohnung ausgebaut und im November 1959 erfolgt die Hochzeit mit Herta. 1960 erblickt Töchterchen Renate das Licht der Welt. 1962 wird Karl Pichler das angrenzende Sägewerk zum Kauf angeboten, das er sofort annimmt. 1963 kommt Sohn Christian zur Welt. Trotz der vielen Arbeit widmet sich der sportbegeisterte Karl Kindern und bringt ihnen Skifahren, Schwimmen, Tennis und Flugball bei. 1966 stirbt Vater Wendelin. Karl erbt eine Wiese in St. Martin und lässt dort, dem Wunsche des Vaters entsprechend, ein öffentliches, beheiztes Schwimmbad errichten. Mit den ersten „Pseirer Schwimm-Meisterschaften“ gelangte nun neuer Sportgeist ins Tal, ganz zum Leidwesen des Pfarrers, der diese Einrichtung als obszön empfand.
Eine neue Industriehalle wurde in Algund notwendig, das dem Betrieb angrenzende Grundstück befand sich im Besitz der Benediktiner von Marienberg, und Abt Pamer gedachte nur zu tauschen, jedoch nicht zu verkaufen. Nach zähen Verhandlungen und viel diplomatischem Geschick konnte die neue Halle errichtet werden. Die Einweihung unter Auftakt der Algunder Musikkapelle wurde zu einem großen Fest.

Gewagtes Unterfangen im Schnalstal
Die Bautätigkeit in den 1980ern florierte, besonders im Hotelsektor. Gemeinsam mit Pionier und Gesellschafter Leo Gurschler, Wirtschaftsberater Dario Canal und Bauunternehmer Norbert Oberhofer entstand die Idee, den Schnalstaler Gletscher mit einem Hotelbau zu erschließen. Die Gründung der „Kurzras AG“ erwies sich als großer finanzieller Aufwand, und die Realisierung eines großen Fünf-Sterne-Hotels sowie eines Apartmenthotels forderte nicht nur das Leben Leo Gurschlers, sondern gefährdete auch Karls Existenz. Nach harten Verhandlungen, Einsatz, Aufregungen und finanziellen Einbußen konnte sich Karl nach 8 Jahren aus dieser Situation befreien und mied Schnals 15 Jahre lang. Im Jahr 1989 ließ Karl eine neue Lagerhalle in Algund errichten, mit dazugehöriger Bar und dem Restaurant „Lacknerstubn“. Zur Abdeckung des östlichen Landesteils erwarb er 1990 ein 8000 m² großes Areal für eine Niederlassung in Brixen, die Sohn Christian anvertraut wurde. Trotz finanzieller Belastung wurde das Angebot, die Firma Gummerer in Bozen zu übernehmen, nicht ausgeschlagen. Schwiegersohn Roland Bertagnolli bewies sich als fähiger Geschäftsführer. 1993 mit dem Beitritt Österreichs in die EU wurde im Nordtiroler Kematen auch die Firma Winkler mitsamt Mitarbeitern und Lager übernom­men.

Ein Golfplatz für Passeier
Mit Karls Idee, die „Kellerlahne“ im Passeier in einen Golfplatz umzuwandeln, kam es auch zum erbitterten „Golfkrieg“. Nachdem die Bauern vorerst nicht wussten, was Golf bedeutete, bedarf es einiger Überzeugungsarbeit, dass ein solches Vorhaben nicht nur dem Tal, sondern auch den beteiligten Bauern Vorteile bringen würde, unter Beibehaltung der Grünanlagen. Die Firma „Passeirer Golf GmbH“ wurde gegründet, und 1994 entstand ein 9-­Loch-Platz. Am 14. Juli 1996 er­folgte die Einweihung und 1998 der Bau des Clubhauses. Bürgermeister Konrad Pfitscher plädierte für einen 18-Loch-Platz, und weitere Bauern mussten für die Umsetzung dieses Projektes gewonnen werden.
Der Bau des 5-Sterne-­Hotels „Andreus“ mit der einzigartigen Schrägbahn zum Clubhaus und 7 künstlichen Seen run­dete das gesamte Vorhaben ab. Letzt­end­lich wurde Karl von der Gemeinde St. Leonhard zum Ehrenbürger ernannt, und das Engagement für das Passeiertal wurde zu einem großen Erfolg.

Die Firmenübergabe
2002 wurde Karl ein großes Grundstück von 20.000 m2 angeboten, das die Errichtung eines neuen Lagers in Algund ermöglichte. Ehefrau Herta, Karls wichtigste Säule, ereilte im selben Jahr ein Schlaganfall, der sie zum Pflegefall machte. Sie verstarb 2009 und konnte somit all die Erfolge nicht mehr auskosten. Nach Abschluss der gesamten Bautätigkeiten im Jahre 2005 übernahmen Tochter Renate und Sohn Christian das Lebenswerk Karls mit viel Freude und Begeisterung.

Sozialer Einsatz
Menschlichkeit und soziales Engagement führten dazu, das Projekt „Licht für Senioren“ ins Leben zu rufen. Karl Pichler als Prä­­sident und den Schirmherren Walter Reichegger, Anneliese Breitenberger, Norbert Bertignoll sowie Arnold Schuler ist es ein großes Anliegen, hilfsbedürftigen und benachteiligten Menschen in unserem Land finanziell unter die Arme zu greifen. Unterstützung finden sie in ihrem Ansinnen sei­tens diverser Sponsoren, den 116 Gemeinden und „Südtirol hilft“.

Ehrungen und Auszeichnungen
Zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen wurden Karl Pichler zwischen 2008 und 2016 zuteil. Im Besonderen die Auszeichnung als Ehrenbürger der Gemeinde St. Leonhard, die Verleihung des Ehrenzeichens des Landes Tirol, die Ernennung zum Stiftungspräsidenten der Südtiroler Sparkasse sowie die Ernennung zum Ehrenmitglied der Universität Innsbruck.

Karl Pichler im Gespräch mit der BAZ

BAZ: Herr Pichler, wie sind Sie zum Übernamen „Schaly“ gekommen?
Karl Pichler: In der Handelsschule gab es bereits einen Schaly, der jedoch meinte: „Na, der Schaly, der bisch du“ und somit wurde ich zum Schaly, das mich mit Stolz erfüllt, denn diesem Namen verdanke ich einen großen Bekanntheitsgrad.

Wie haben Sie sich nach der Übergabe des Betriebes an Ihre Kinder gefühlt?
Zuerst nicht so gut, denn es wurde bald klar, dass beide Kinder andere Firmenstrategien verfolgten, heute allerdings bin ich froh, dass es so gekommen ist.

Was war das für Sie traurigste Erlebnis?
Der Tod meiner Frau, die immer an meiner Seite stand und so vieles bewirkt hatte, zum Wohl der Familie und der Firma.

Wie konnten Sie sich so fit halten?
Sport war mir immer schon wichtig, und jeden Tag morgens mache ich meine 15-minütigen Turnübungen mit eiserner Disziplin.

Wie gestaltet sich ein normaler Tag und welche Interessen pflegen Sie?
Ich bin nach wie vor sehr viel un­terwegs, gerne in Gesellschaft und pflege kulturelle Interessen im Beisein meiner Lebensgefährtin Ingrid. Meine Freundesrunde, die „Schianplätzer“, liegt mir auch sehr am Herzen. Zudem bin ich Opa und Ur-Opa mit fünf Enkelkindern und drei Urenkeln, die alle in den Betrieb einsteigen wollen. Ich selbst habe auch noch immer mein Büro in der Firma.

Verreisen Sie gerne?
Ich habe viele Reisen gemacht: in Europa, nach Amerika und Afrika, jedoch bin ich immer wieder gerne zurückgekehrt. Südtirol ist ein wunderschönes Land, wenn nicht das Sorgenkind Verkehr so schwer wiegen würde.

Was war eines Ihrer größten Erfolgserlebnisse?
Dass die Südtiroler Sparkasse mit der Kapitalerhöhung nicht unter kommissarische Verwaltung kam.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Wenn es so weiter geht wie bisher, dann bin ich zufrieden und wunsch­los glücklich.

 

Maria Sanoll