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Die Klimakrise

Die Klimakrise ist in aller Munde, regional und weltweit. Es vergeht keine Woche ohne ein neues Thema, das in Zusammenhang mit dem Klimawandel steht. Und doch gibt es Leute, die nicht daran glauben.

Hunderttausende junge Menschen gehen jeden Freitag weltweit auf die Straße, um für mehr Klimaschutz zu protestieren: Fridays for Future. 195 Länder dieser Welt haben sich vorgenommen, „einem gefährlichen Klimawandel entgegenzuwirken“: im Pariser Klimaabkommen von 2015. Doch wer bei Google oder Youtube nach dem Klimawandel sucht, bekommt ein anderes Wort vorgeschlagen: „Lüge“. Ein Großteil der Europäer geht laut der Studie „Die Einstellung der Europäer zum Thema Klimawandel und Energie“ der City University of London zwar davon aus, dass der Klimawandel schwerwiegende Folgen haben wird. Allerdings schätzen viele Menschen ihre eigene Verantwortung für die Bekämpfung des Klimawandels gering ein und halten Bemühungen von Einzelnen für nicht sehr wirksam. Nicht wenige weigern sich, Wissenschaftlern zu glauben, wenn diese ein­stimmig verkünden, dass die Klimaerwärmung fast gänzlich auf menschliches Handeln zurückzuführen ist. Der amerikanische Präsident Trump ist ihr prominentester Vertreter.

Begriffs-Definition

Was ist der Klimawandel überhaupt? Vereinfacht gesagt: Klimawandel ist, wenn sich das Wetter auf der Erde über einen sehr langen Zeitraum verändert. Ablesen lässt sich das zum Beispiel an der durchschnittlichen Temperatur oder der Menge an Regen oder Schnee. Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen um 1850 ist die durchschnittliche Temperatur auf der Erde um fast ein Grad gestiegen. Und die vergangenen vier Jahre – 2015 bis 2018 – waren die wärmsten, die Klimaforscher je gemessen haben. Das berichtet die Weltwetterorganisation der Vereinten Nationen. Der Klimawandel ist also keine Lüge, sondern real und dafür gibt es ausreichend Beweise. 97 % der weltweiten Experten, die sich zum Klimawandel äußern, sind sich einig, dass der Klimawandel auch menschengemacht ist. Es sind Lobbygruppen der fossilen Industrie, die seit Jahrzehnten bewusst Zweifel an diesem wissenschaftlichen Konsens streuen. Bis heute nimmt die Menge an Kohlendioxid zu, das Jahr für Jahr weltweit ausgestoßen wird. Insbesondere in China sind die Emissionen seit dem Jahr 2000 stark gestiegen. In der EU und in den USA sind sie zwar zuletzt leicht zurückgegangen, aber nicht genug. Kohlendioxid und steigende Temperaturen sind wie die Henne und das Ei: Das eine bedingt das andere. Es ist leicht nachzuweisen, wie sehr der Meeresspiegel gestiegen ist, Überflutungen und Extremwettereignisse zugenommen haben. Der Sommer 2018 war außergewöhnlich trocken und warm, der heurige Sommer hat ihn aber bereits übertroffen. Wir können diese Extremwetterereignisse, die früher noch Ausnahmen waren, nicht mehr leugnen.

Die individuelle Verantwortung

Viele Menschen neigen zur Annahme, dass sie selbst nicht viel tun können, um die Veränderungen des Klimas abzuschwächen. Sie erwarten auch nicht, dass anderswo auf der Welt oder durch Regierungen die nötigen Maßnahmen ergriffen werden. Denn das eine Auto mehr auf der Straße, das eine Steak mehr auf dem Teller macht doch keinen Unterschied. Oder? Forscherteams der Universität Oxford und des Schweizer Kompetenzzentrums für landwirtschaftliche Forschung haben ausgerechnet: Ein kompletter Verzicht auf tierische Produkte – auf der ganzen Welt – könnte die durch Ernährung entstandenen CO2-Emissionen um 49 % reduzieren. Auch wenn das in der Praxis nicht umsetzbar wäre, zeigt die Zahl, dass auch individuelle Verhaltensänderungen sich positiv auf das Klima auswirken. Fassen wir zusammen: Der Klimawandel ist real, wir Menschen beschleunigen ihn – und gefährden damit unser eigenes Leben. Wenn wir das Klima schützen wollen, machen schon kleine Veränderungen einen großen Unterschied.

Klimaplan Energie Südtirol 2050

Südtirol hat relativ früh Klimaschutz-Maßnahmen ergriffen und 2011 noch unter Landesrat Michl Laimer mit dem Klimaplan „Energie Südtirol 2050“ eine eigene Strategie erarbeitet, um dem Klimawandel zu begegnen. So wurde im Bereich der erneuerbaren Energieträger einiges unternommen. Rund 68 % des Energiebedarfs wird bei uns aus erneuerbaren Quellen gewonnen, was allerdings auch mit dem Wasserreichtum zusammenhängt. Über 1000 Wasserkraftwerke gibt es in Südtirol, mit einer durchschnittlichen Produktion von 5500 Gigawattstunden. Das Ausbaupotenzial in der Wasserkraft ist aber fast völlig erschöpft. 91 % der erneuerbaren Energieproduktion im Land macht die Wasserkraft aus, der Rest kommt von der Solarenergie und Biomasse. Laut „Klimaplan Südtirol 2050“ soll bis 2020 75 % des Energiebedarfs mit erneuerbaren Energieträgern abgedeckt werden. Jetzt, im August 2019, liegt man aber erst bei 68 %.

CO2 und Klima

Fotovoltaik-Anlage auf der stillgelegten Deponie Falschauer

O2 kennen wir aus dem Chemie-Unterricht. Unsere Luft besteht gerade mal zu 0,04 % aus diesem Gas. Der Punkt ist: Diese kleine Menge hat große Folgen, wenn sie sich verändert, denn unsere Erde ist wie ein riesiges Treibhaus. Die Sonne strahlt von außen drauf, und durch das Glas – die Hülle unserer Erde – dringen die meisten Strahlen durch und tref­fen auf den Erdboden. Der erwärmt sich und gibt die Wärme wieder in die Luft ab. Das muss so sein, sonst wäre es ziemlich kalt hier. Damit es aber nicht zu heiß wird, muss ein Teil der Wärmestrahlung die Erde, also das Treibhaus, wieder verlassen. Und jetzt kommt das CO2 ins Spiel: Je mehr davon in der Luft ist, desto weniger Wärme kann die Erde verlassen. Denn das Gas bleibt in der Atmosphäre, saugt die Wärmestrahlung quasi auf und schickt sie wieder zurück auf die Erde. Das heizt unserem Planeten mächtig ein. Weil wir Menschen durch unser Leben immer mehr CO2 ausstoßen, verstärken wir den Treibhaus­effekt – und damit auch den Klimawandel.
Schaut man sich die Emissionen an, die in Südtirol verursacht werden, dann sind wir bei 5,3 Tonnen CO2 pro Kopf im Durchschnitt. Das ist wenig im Verhältnis zu Italien, da sind es 7 Tonnen, in Deutschland 10 Tonnen. Um jetzt auf die 1,5 Grad zu kommen, wie im Pariser Klimaabkommen ausgemacht, dürften wir im Schnitt aber nur mehr 2 Tonnen CO2 pro Person ausstoßen. „Mehr dürfen es im globalen Schnitt auf keinen Fall sein, wenn wir dieses Ziel erreichen wollen“, erklärt Marc Zebisch, der das Institut für Erdbeobachtung an der EURAC in Bozen leitet und zu den Folgen des Klimawandels forscht. Diese Kennziffer gibt aber nur die Emissionen an, die in Südtirol ausgestoßen wurden – und steht nicht dafür, für wie viele Emissionen der durchschnittliche Südtiroler verantwortlich ist: Wenn ich ein billiges T-Shirt aus China kaufe, dann werden die Emissionen ja nicht in Südtirol verursacht. Oder wenn wir von München, Verona oder Mailand aus in den Urlaub mit dem Flugzeug fliegen. „Rechnen wir das dazu, dann kommen wir statt 5,3 auf mehr als 7 Tonnen pro Kopf. Unser Konsumverhalten ist nicht besser als in anderen Ländern“, kommt der Südtiroler Klimaforscher zum Schluss.

Tun wir zu wenig?

Das Urteil der Opposition im Landtag zur Klimapolitik der Landesregierung fällt auch scharf aus: Die Ziele des Südtiroler Klimaplans bis 2050 könnten nicht ausreichen, um das Pariser Abkommen auf regionaler Ebene umzusetzen. „Es ist anzumerken, dass die Ziele der Klimastrategie Südtirols keine konkrete Übernahme der globalen Vorgaben auf lokaler Ebene darstellen. Wie im Bericht des Weltklimarats klar gefordert wird, müssen CO2-Emissionen spätestens bis 2050 auf netto null gebracht werden, um die globale Erwärmung auf 1,5° C zu begrenzen. Im Sinne der globalen Klimagerechtigkeit sollte Südtirol aufgrund seiner hohen Pro-Kopf-Emissionen und der bestehenden technischen und finanziellen Ressourcen aber weit vor 2050 seine CO2-Emissionen auf netto null bringen. Im Klimaplan Energie Südtirol 2050 wird bisweilen nur das Ziel gesetzt, Emissionen bis spätestens 2050 auf unter 1,5 Tonnen pro Jahr und Person zu senken“, kritisiert das Team Köllensperger. Außerdem mangle es an Sensibilisierungskampagnen für die Bevölkerung.

Klimaschutz-Initiativen des Landes

So ganz berechtigt ist die Kritik nicht. „Zentral für die Umsetzung des Klimaplans ist die Information der Bevölkerung“, war schon dem ehemaligen Umweltlandesrat Richard Theiner bewusst. Aus diesem Grund wurde 2018 das Online-Portal www.klimaland.bz geschaffen. „Klimaschutz hat sehr viele Facetten und jeder Einzelne von uns kann auf verschiedenste Art und Weise einen Beitrag dazu leisten“, erklärt dazu Irene Senfter, Geschäftsführerin des Ökoinstituts. „Die Idee hinter dem Portal ist, in gebündelter Form die praktische Seite des Klimaschutzes aufzuzeigen, konkrete Maßnahmen, wie die Bürgerinnen und Bürger das Klima im Alltag schützen können.“
„Landesagentur für Umwelt und Klimaschutz“ nennt sich die ehemalige Landesagentur für Umwelt seit Anfang des Jahres. Sie ist die größte Südtiroler Experteneinrichtung für Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutz. „Wir arbeiten für die schonende Nutzung und die langfristige Sicherung der natürlichen Ressourcen im Land“, so Flavio Ruffini, Direktor der Landesagentur für Umwelt und Klimaschutz, „um der Bevölkerung eine nachhaltige Raumentwicklung und eine möglichst hohe Lebensqualität heute und in Zukunft zu ermöglichen. 2018 hat die EURAC einen Klimareport verfasst mit konkreten Aufgaben an die Südtiroler Politik. Eine weitere EURAC-Studie analysiert den Tourismus in Südtirol von heute und gibt einen Ausblick auf morgen. Die Herausforderung ist laut der Studie „Zukunft Tourismus Südtirol 2030“ eindeutig: Er muss nachhaltiger werden und den Klimaschutz zum Anliegen machen!

Mobilität

Südtirol will bis 2030 zu einer Modellregion für nachhaltige alpine Mobilität werden. „Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir eine Reihe von Maßnahmen geplant, und das LIFE-Projekt der Europäischen Union ist dabei ein wichtiger Baustein“, sagt Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider. Eine der zentralen Säulen der Mobilitätspolitik des Landes ist die Verkehrsverbesserung mit der Förderung neuer umweltschonender Mobilitätsformen, so Alfreider. Beim neuen LIFE-Projekt gibt es fünf Aktionsfelder. Ein Aktionsfeld ist der Einsatz von emissionsfreien Fahrzeugen im privaten Personentransport und im öffentlichen Personentransport sowie in Logistik und in Betrieben, vor allem im Tourismus. Der zweite Schwerpunkt liegt auf der Versorgungsstruktur. So sollen 33 Batterie-Schnelllade-Stationen im Vinschgau, in Meran, Bozen, Bruneck und entlang der A22 entstehen. Weiters sind fünf Wasserstofftankstellen vorgesehen, und zwar im Vinschgau, in Meran, Bruneck und entlang der A22. Als weitere Schwerpunkte soll es Vorzeigefahrzeuge in mehreren Städten geben ebenso wie Anreize und Informationen zur Elektromobilität und schließlich auch das Sammeln und die Weitergabe von Know-how.

Klimaschutz im Burggrafenamt

Es gibt eine Reihe von Initiativen zum Klimaschutz im Burggrafenamt, die wenig bekannt sind (siehe dazu Interview mit Zeno Christanell). Die Bezirksgemeinschaft ist die erste des Landes, die eine dauerhafte Mobilitätsberatungsstelle eingerichtet hat. Die Beratungsstelle steht allen 26 Gemeinden des Bezirkes offen, unterstützt bei Projekten, gibt wertvolle Tipps bei Mobilitätsprojekten, strategischen Entscheidungen wie auf Ebene der Bauleitpläne und ist selbst Projektpartner bei EU-Interreg-Projekten. Dieser übergemeindliche Koordinations- und Beratungsansatz ist vorbildhaft als Beitrag zur nachhaltigen Mobilität. 2018 wurde die BZG mit dem 2. Platz des Südtiroler Mobilitätspreis ausgezeichnet, den dritten Platz und Sonderpreis erhielt die Stadt Meran.

Meran geht voran

Meran hat mit Madeleine Rohrer eine Fachfrau in Umweltschutz und nachhaltige Mobilität als Stadträtin. Meran darf sich auch mit Naturns, Lana und Gargazon als Klimagemeinde bezeichnen. Die Kampagne „Seite an Seite“ wurde 2018 auch mit dem Euregio-Umweltpreis ausgezeichnet. Sie zielt auf mehr Respekt im Straßenverkehr. „Nicht jedes Problem im Verkehr lässt sich durch Infrastruktur lösen. Ein respektvoller und grundsätzlich positiver Umgangston auf den Straßen bringt ein entspannteres Vorankommen. Rad­fahrer und Fußgänger fühlen sich dadurch anders wahrgenommen und sicherer – was zu einer höheren Nutzung führt“, erklärt die Stadträtin das Ziel der Kampagne.

LED-Ampeln im Stadtgebiet

Alle Meraner Ampelanlagen wurden schon auf LED-Leuchten umgestellt und verbrauchen zukünftig nur mehr 8 % der bisher benötigten Energie. Der jährliche Stromverbrauch der Ampelanlagen reduziert sich so von rund 150.000 Kilowattstunden auf 11.400 kWh. Die Stadtverwaltung spart jährlich neben rund 30.000 € an Stromkosten auch erhebliche Mittel bei der Wartung ein: Schließlich musste bisher jedes Jahr rund die Hälfte der 623 Lichtpunkte ausgetauscht werden. Meran ist auch eine von 18 „Ambassador Cities“ in sieben europäischen Ländern, die sich am EU-Projekt „CoME EASY“ beteiligen, das gemeinsame Instrumente zur Umsetzung von Energie- und Klimaschutzstrategien fördert. Die Stadt positioniere sich damit einmal mehr als Vorreiter im Kampf gegen den Klimawandel, heißt es aus der Gemeindestube.

Fazit

Auch wenn Politik und Wirtschaft gefordert sind, die Folgen des Klimawandels einzudämmen, kann auch jeder Einzelne von uns etwas dazu beitragen, nachhaltiger und klimafreundlicher zu leben: Müll reduzieren, bewusst einkaufen, klimafreundlich essen und trinken, richtig heizen, Geräte abschalten, könnten wir uns zum Vorsatz machen.

 

„Wir müssen mehr für den Klimaschutz tun“

Zeno Christanell, Umweltreferent der Bezirksgemeinschaft

Die Umweltdienste der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt unterstützen die 26 Mitgliedergemeinden bei Aufgaben, die nicht jede Gemeinde allein ausführen kann. Im vergangenen Jahr wurden von ihr 8,45 Mio. Kubikmeter häusliche Abwässer und 1,27 Mio. Kubikmeter industrielle Abwässer gereinigt. Außerdem wurden über 24.000 Tonnen Abfälle gesammelt, wovon der Großteil wiederverwertet wird. Eine Aufgabe der Abteilung „Umwelt, Mobilität und Technische Dienste“ besteht auch in der Unterstützung der Gemeinden bei der Umsetzung von Umweltprojekten und der Sensibilisierung der Bevölkerung. Seit knapp einem Jahr ist Zeno Christanell, langjähriger Energie- und Umweltreferent der Gemeinde Naturns, in der Bezirksgemein­schaft politisch verantwortlich für die Umweltdienste. Er hat dieses Amt vom Algunder Bürgermeister Ulrich Gamper übernommen.

BAZ: Die „Friday for future“-Bewegung kritisiert, dass die Politik zu wenig für den Klimaschutz mache. So sei der Südtiroler Klimaplan 2050 keineswegs ausreichend, um die CO2-Emissionen auf netto Null zu bringen, wie es der Weltklimarat fordert. Was entgegnen Sie den Jugendlichen?
Zeno Christanell: Im Koalitionspapier der Landesregierung wurde eine kontinuierliche jährliche Reduzierung der CO2-Emissionen auf unter 4 t innerhalb 2020 und unter 1,5 t bis zum Jahr 2050 pro Person und Jahr festgeschrieben. Das ist eine zentrale Maßnahme des Südtiroler Klimaplans. Landeshauptmann Arno Kompatscher hat vor kurzem gesagt, dass wir aktuell bei 4,4 t liegen. Das ist zwar deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 9 t, aber noch weit entfernt von der angestrebten Klimaneutralität. Ich den­ke, dass die Ziele des Klimaplans nachgeschärft werden müssen, wenn man die Vorgaben des Pariser Klimaabkommens einhalten will.

Was kann die Bezirksgemeinschaft im Auftrag der Gemeinden konkret tun?
Die Bezirksgemeinschaft kann den gesetzlichen Rahmen nicht ändern. Wir versuchen aber ganz nach dem Motto „global denken, lokal handeln“ immer wieder Projekte anzustoßen, um unseren konkreten Beitrag zu leisten. Im kommenden Herbst starten wir mit der Kampagne „Glas statt Plastik“, welche wir gemeinsam mit den Gemeinden, Stadtwerken und der Stadt Meran umsetzen möchten. Dabei geht es darum, dass vor allem Einweg-Plastikflaschen aus dem Alltag verschwinden. Die Bürger sollen motiviert werden, unser gutes Quellwasser zu trinken. Wir werden in den Schu­len Workshops durchführen und rund 4000 Glasflaschen verteilen.

Die Burggräfler Vergärungsanlage für Biomüll

Die Erstellung von Klimaschutz- und Energieplänen ist seit 2018 für alle Gemeinden verpflichtend. Wie steht es darum im Burggr­a­fen­amt?
Die „Agentur für Energie Südtirol – KlimaHaus“, das Ökoinstitut Südtirol und die Umweltdienste der Bezirksgemeinschaft Burg­gra­fenamt haben in einem Gemeinschaftsprojekt die Initiative „Gemeinsam für den Klimaschutz im Burggrafenamt“ initiiert. Damit unterstützen wir die Gemeinden darin, noch im Jahr 2019 die Erstellung ihrer Klimapläne anzugehen. Diese werden Maßnahmen für folgende Ziele beinhalten: Maximierung der Energieeffizienz und Erschließung des vorhandenen Sparpotentials in den gemeindeeigenen Gebäuden, Senkung der CO2-Emissionen im gesamten Gemeindegebiet, Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen im gesamten Gemeindegebiet und Einschränkung der Lichtverschmutzung. Durch die Koordinierung der Bezirksgemeinschaft werden alle Pläne verknüpft und wir werden der erste „Klimabezirk“ des Landes sein.

Die Bezirksgemeinschaft hat im Rahmen eines EU-Projekts bereits vor Jahren einen Mobilitätsplan für das Burggrafenamt ausgearbeitet. Was ist davon konkret bis heute umgesetzt worden?
Im Burggrafenamt wurde in den Jahren 2010 bis 2015 das EFRE-­Projekt „NaMoBu – Nachhaltige Mobilität Burggrafenamt“ umgesetzt. Im Rahmen des Projektes wurde ein Mobilitätsplan für den gesamten Bezirk erstellt – mit einem ganzen Katalog an Maßnahmen für jede Gemeinde. Darüber hinaus wurden auch konkrete Schritte gemacht, wie der Ausbau des übergemeindlichen Radwegnetzes. Auch die Erweiterung des Nightliner-Dienstes war Teil des Maßnahmenpaketes. Vie­le unserer Anregungen und Verbesserung für die Taktung des öf­fentlichen Personennahverkehrs wurden in den Landesmobilitätsplan aufgenommen. Davon profitieren die Bürger tagtäglich. Als unmittelbares Ergebnis gibt es nun innerhalb der Bezirksgemeinschaft eine Fachstelle für Mo­bilität, durch welche immer wieder Sensibilisierungsprojekte, wie etwa für sichere Schulwege, angestoßen werden. Leider wurden viele Dinge auch nicht umgesetzt. So geht zum Beispiel beim Mobilitätszentrum am Bahnhof Meran trotz eines abgeschlossenen Planungswettbewerbs nichts weiter. Auch die autofreie Erschließung der Gemeinden Tirol und Schenna ist trotz einiger interessanter Ideen ins Stocken geraten. Dasselbe gilt bei der Nord-­West-Umfahrung, deren Realisierung viele weitere wichtige Maßnahmen ermöglichen würde.

Bis zu 10.000 € Förderung für Elektroautos: ist das nicht übertrieben, wenn man bedenkt, dass deren Ökobilanz gar nicht so gut ausfällt?
Der ADAC hat errechnet, dass der CO2-Nachteil, der sich aus der Batterie- und Stromerzeugung ergibt, von Elektroautos ab Fahrleistungen von 50.000 bis 100.000 Kilometern ausgeglichen wird. Das hängt wesentlich mit dem Strommix zusammen: Wenn zu 100 % grüner Strom verwendet wird, wie das in Südtirol möglich ist, dann verbessert sich die Bilanz. Bei einem Elektroauto entstehen beim Fahren keine giftigen Schadstoffe durch Abgase. Es kommt auch zu einer bedeutend verringerten Lärmemission. In Städ­ten und auf stark befahrenen Straßen kann es also unmittelbar zu einer deutlichen Verbesserung der Lebens- und Aufenthaltsqualität kommen. Natürlich gibt es auch Schattenseiten. Generell wird sich die individuelle Mobilität deshalb ändern müssen.

Südtirol will bis 2030 eine Modellregion für nachhaltige Mobilität werden. Was heißt das konkret?
Der umweltfreundlichste Verkehr ist der Verkehr, den es gar nicht gibt. Oberste Priorität muss also die Verkehrsvermeidung haben. So ist es auch in unserem „NaMoBu“-Dokument festgehalten. Das beginnt schon bei der Planung der Wohnbauzonen, geht mit zeitgemäßen Infrastrukturen weiter und schließt neue Arbeitsmodelle mit ein. Als nächstes gilt es Verkehr sinnvoll zu verlagern, zum Beispiel von der Straße auf die Schiene. Erst dann kommt die Verkehrsverbesserung – etwa durch den Einsatz der Elektromobilität oder Projekte wie Carpooling.

Die EURAC-Studie „Zukunft Tourismus Südtirol 2030“ betont, dass Nachhaltigkeit, Klimaneutralität, schonender Umgang mit Ressourcen und Umweltschutz im Tourismus noch intensiver eingebracht werden müssen. Sind unsere Betriebe dafür aber bereit?
Es wird immer offensichtlicher, dass wir beim Tourismus in einigen Bereichen an unsere Grenzen stoßen. Das haben nicht nur Umweltaktivisten verstanden, sondern auch in der Branche selbst gibt es seit einiger Zeit ein Umdenken. Harald Pechlaner, der Leiter des neuen EURAC-Centers für Advanced Studies, hat zuletzt gesagt, dass für die Meraner Gegend von einem „Overtourism“ gesprochen werden kann. Es gibt mancherorts schon eine knallharte Ressourcendiskussion. So etwa beim Trinkwasserverbrauch.
Deshalb sollten Betriebe zu mehr Nachhaltigkeit bereit sein. Hier ist die lokale Politik gefragt, mit entsprechenden Planungsinstrumenten einzugreifen. Der einzelne Unternehmer ist häufig damit überfordert einen gesamtheitlichen Blick zu entwickeln, steht zu sehr unter Konkurrenzdruck oder ist einfach nicht bereit, das individuelle Wirt­­schaften dem allgemeinen In­teresse unterzuordnen.

Die Bezirksgemeinschaft ist im Auftrag der Gemeinden für die Abfallbewirtschaftung zuständig. Welche Note würden Sie den Burggräflern ausstellen?
Der insgesamt entstandene Abfall im Bezirk setzt sich zu 41 % aus Restmüll, zu 21 % aus Biomüll und zu 38 % aus Wertstoffen zusammen. Das bedeutet, dass durch die gewissenhafte Trennung 59 % der Abfälle in irgendeiner Form wiederverwertet werden. Das ist meines Erachtens eine gute Bilanz. Natürlich gibt es auch noch Luft nach oben – wir könnten schon noch besser sein. Das hätte auch wirtschaftliche Vorteile: Die Gesamtkosten für die Umweltdienste im Jahr 2018 betrugen ca. 3,3 Millionen €. Aus der Vermarktung der Wertstoffe konnten Einnahmen von rund 750.000 € erzielt werden. Insgesamt wurde den Gemeinden ein Betrag von fast einer Million € gutgeschrieben. Das entspricht einem Viertel aller Kosten im Abfallbereich. Dadurch können die Tarife günstig und bürgerfreundlich gestaltet werden. Gewissenhaftes Trennen lohnt sich in mehrfacher Hinsicht.

Jeder Einzelne ist also gefordert. Wie müssen wir unser Konsumverhalten verändern, damit wir unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten?
Wenn es uns nicht gelingt schnell Veränderungen zu erreichen, zahlen kommende Generationen dafür die Zeche. Dabei kann jeder etwas tun und durch sein Verhalten einen Beitrag leisten. Sei es durch gewissenhaftes Mülltrennen, durch den Verzicht aufs Auto oder beim Konsum von so genannten „Null-Kilometer-Produkten“. Daran werden wir uns messen lassen müssen. Nicht für das x-te Spielzeug werden uns unsere Kinder dankbar sein, sondern für eine intakte Umwelt. Mit diesem Slogan haben die Jugendlichen der „Friday for future“-Bewegung zu 100 % recht: Es gibt keinen Planeten B!

 

„Noch können wir etwas tun und auch verändern!“

Hannah Prünster

Anna Messner

Ein Gespräch mit Hannah Prünster und Anna Messner.
Von Schweden bis Australien, von Mexiko bis Pakistan – überall streiken Schüler für Klimaschutz und für ein Recht auf Zukunft. Begonnen hat die weltweite Bewegung des „Climate Strike“ im Sommer 2018 mit der damals 15-jährigen Greta Thunberg. Sie setzte sich jeden Freitag mit ihren Schulbüchern vor das schwedische Parlament, um die Regierung aufzufordern, sich konsequenter für Klimaschutz einzusetzen. Mittlerweile gehen weltweit junge Menschen zu Hunderttausenden freitags auf die Straße, auch in Südtirol. Die BAZ sprach darüber mit den Oberschülerinnen Hannah Prünster und Anna Messner.

BAZ: Wie denkt ihr über „Fridays for Future Southtyrol“?
Hannah Prünster (16, Dorf Tirol) /Anna Messner (17, Meran): Wir sind sehr froh, dass es die „Fridays-for-future-Bewegung“ auch in Südtirol gibt, denn nur so wurden die Klimakrise und der Klimaschutz auch bei uns zu einem wichtigen öffentlichen Thema. Es ist unglaublich, was für eine Motivation entsteht, wenn so viele junge Menschen sich für dieselbe Sache einsetzen.

Macht ihr auch aktiv dabei mit?
Natürlich sind wir bei allen Demonstrationen dabei, um so auf das Thema aufmerksam zu machen. Auch im Organisations­ko­mitee waren wir kurz vertreten, haben uns dann jedoch dazu entschieden, das Thema mehr in un­seren Alltag als Schülerinnen zu integrieren. Aus diesem Grund haben wir an unserer Schule, dem „Gymme Meran“, die Gruppe „gym­megoesgreen“ gegründet. Die Gruppe sprüht nur so über vor Ideen: es werden Experten-­Vorträge gehalten, Projektwochen ins Leben gerufen, Flashmobs organisiert und das Schulleben nachhaltig verändert. Auch mit der Gemeinde Meran stehen wir in Verbindung.

Ist Fridays for Future nicht nur ein Trend, weil es halt wieder „in“ ist, rebellisch zu sein?
Allein diese Fragestellung macht deutlich, dass der Ernst der Lage nicht richtig erfasst ist. Der Klimawandel ist kein Wandel, er ist eine Krise und kann nur noch in den nächsten Jahren teils abgeschwächt werden. Man muss sich das mal vorstellen: das gesamte Leben auf unserer Erde, das sich über Jahrmillionen aufgebaut hat, ist in Gefahr. Hunderte Millionen Menschen werden zu Klima­flücht­lingen, Dürren, Überschwemmungen und Brände werden stark zunehmen. Den Kampf für eine lebenswerte Zukunft als einen Trend zu bezeichnen, ist deshalb Ausdruck davon, dass man das Ausmaß der Klimakrise nicht begriffen hat.

Welche Forderungen stellt ihr an die Politik, an die Gesellschaft?
Fridays for future Southtyrol hat beim letzten globalen Klimastreik am 24. Mai einen Forderungskatalog an die Südtiroler Landesregierung übergeben. In diesem Katalog wurden mit Wissenschaftlern Maßnahmen und Forderungen ausgearbeitet, die konkret Südtirol und das Klima betreffen. Die wichtigste hierbei ist die Ausrufung des Klimanotstandes, der der Klimakrise höchste Priorität verleiht. Außerdem müssen öffentliche Verkehrsmittel auf CO2-neutrale Antriebssysteme umgestellt und das Netzwerk des Nahverkehrs effizienter und besser ausgebaut werden. Bis 2035 muss der Netto-CO2-Ausstoß auf null gebracht werden. Generell sollten Firmen und Unternehmen, die klima­freundlich arbeiten, vom Land unterstützt werden. Was wir von Politik sowie Gesellschaft fordern, ist, dass sie sich mit der Thematik befassen und die Klimakrise nicht ständig verdrängen. Jeder kann dazu beitragen, das Klima und die Umwelt zu schützen.
Die grundlegendsten Schritte sind dabei: so wenig wie möglich mit dem Auto zu fahren und zu fliegen, den Stromverbrauch zu verringern, den Fleisch­konsum und generell tierische Nahrungsmittel einzuschränken, regional und saisonal einzukaufen und überhaupt weniger zu konsumieren.

Ist es nicht einfach, für mehr Klimaschutz zu demonstrieren und dann womöglich mit dem Flugzeug auf Maturareise zu gehen?
Hier muss sich jeder an die eigene Nase fassen – wir persönlich plädieren dafür, auf das Fliegen im schulischen Rahmen zu verzichten. Alternativ könnte die Anzahl der Flüge auf einen Flug für die gesamte Schullaufbahn reduziert werden.

Klimaschutz habe bei so einigen den Rang einer Ersatzreligion eingenommen, schrieb die Frank­fur­ter Allgemeine Zeitung. Findet ihr nicht, dass zuweilen etwas übertrieben wird, wenn es um Klimaschutz geht?
Auch hier wieder: es wird der Ernst der Lage nicht verstanden! Wie kann damit übertrieben werden, sich für die Umwelt und un­sere Zukunft einzusetzen? Was ist falsch daran, dass junge Menschen ihren Lebensstil und die Welt, in der sie leben, hinterfragen und etwas ändern wollen? Mit „Er­satzreligion“ hat das überhaupt nichts zu tun!

Was macht ihr konkret für den Klimaschutz?
Zuallererst einmal befassen wir uns gründlich mit der Thematik, informieren uns und tragen diese Information auch nach außen, damit immer mehr Menschen die Problematik begreifen und anfangen, etwas zu verändern. Im Kleinen haben auch wir einiges an unserem Lebensstil verändert. So ernähren wir uns vegetarisch und schränken unseren Konsum tierischer Lebensmittel ein, setzen auf öffentliche Verkehrsmittel, fliegen selten bis überhaupt nicht, kaufen saisonal und regional ein und hinterfragen generell, woher Gekauftes kommt.

von Josef Prantl

 

Toni Haller Pixner

Die Klima-Zeitbombe

Ein Essay von Toni Haller Pixner

Jeder Staat kocht sein eigenes Klima-Süppchen, während sich die Weltkugel schleudernd dreht, während Mutter Erde Juckreiz, Blähungen, Verstopfungen, Tumore und Infarkte plagen, verursacht von uns Zweibeinern: Atom- und Giftmüll, kontaminierte Felder, Luftverschmutzung, Verseuchung der Meere, alarmierende Erderwärmung, arsenhaltiges Grundwasser, rauchende Müllhalden und brennende Urwälder…(Man möge mir verzeihen: diese Auflistung ist bei weitem nicht vollständig…). Wenn wir bedenken, wie wir in den letzten 70 oder 100 Jahren unseren Planeten an den Rand einer Klima-Katastrophe manövriert haben, bleibt „Pacha Mama“ die Spucke weg. Soll das nochmals für 70 Jahre mit diesem Tempo weitergehen? Offensichtlich hocken wir auf einer Klima-Zeitbombe, die in naher Zukunft den Kollaps unserer Erde verursachen könnte oder verursachen wird müssen. Wer dies bestreitet, soll brav weiterträumen und mit rosaroter Brille sein eigenes Süppchen köcheln lassen.
Die geistige Haltung „Nach uns die Sintflut!“ ist ein globales Phänomen, entstammt der Raffgier des Menschen und seiner Ur-Angst, zu kurz zu kommen. Wenn von 8 Mil­liarden Menschen ein jedes einzelne Individuum von dieser Angst befallen ist, dann können wir uns mit ein wenig Fantasie ausmalen, wie schwierig es sein wird, einen gemeinsamen weltweiten Konsens zu finden, wie wir diese Klima-Krise in den Griff bekommen. Während einige Staaten (andeutungsweise) bereits vorbildhaft auf die Bremse drücken, geben unsere Schwellenländer erst tüchtig Gas, denn sie wollen im Temporausch auch dorthin gelangen, wo wir hochentwickelten Industrieländer bereits sind, und dies geht bekanntlich nicht ohne massive CO2 – Emissionen. Wäre eine globale Zusammenarbeit möglich oder notwendig? Nur eine Utopie, dass alle gleichzeitig an einem Strang ziehen? Dass alle an der Rettung unseres Planeten mitarbeiten, was bedeuten würde, auf eine Unmenge an Annehmlichkeiten bewusst zu verzichten, die wir uns so mühsam erarbeitet haben? Da wir ja nicht erst seit Sigmund Freud die Psyche des Menschen kennen und wissen, wie lange es dauert, bis eine Information tief ins Bewusstsein einsickert und wie lange es dann noch dauert, bis konkrete Verbesserungen in die Tat umgesetzt werden, könnte man nahezu mutlos werden und die Flinte ins Korn werfen. Das wollen wir aber nicht! Uns steht das Wasser bis zum Hals, junge Menschen merken dies offensichtlich schneller als wir „alten Hasen“, schon näher das Ende vor Augen, wo wir diesen maroden Planeten verlassen dürfen, den Kindern unsere Müllberge vererbend… „Pacha Mama“ macht sich ihre eigenen Gedanken, und ich fürchte, sie wird dabei gegenüber der Spezies Mensch nicht allzu zimperlich verfahren, wenn dieser nicht bewusst wird (heute noch!), dass es eine (1) Minute vor zwölf (12) ist. Wie viel Wasser wird noch die Etsch, den Nil und den Amazonas runterfließen, hinein in verseuchte Meere, bis wir gewillt sind, aufzuwachen und die Hemdärmel hochzukrempeln?