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Bio & regional

Lebensmittel in Bio-Qualität stehen hoch im Kurs. Der Bioanbau ist hierbei der am stärksten wachsende Bereich in der Landwirtschaft.
Der Bachguterhof in Dorf Tirol geht schon lange diesen Weg.

Die Anfänge der biologischen Landwirtschaft reichen bis in die 1920er Jahre zurück. Dies war vor allem eine Reaktion auf die ökono­mi­schen und ökologischen Kri­sen der zunehmenden Urbanisierung und Industrialisierung im deutschs­prachigen Raum um die Jahrhundertwende. Vor allem aus ethischen Gründen setzten die ersten Bio-Pioniere bestimmte Betriebsmittel und Handlungsweisen nicht ein und entwickelten ein besonders umwelt- und tiergerechtes Landbausystem. Verschiedene Ausprägungen der an­fänglichen biologischen Landwirtschaft haben sich heute in größeren Verbänden zusammengeschlossen, wie beispielsweise Demeter oder Bioland. Vor allem in den 1970er und 1980er Jahren gewann die ökologische Landwirtschaft in Gesellschaft und Landwirtschaft vermehrt an Bedeutung. Aber erst um die Jahrtausendwende kam es zur Einführung eines einheitlichen europäischen Biosiegels, das freiwillig verwendet werden konnte. 2010 wurde ein neues europäisches Siegel eingeführt, mit dem alle Bioprodukte gekennzeichnet werden müssen. Zudem existieren staatliche Biosiegel, welche an die Verordnungen des jeweiligen Landes geknüpft sind, und Verbandssiegel, wie zum Beispiel Bioland, welches in Südtirol weit verbreitet ist. Vor allem die privaten Anbauverbände zeichnen sich in Abgrenzung zur EU-Öko-Verordnung zumeist durch strengere und erweiterte Anforderungen aus. Die Begriffe „Bio“ oder „Ökologisch“ sind gesetzlich geschützt, und wer mit ihnen wirbt, muss die Voraussetzungen hierfür erfüllen.

Bio ist nicht gleich Bio

Seit auch die großen Supermarktketten Bio als profitable Einnahmequelle entdeckt haben, lohnt sich ein verstärkter Blick auf das Herkunftsland und das jeweilige Siegel. Wer sicher sein will, Fleisch von zufriedenen Tieren zu essen, wer Wert darauf legt, dass sein Bio-Gemüse nicht nur weitgehend pestizidfrei, sondern auch ressourcenschonend angebaut wurde und ohne lange Transportwege seinen Weg in den Supermarkt gefunden hat, der landet immer wieder bei deutschen Bio-Anbauverbänden wie Bioland und Demeter. Und vor allem auch beim Thema Regionalität und Saisonalität. Bio-Kartoffeln aus Ägypten zu importieren oder im Winter geschmackslose Bio-­Erdbeeren und diese vielmals billiger zu verkaufen als saisonale und regionale Lebensmittel, ist ein Widerspruch zu dem, was ökologische Landwirtschaft eigentlich ausmacht. Bio hat zweifelsohne seinen Preis: Der Aufwand ist höher und der Ertrag niedriger. Nichtsdestotrotz geht es in der Bio-Landwirtschaft – wenn sie ernsthaft und nicht aus reiner Profitgier betrieben wird – vor allem darum, Ressourcen zu schonen, die Umwelt zu erhalten, den Lebensraum wilder Pflanzen und Tiere nicht weiter einzuschränken und Tiere möglichst artgerecht zu halten. Ein geschlossener Kreislauf wird der ökologische Landbau dann, wenn die Produkte auch primär regional vertrieben werden. Hierauf hat jeder Konsument Einfluss. Ab-Hof-Kauf wird in Südtirol von vielen Bauern angeboten, einige Supermärkte und Vertriebe haben sich auf den Handel mit regionalen Erzeugnissen spezialisiert. Die Wertschöpfung bleibt überwiegend beim Landwirt und im Land, der Verbraucher hat die Möglichkeit, den Betrieb mit eigenen Augen zu begutachten. Das Wissen um den Ursprung von Lebensmitteln und auch die Arbeit, die hinter der Erzeugung steckt, ist von unschätzbarem Wert.

Biobetrieb Bachguterhof in Dorf Tirol

Als Beispiel gelungener biologischer Landwirtschaft, mit einem Fokus auf Mischkulturen und Solidarische Landwirtschaft im Burggrafenamt, tritt Franz Laimer hervor. Familie Laimer vom Bachguterhof in Dorf Tirol bewirtschaftet seit gut 20 Jahren im engen Familienverband eine Fläche von rund 2 Hektar nach Bioland-Richtlinien. Zwar nimmt der Prozentsatz biologischer Landwirtschaft in Südtirol kontinuierlich zu, bezieht sich jedoch zumeist nur auf Monokulturen wie Äpfel oder Trauben. So weist Laimer kritisch darauf hin, dass das Bewusstsein für Mischkulturen oder eine große Arten- und Pflanzenvielfalt generell das Wissen um Schädlinge und Nützlinge oder die zu beachtende Widerstandsfähigkeit der Pflanzen auch im Biolandbau zu wenig kommuniziert und berücksichtigt wird. Zudem müsse man den Konsumenten verdeutlichen, dass nicht immer alles und zu jeder Zeit verfügbar sein kann oder muss. Man könne den Wert und auch Genuss der Lebensmittel, die im eigenen Land verfügbar sind, gar nicht mehr richtig schätzen, wenn es im Supermarkt auch im Dezember Erdbeeren von weit her zu kaufen gibt. So müsste man im Prinzip viel weniger importieren und exportieren, wenn die landwirtschaftlichen Erzeugnisse vermehrt im Land bleiben würden und den Konsumenten die Wertschätzung für Saisonalität bewusster wird. Laut Laimer sei es ein großer Fehler zu meinen, man müsse mit den heimischen Produkten mit der Welt konkurrieren. Denn, das sei ganz klar, ein kleines Land wie Südtirol müsse stets auf Qualität statt auf Quantität setzen. Die Solidarische Land­wirtschaft, welche eine nachhaltige, regionale, saisonale, ökologische und faire Landwirtschaft garantiert, ist die Basis für einen geschlossenen Kreislauf im Kleinen. Der Bachguterhof gilt hier als Vorreiter in Südtirol, welcher seit 2015 in Zusammenarbeit mit 40 Familien und einigen Restaurants dieses Konzept umsetzt. Hierbei geben die Verbraucher eine Abnahmegarantie für die biologisch bewirtschafteten Produkte und finanzieren mit ihren Beiträgen den Anbau und das Ein­kommen des Bauern. Im Gegenzug dazu erhalten sie wöchentlich seine frisch geernteten und saisonalen Produkte. Für Laimer ist sein Schaffen auf dem Hof auch Berufung und er könnte sich nicht vorstellen, anderswo tätig zu sein. So sei heute fast jeder in einer globalisierten Arbeitswelt austauschbar und kaum jemand sieht mehr das Ergebnis seiner Arbeit. Dies sei auf einem Bauernhof anders, nicht immer einfach, aber erfüllend. Man müsse sich aufeinander verlassen können, niemand ist einfach so ersetzbar und jeder bringt sein Wissen und Können mit ein. Trotzdem wünscht sich Laimer vor allem eines: Weniger reden, mehr tun! Man brauche in der Politik nicht groß über globale CO2-Minimierungen sprechen, wenn man nicht einmal in der heimischen Landwirtschaft wirklich eine grundlegende Veränderung anstrebt. Südtirol verfügt über alle Voraussetzungen, nachhaltig und regional zu wirtschaften. Jeder kann zum regionalen Kreislauf und Umweltschutz beitragen, indem er Südtiroler Betriebe bevorzugt, die lokal und verantwortungsvoll wirtschaften, resümiert Laimer.

von Jasmin Maringgele