Evangelische Gemeinde
31. Juli 2019
LRin Deeg besucht Euregio Summer Camp 2019
20. August 2019
Alle anzeigen

Unsere Wirtschaft

Wussten Sie, dass Südtirol die größte Provinz Italiens und als Berggebiet eingestuft ist? Nur 14 % der Fläche liegen unter 1000 Metern und nur 6 % sind besiedelbar. Solche geografischen Voraussetzungen sprechen nicht unbedingt für einen guten Wirtschaftsraum. Trotzdem ist es gelungen, aus Südtirol ein florierendes Land zu machen.

Noch vor 150 Jahren war der Großteil der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig. Heute sind es gerade einmal 8 %. In Südtirol leben zurzeit rund 531.000 Menschen, was nicht einmal 1 % der italienischen Gesamtbevölkerung entspricht. Das Durchschnittsalter der Südtiroler liegt bei 43 Jahren. Was die Ausbildung betrifft, so besuchen 20.000 Schüler die Oberschule, während sich mehr als 10.000 Jugendliche für eine Berufsschule entscheiden. Jeder 10. Südtiroler hat einen akademischen Abschluss.

Die Südtiroler Gesellschaft

Das durchschnittliche Haushaltseinkommen liegt bei 36.774 Euro. Was den Verbrauch angeht, so konsumiert ein Südtiroler Haushalt monatlich im Schnitt knapp 3400 Euro, wobei die Ausgaben für Wohnen, Energie, Mieten und Lebensmittel die Haushaltskasse am meisten belasten. Also bleibt den meisten fürs Sparbuch fast nichts übrig. 73 % der Südtiroler Bevölkerung im Alter zwischen 15 und 64 Jahren nehmen aktiv am Arbeitsleben teil, wobei der größte Teil im Dienstleistungssektor tätig ist, also Handel und Tourismus. Das BIP pro Kopf liegt bei 42.900 Euro, im restlichen Staatsgebiet ist es deutlich geringer und liegt bei 28.900 Euro. Allerdings zählen die Lebenshaltungskosten bei uns auch zu den höchsten und das soziale Gefälle bei den Einkommen ist wie überall sehr hoch.

Unsere Wirtschaft

Südtirol hat rund 58.000 Unternehmen; im Burggrafenamt sind vergleichsweise am meisten angesiedelt. Typisch sind die vielen kleinen Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten. Im Durchschnitt hat ein Unternehmen 4,6 Mitarbeiter, meist sind es Familienbetriebe.  In der Landwirtschaft sind es meistens Ein­zelunternehmen. Nur 6 Unternehmen haben in Südtirol mehr als 1000 Beschäftigte; darunter sind Aspiag (Despar), Marcas, Leitner, Fercam, Würth. Dass Südtirol das größte Apfelanbaugebiet in Europa ist und bei uns jährlich rund eine Million Tonnen Äpfel geerntet werden, ist bekannt. Weniger bekannt ist, dass wir die Prvoinz mit den meisten Sterne-Restaurants in Italien sind.  In Südtirol befindet sich auch der größte Skizirkus der Welt. Dolomit Superski erstreckt sich auf 1200 km Pisten. In Südtirol werden rund 130.000 Rinder gehalten, davon die Hälfte Milchkühe. Fast alle Südtiroler Weine besitzen eine DOC-Zertifizierung. Auf einer Fläche von 5000 Hektar werden 20 verschiedene Weine angebaut.

Nachhaltiger Tourismus

Die treibende Kraft unserer Wirtschaft ist der Tourismus: 10.000 Beherbergungsbetriebe mit über 224.000 Betten, 7 Millionen Ankünften und rund 33 Millionen Übernachtungen sprechen für sich. 14 % der Südtiroler Arbeitnehmer sind im Tourismus beschäftigt. Gegenüber Rimini oder Jesolo haben wir den Vorteil, dass die Hochsaison nicht auf wenige Monate beschränkt ist. Es gibt zwei Tourismussaisonen, wobei der August 2018 den absoluten Rekord mit fast 6 Millionen Nächtigungen hält. Fakt ist aber auch, dass der Südtiroler Arbeitsmarkt stark saisonal geprägt ist. So steigt im November die Arbeitslosigkeit deutlich an. Insgesamt liegt sie aber immer noch unter 4 %.

Innovation

In puncto Innovation und Internationalisierung gibt es noch etwas Entwicklungsbedarf. Das hängt auch mit der Kleinstrukturierung der Unternehmen zusammen. Innovativ zu sein erweist sich für kleine Betriebe als weitaus schwieriger als für sogenannte Global Players. In den vergangenen Jahren haben sich aber einige High-Tech-Unternehmen auch bei uns entwickelt.  Die öffentliche Verwaltung bemüht sich, Betriebe in Südtirol bei ihren Innovationsprojekten durch finanzielle Anreize und Kooperationsangebote zu unterstützen. Ein weiteres Projekt, das die Innovationskultur in Südtirol bereichern wird, ist der neue Technologiepark NOI in Bozen, der die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Universität und öffentlichen sowie privaten Forschungseinrichtungen ausbauen soll. Hauptaugenmerk wird dabei auf wichtige und in Südtirol bereits entwickelte Sektoren gelegt. Ganz besonders gilt das für die Bereiche erneuerbare Energie, nachhaltige Mobilität, alpine Technologie.

Die größten Arbeitgeber im Burggrafenamt

Dr. SCHÄR: Der größte Arbeitgeber im Burggrafenamt mit mehr als 300 Mitarbeitern und zugleich Weltmarktführer für glutenfreie Produkte ist Dr. Schär in Burgstall. Das Unternehmen stellt für Zöliakiebetroffene verträgliches Brot, Nudeln, Mehl- und Backmischungen, Snacks, Frühstückscerealien sowie Tiefkühlprodukte her. Zusätzlich hat das Unternehmen Nahrungsmittel für besondere medizinische Zwecke entwickelt, so werden z. B. eiweißarme Lebensmittel produziert. Weitere Bereiche der Medical Nutrition sollen in Zukunft ausgebaut werden. Hinter dem Unternehmen steht Ulrich Ladurner aus Meran – zweifellos einer der Großen der Südtiroler Wirtschaft. Heute ist das Unternehmen in Europa und weltweit in über 85 Ländern vertreten. In Burgstall ist das Hauptquartier der Gruppe mit Marketing, Verwaltung, Produktentwicklung und Vertrieb.

FORST: Der zweitgrößte Arbeitgeber im Burggrafenamt ist FORST. Die Brauerei wurde 1857 von Johann Wallnöfer und Franz Tappeiner gegründet. Schon damals erkannten die zwei Meraner Unternehmer instinktiv, dass der Ort, an dem sich die Brauerei heute noch befindet, ideal war: hervorragendes Quellwasser, ein weitläufiger Talboden und saubere Luft in einer intakten Natur, umgeben von majestätischen Bergen. 1863 übernahm Josef Fuchs die damals bescheidene Brauerei. Im Laufe der Jahre entwickelte sich FORST  zu einer der größten Brauereien Italiens. Noch heute ist FORST im Besitz der Familie Fuchs. Mit Margherita Fuchs von Mannstein übernahm die 4. Generation die Unternehmensleitung. Um die Belieferung bis nach Sizilien zu ermöglichen, wird auch eine Abfüllanlage in Palermo betrieben. Zum Unternehmen gehören auch die Mineralwasservertriebe „Meraner Mineralwasser“ und „Kaiserwasser“ sowie acht Forsterbräus, die sich in den wichtigsten Ortschaften Südtirols befinden. Weitere Forst-Braugaststätten werden in Trient und Triest geführt.

ASPIAG: An dritter Stelle steht ASPIAG. Despar wurde 1932 in den Niederlanden von Adriaan van Well gegründet und ist ein Zusammenschluss von mehreren Händlern. „De Spar“ bedeutet auf Holländisch „die Tanne“ und so lässt sich auch das Logo ableiten. Weltweit gibt es 42 SPAR-Organisationen in vier Kontinenten mit einem Gesamtumsatz von 33 Milliarden Euro. ASPIAG (Austrian Spar International AG) ist eine Tochter der Spar Österreich und in Italien in den Regionen Trentino-Südtirol, Veneto, Friaul und Emilia Romagna tätig. Der Muttersitz befindet sich in Salzburg; Aspiag hat 7500 Mitarbeiter, davon 1750 in Trentino-Südtirol, 223 Geschäfte und 344 selbstständige Kaufleute  sowie drei Einkaufszentren.

MEMC, Quellenhof, Zipperle…: Mit mehr als 200 Mitarbeitern zählt die MEMC in Sinich zu den weiteren top Arbeitgebern im Burg­grafenamt. Das Unternehmen gehört zum Konzern Global Wafers und stellt in Sinich monokristallines Silizium her, nicht ganz ungefährlich. So verwundert es auch nicht, dass das Unternehmen immer wieder in den Schlagzeilen ist. Das Material ist einer der wichtigsten Halbleiter für die Elektronik­industrie und findet in den Innenteilen der Chips elektronischer Geräte Anwendung.

Im Ranking der größten Burggräfler Arbeitgeber folgen die Quellenhof GmbH, Hans Zipperle AG, Hotel Palace GmbH, der Milchhof Meran, die Obstgenossenschaft COFRUM, Erdbau GmbH, Iprona AG, das Andreus Golfhotel, alle mit weit mehr als 100 Mitarbeitern.

Die Herausforderungen

Südtirol hat in den letzten Jahrzehnten eine beeindruckende Entwicklung erlebt. Unser Land nimmt heute einen Spitzenplatz in zahlreichen italienischen und europäischen Rankings ein, darunter bei der Beschäftigung, der Lebensqualität und dem BIP pro Kopf. In Zukunft muss Südtirol aber noch mehr auf nachhaltiges Wachstum setzen. Eine große Herausforderung stellt die Alterung der Bevölkerung dar, die ein Überdenken der Produkte und Dienstleistungen für die Bürger erforderlich macht. Unsere kleinstrukturierten Betriebe müssen wettbewerbsfähig bleiben. Daher ist es unerlässlich, die Koopera­tion zwischen Kleinstunternehmen zu stärken, die häufig nicht die Ressourcen haben, um sich im Bereich der Internationalisierung und der Innovation alleine zu bewegen. Gleichzeitig stellt der Umweltschutz eine große Herausforderung dar, ist aber angesichts der positiven Auswirkungen auf die Landwirtschaft und den Tourismus auch eine Chance für die Wirtschaft. Südtirol hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 zu einer Modellregion für nachhaltige alpine Mobilität zu werden.

Was sind unsere Stärken? Mehrsprachigkeit, gute Bildungseinrichtungen, unsere Brückenfunktion zwischen Nord und Süd, eine intakte Natur- und Kulturlandschaft, eine „saubere“ Politik und nicht zuletzt fleißige Menschen. Packen wir es also an, damit auch unsere Kinder in einem blühenden Land leben dürfen.

„Wir müssen innovativ und für Neues offen sein“

Michl Ebner (*1952) ist Präsident der Handelskammer und Geschäftsführer der Athesia, einem der größten Arbeitgeber im Lande. Von 1993 bis 2004 vertrat er Südtirol zuerst im italienischen und dann im europäischen Parlament. Ein Gespräch mit dem Unternehmer, Verleger, Autor und Politiker über unsere Wirtschaft, über Visionen und Gefahren.

Sie sind zum dritten Mal zum Präsidenten der Handelskammer gewählt worden. Können Sie uns kurz erklären, was dieser Zusammenschluss der Wirtschafts­treibenden genau macht?

Michl Ebner: Die Handelskammer Bozen vertritt die Gesamtinteressen der Südtiroler Wirtschaft und ist für diese ein wichtiger Dienstleister. Als kompetenter Ansprechpartner für die Südtiroler Unternehmen bietet die Handelskammer zum Beispiel Unterstützung in den Bereichen Wirtschaftsinformation, Weiterbildung, Innovation und Unter­neh­mensentwicklung,Digi­ta­li­sie­rung, Internationalisierung, Han­dels­re­gis­ter und Streitbeilegung.

Worin sehen Sie die besonderen Stärken, aber auch die Schwächen der Südtiroler Wirtschaft?

In Südtirol sind 99 % der Betriebe Klein- und Mittelunternehmen (KMUs). Davon sind viele Familienunternehmen, die in unterschiedlichen Sektoren angesiedelt sind. Das bedeutet, wir leiden nicht so stark, wenn ein Sektor in eine Krise gerät. Unsere Betriebe sind jedoch vermehrt in Sektoren mit vergleichsweise geringer Produktivität tätig. Um die Wettbewerbsfähigkeit und die Produktivität zu erhöhen, legen sowohl die Landesregierung als auch wir als Handelskammer bei den Fördermaßnahmen einen starken Fokus auf die Innovation.

„Wirtschaft=Zukunft“ heißt es im Logo der Kammer. Wie sieht in Ihren Augen eine Wirtschaftspolitik aus, die nachhaltig ist?

Nachhaltig ist aus meiner Sicht eine Wirtschaftspolitik, in der optimale Rahmenbedingungen für die Südtiroler Unternehmen geschaffen werden. Es muss ein Gleichgewicht zwischen sozialen Zielen wie dem hohen Lebensstandard und Wohlstand der Bevölkerung, ökologischen Zielen wie einer Umweltbelastung, die so gering wie möglich gehalten wird und wirtschaftlichen Zielen angestrebt werden. In Bezug auf Südtirol muss es unser Ziel sein, unsere wunderschöne Heimat auch für die zukünftigen Generationen weiterhin so lebenswert zu halten wie bisher.

Südtirol hat viele gute Karten, darunter die besondere geografische Lage, die Mehrsprachigkeit, fleißige Menschen. Welche großen Fehler dürfen wir aber nicht machen?

Ja, besonders Südtirols fleißige Bevölkerung und die Mehrsprachigkeit haben entscheidend zu unserem Wohlstand beigetragen. In Zukunft dürfen wir jedoch nicht den Fehler machen, uns auf unseren Lorbeeren auszuruhen. Wir müssen innovativ sein, Entwicklungen wie die Digitalisierung angehen und offen sein für Neues. Dazu ist es auch wichtig, dass wir manchmal den Blick über den Tellerrand wagen.

Der Tourismus gilt als treibende Kraft unserer Wirtschaft. Stimmt das?

Ja, der Tourismus ist in Südtirol ein Wirtschaftstreiber. Die Südtiroler Tourismusbetriebe sind sehr gut aufgestellt, haben konstant investiert und ihr Angebot verbessert. In Zahlen ausgedrückt sind ungefähr 15 % der Südtiroler Bevölkerung im Gastgewerbe angestellt. Mit über 2 Milliarden Euro ist der Tourismus für über 11 % der Wertschöpfung im Land verantwortlich.

Welche Rolle wird das neue Landesgesetz „Raum und Landschaft“ für die Entwicklung von Südtirols Wirtschaft spielen?

Das Landesgesetz Raum und Landschaft reformiert die Raumordnung grundlegend. Auch in Zukunft braucht es jedoch Entwicklungsmöglichkeiten für die Wirtschaft. Neben dem Ziel, den Flächenverbrauch zu verringern, braucht es für Unternehmen Perspektiven, um weiterhin wachsen zu können. Nur dadurch kann auch künftig der Wohlstand in Südtirol gesichert werden.

Fachkräftemangel, Digitalisierung, aber auch die Frage der Betriebsnachfolge stellen viele Betriebe vor große Herausforderungen. Wie kann man dem am besten begegnen?

Es gibt Bereiche, in denen es in Südtirol an Fachkräften mangelt. Es ist wichtig, dass wir schon in der Schule auf die Jugendlichen zu gehen und sie informieren, dass sie zum Beispiel besonders mit einer Ausbildung in den sogenannten MINT-Fächern beste Berufschancen haben. Auch die Lehre muss aufgewertet werden. Das duale Ausbildungssystem ist ein Erfolgsmodell. Darüber hinaus müssen wir in Südtirol weiterhin gute Arbeits- und Lebensbedingungen schaffen, um die Fachkräfte nicht ans Ausland zu verlieren. Leistbares Wohnen ist zum Beispiel eines der Themen, die man dringend angehen muss.

Und bezüglich Digitalisierung und Betriebsnachfolge?

Bei der Digitalisierung versuchen wir als Handelskammer Anregungen zu schaffen, damit unsere Betriebe sich dieser Herausforderung stellen. So haben wir bereits in der Vergangenheit umfangreiche Fördergelder bereitgestellt. Vor einigen Wochen haben wir den Rückversicherungsfonds eingerichtet, der von Südtiroler Unternehmen für Digitalisierungsmaßnahmen beansprucht werden kann. Dieser ermöglicht den Betrieben bessere Kreditkonditionen. Die Handelskammer Bozen stellt dafür bis zum 31. 12. 2024 zwölf Millionen Euro bereit. Die Höchstlaufzeit der Finanzierungen beträgt 60 Monate bis zu einem maximalen Betrag von 250.000 €. Bei der Betriebsnachfolge sind aus meiner Sicht vor allem die Übergeber/innen gefragt, ihre Kinder frühzeitig in den Betrieb einzubinden und ihnen nach und nach Verantwortung zu übertragen, damit sie Freude für das Unternehmen und dessen Tätigkeitsfeld entwickeln können. Diese Freude am Betrieb ist aus meiner Sicht mitentscheidend für den zukünftigen Erfolg des Unternehmens. Die Handelskammer Bozen hat einen eigenen Service für Unternehmensnachfolge eingerichtet, der Betriebe im Nachfolgeprozess unterstützt.

Die Ausgaben für Forschung fallen im Vergleich zu anderen europäischen Regionen recht mager aus?

Die geringeren Ausgaben für Forschung und Entwicklung hängen sicher auch mit der Struktur unserer Wirtschaft zusammen. Bei uns in Südtirol ist der klassische Dienstleistungssektor sehr stark ausgeprägt. In diesem wird grund­sätzlich weniger in Forschung investiert. Darüber hinaus kommt es nicht darauf an, wieviel Geld private und öffentliche Einrichtungen in F&E investieren, sondern was schluss­endlich aus diesen Geldern gemacht wird. Dabei spielen andere Faktoren wie das Knowhow der am Innovationsprozess beteiligten Akteure und deren Teamfähigkeiten eine nicht zu unterschätzende Rolle. Eine im Frühjahr veröffentlichte Studie des WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen hat ergeben, dass Südtirol in allen untersuchten Innovationsleistungen im europäischen Vergleich gut abschneidet.

Top qualifizierte Südtiroler finden meist nur im Ausland eine passende Arbeit. Was muss sich ändern, damit gut ausgebildete Leute nach dem Studium wieder nach Südtirol zurückkommen und wir wettbewerbsfähig bleiben?

Die Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte haben wir im Zuge einer Studie des WIFO festgestellt. Wir als Handelskammer versuchen nun mit verschiedenen Initiativen gegen die Abwanderung vorzugehen. Zum Beispiel begleiten wir die Südtiroler Unternehmen im Zuge von Events an österreichische und deutsche Universitäten, um damit einen direkten Kontakt zwischen Südtiroler Studierenden und den heimischen Betrieben herzustellen und die Studierenden zu ermutigen, nach dem Studium wieder nach Südtirol zurückzukehren.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

von Josef Prantl

 

 

Toni Haller Pixner

Das Wirtschaftsparadies und die Jugend

Ein Essay von Toni Haller Pixner

Unsere Jugend interessiert sich nicht für rote Zahlen, sie interessiert sich für schwarze Zahlen, für ein Leben in Konsum-Fülle, für Visionen, für Zukunftsmusik. Junge Menschen sehen sich konfrontiert mit jener Wirtschaftswelt, die ihre Eltern, Großeltern und Vorfahren in Szene gesetzt haben und welche jetzt unsere Realität ausmacht, mit den dazugehörigen politischen Systemen bespickt. Ist es nicht das Recht einer jeden Jugend, sich die Rosinen aus dem aktuellen amorphen Kuchen zu picken, da ihnen ja die Zukunft gehört!?

Junge Leute, Ausschau haltend nach Jobs, die etwas mehr versprechen als karges Mittelmaß, wo schnell das Wasser bis zum Halse reicht, wo ein Ertrinken droht… Gibt es genug gutbezahlte Jobs für einen möglichst hohen prozentuellen Anteil? Die Löhne stagnieren auf dem Arbeitsmarkt – die Kosten steigen stetig und intensiv: könnte etwas vom mickrigen Lohn erspart, auf die hohe Kante gelegt werden?

Unsere liebe Jugend, ob noch studierend oder bereits auf direktem Wege in die Arbeitswelt, schaut etwas irritiert aus der Wäsche: wie lässt sich möglichst schnell und „problemlos“ Kohle besorgen? Vorerst werden mal die Eltern angepumpt oder zur Kasse gebeten, welche in den „sieben fetten Jahren“ etwas hinüber gerettet haben aufs glorreiche Konto.

Sind „sieben magere Jahre“ im Anmarsch? In Japan bereits ein seltsames (oder konsequentes?) Phänomen: viele junge Menschen, die bei ihren Eltern im Heim hocken bleiben aus Panik vor der Außenwelt, vor der Arbeitswelt, selbst noch 35-Jährige schotten sich ab, bunkern sich ein. Sie streiken. Sie kommen nicht zurecht mit dem Leistungsdruck auf dem Arbeitsmarkt. Mutter schiebt ihnen den Ess-Napf hin, Vater hat es mittlerweile aufgegeben, den Sohn oder die Tochter ins Leben hinaus zu bugsieren, aus dem Nest zu werfen. Jene Jugend von heute aber, die sehr wohl hinaus stürmen möchte in die Welt, begreift schnell, wie der (Wirtschafts-) Hase läuft: man ist durchs „Netz“, durch die „sozialen Netzwerke“ bis zum Erbrechen informiert, was Sache ist; niemand möchte sich bereits in jungen Jahren abspeisen lassen und ein kümmerliches Dasein fristen, ständig den Ruin und den horrenden Tag vor Augen, wo die selbst gemietete Wohnung nicht mehr bezahlbar ist, wo es nicht mehr möglich ist, sich einen Urlaub zu leisten, geschweige denn, eine eigene Familie zu gründen. Droht sich ein Abgrund aufzutun, der unsere Jugend in die Verarmung führt, noch bevor sie ihre innovativen Ideen investiert haben? Könnten die Weichen noch umgelegt werden? Ist ein „Wirtschaftsparadies“, an welchem möglichst viele naschen können, nur eine jäm­mer­liche Illusion?