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Am Deutschnonsberg

Foto: Elena Marini Silvestri

Es sind die drei Gemeinden Proveis, Laurein und  Unsere Liebe Frau im Walde-St. Felix, welche den so genannten Deutschnonsberg bilden. Seit Ende der 1990er Jahre ist er nicht nur über die herkömmlichen Routen (Gampenpass, Mendelpass, Trentino) erreichbar, sondern auch über das Ultental durch den Hofmahdjoch-Tunnel.

Foto: Elena Marini Silvestri

Der Deutschnonsberg oder auch Deutschgegend ist der nördlichste Teil des Nonstales und bezeichnet die drei Gemeinden Proveis, Laurein und Unsere Liebe Frau im Walde-St. Felix. Zahlreiche Schluchten und hohen Berggipfel prägen das Landschaftsgebiet. Im Südwesten grenzt der Deutschnonsberg an die Brentagruppe, im Westen an die Maddalenegruppe und die Berggrenze zum Ultental, im Osten an den Mendelkamm. Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem hohen Mittelalter und beschrieb damals schon einen deutschsprachigen Lebensraum. Durch die geografische Lage unmittelbar an der Trentiner Grenze orientierte sich sowohl die Wirtschaft als auch die Gesellschaft viele Jahrhunderte lang mehr gegen das Trentino.

Hinzu kam, dass die höher gelegenen Ortschaften Laurein und Proveis von Südtirol nur über das Trentino erreichbar waren und erst mit dem Bau des Hofmahdjoch-Tunnels Ende der 1990er Jahre auch über das Ultental erschlossen wurde. Um von Laurein und Proveis nach Unsere Liebe Frau im Walde-St. Felix zu gelangen, muss man auch heute zuerst Trentiner Gemeindegebiet durchfahren. Von Lana aus verbindet die Gemeinde hingegen die Anfang des 20. Jahrhunderts erbaute Gampenpassstraße.

Von 1923 bis 1948 war die Gegend um den heutigen Deutschnonsberg an Trentino angegliedert, kam jedoch im Zuge des 1. Autonomiestatutes zu Südtirol. Noch heute ist die Grenze zum italienischen Gebiet von regem Austausch geprägt. Immerhin waren grenzüberschreitende Hochzeiten keine Seltenheit, und in kargen Zeiten bot das naheliegende Trentino genügend Arbeitsplätze für die Deutschnonsberger Bevölkerung. Die italienische Sprache gehörte seit jeher dazu, da sie un­erlässlich war, um sich mit den anliegenden Gemeinden verständigen zu können.

Doch auch kulturell ist der Deutsch­nonsberg ein besonderer Scheidepunkt. So erkennt man auf Luftaufnahmen die baulichen Unterschiede zwischen den italienisch geprägten und den deutsch geprägten Teil des Nonstales.
Wo im Süden vorwiegend italienische Architektur vorzufinden ist, hat das nördliche Siedlungsgebiet viel mehr deutsche  Wurzeln und zeichnet sich durch viele geschlossene Höfe und eine  breite Streusiedlung aus, welche die sogenannten Weiler bilden. Aber auch gastronomisch ist der Begegnungsort in Südtirol einzigartig. Das wird vor allem auf den Speisekarten deutlich, wo sich die italienische „Polenta“ an die typischen Südtiroler „Knödel“ gesellt oder die Mortandela aus dem Trentino an den Südtiroler Speck.

Die Wirtschaft
Die Wirtschaft auf dem Deutsch­nonsberg wird vor allem von der Landwirtschaft geprägt. Besonders stark ist die Milchwirtschaft, bei der der Austausch zwischen den Ortschaften am Deutschnonsberg und dem Trentino lange Tradition hat. Die Deutschnonsberger Bergbauern beliefern vor allem die benachbarten Sennereien im Trentino, wo daraus der bekannte Reibkäse „TrentinGrana“ entsteht. Dieser zeichnet sich vor allem durch seine strengen Qualitätsmerkmale aus und gehört zum besten Grana-Käse Italiens.
Durch das europäische LEADER-Projekt ist der Anbau von Winterradicchio auf dem  Deutsch­nons­berg entstanden und stellt eine Besonderheit dar. Bei den Radicchiowochen wird die Ernte gastronomisch zelebriert. Doch auch der Anbau von Klein­obst, der Fleischherstellung sowie einige Imkerstätten gehören zum Deutschnonsberg. Einige Bauern gehen einen eigenen innovativen Weg. So zum Beispiel  ein Bergbauer in Unsere Liebe Frau im Walde-St. Felix, der auf seinem Hof eine kleine Bäckerei eröffnet hat. Auch das Projekt „LaugenRind“ sowie die Aufwertung des „Löwenzahns“ sind Ergebnisse von LEADER. Damit will man vor allem die lokale Landwirtschaft mit der ansässigen Gastronomie zusammenbringen, um die Wirtschaft zu stärken.

In der Gemeinde Unsere Liebe Frau im Walde-St. Felix befinden sich zwei Gewerbegebiete, in denen sich vor allem Holzverarbeitungsbetriebe niedergelassen haben: die Gewerbezone „Unsere Liebe Frau im Walde“ und die Handwerkerzone „St. Felix“. In Unsere Liebe Frau im Walde befinden sich die Standorte eines Südtiroler Speckproduzenten sowie eine Maßtischlerei. Etwas breiter aufgestellt ist hingegen das Gewerbe in der Handwerkerzone „St. Felix“. Neben mehreren Tischlereibetrieben, einer Autowerkstatt sowie einer Schlosserei befindet sich hier auch der Standort des Spezialtiefbau-Betriebes Ausserer GmbH. Nachdem sich die Firma Ausserer seit Mitte der 1970er Jahre im Tiefbau profiliert hat, erfolgte im Herbst 2017 nun der Generationswechsel durch den Sohn Patrik. „Mit der Betriebsübernahme haben wir uns zum Ziel gesetzt, uns noch stärker zu spezialisieren“, meinte der junge Unternehmer im Gespräch. Die Kompetenz der Firma Ausserer erstreckt sich von der Spezialbohrung, Konsolidierung und Sprengung bis hin zur Felssicherung im privaten Bereich sowie auch für Gemeinden und Land. Aktuell arbeitet das Unternehmen an der Sicherung einer Hangrutschung bei den Gärten von Schloss Trauttmansdorff in Meran. Auch bei der Sicherung des Hofmadjoch-Tunnels, der in die Ader der tektonischen Grenze zwischen den Kontinentalplatten von Afrika und Eurorasien gebaut worden war, war die Firma Ausserer gefragt. Die zahlreichen Netze und Schrauben, die die Felsenwand seither stützen, zeugen vom Stellenwert der Arbeitsleistungen von Ausserer.

Naturnaher Tourismus

Oberhalb der Handwerkerzone St. Felix befindet sich in dichtem Nadelwald eingebettet hingegen auch eine touristische Zone. Der Standort des Wald Chalet Resort FeliZitas. Es besteht aus mehreren, auf Stelzen gebauten Holzhäusern, die sich wie Möbelstücke in das umliegende Waldgebiet einfügen. Dabei wurde großer  Wert darauf gelegt, die Einrichtung möglichst plastikfrei und nachhaltig zu gestalten. Ein besonderes Highlight des Resorts ist die so genannte Jurte. Ein großräumiges Zelt, das den nordasiatischen Nomaden nachempfunden wurde und für Seminare genutzt wird. Auch „Diversität und Kulturgrenze“ finden sich im Konzept FeliZitas wieder. Das zeigt sich sowohl an der Gästeschicht, die von Einheimischen bis in die Arabische Emirate reicht, als auch ganz praktisch aufgrund der Nähe zur Grenze zum Trentino. An das innovative touristische Konzept von FeliZitas reiht sich auch das Hotel Zum Hirschen zu den Vorzeigebetrieben einer innovativen Tourismuskultur in Deutschnonsberg. Ansonsten sind es vor allem mehrere Angebote von  „Urlaub auf dem Bauernhof“ sowie Pensionen und Gaststätten, die Übernachtungsmöglichkeiten in Deutschnonsberg bieten. Bedingt durch die besonders ruhige  Lage des Hochplateaus, ausgestattet mit zahlreichen Wanderwegen, den Bergseen in Proveis, dem Badesee Felixer Weiher bzw. Lago di Tret uvm. sind die Gemeinden in Deutschnonsberg vor allem für den sanften Tourismus besonders attraktiv.

Sehenswürdigkeiten

Foto: Georg Mair

Die Ruhe der Umgebung brachte auch zahlreiche Pilger auf den Deutschnonsberg. Grund dafür ist einerseits der Jakobsweg, der zum Teil durch das Gemeindegebiet führt und zur Einkehr in die Wallfahrtskirche von Unsere Liebe Frau im Walde einlädt, andererseits aber auch der Romedius-Weg von Thurn in Österreich nach San Romedio im Trentino.
Eine besondere Sehenswürdigkeit befindet sich direkt am Gampenpass. Der so genannte Gampen- Bunker. Er wurde 1940 bis 1941 erbaut und war Teil des von Mussolini errichteten Abwehrwalls gegen Angreifer aus dem Norden. Geradezu unbemerkt entstand zur damaligen Zeit ein beeindruckendes Bunkersystem, das sich über 4 Stockwerke erstreckt und ein Ausmaß von 1,5 Kilometern hat. Doch hätte die Bunkeranlage noch viel größer werden sollen. Nachdem die Arbeiten 1941 eingestellt wurden, blieb die Anlage bis auf Weiteres unbenutzt. Seit 2010 ist ein Teil des Bunkers jedoch öffentlich zugänglich und bietet Raum für Kunstausstellungen, eine Fotogalerie über den Bau der Gampenstraße sowie eine Mineralienausstellung von Mineraliensammler Toni Kiem, mit rund 2500 Mineralien.

Der Laugen
Unmittelbar am Gampen-Bunkers befindet sich auch eine Parkmöglichkeit. Von dort aus führen zahlreiche Wanderwege durch die umliegende Berglandschaft. Darunter auch zum Laugen. Er ist der Hausberg des Deutschnonsberges und ragt wie ein einziger Monolith bis auf 2434 m in die Höhe. Seine beiden Gipfel sind Reste eines Vulkans, der vor über 250 Millionen Jahren entstanden sein soll. Außerdem steht er in Zusammenhang mit der Etschtaler Vulkanit-Gruppe und ist zum großen Teil aus Quarzporphyr aufgebaut. Die Gegend um den Laugen besteht hingegen vorwiegend aus Kalksgestein. Die Erstbesteigung des Gipfels wird den örtlichen Adligen Jakob von Boymont zu Payrsberg, Regina von Brandis und deren Tochter Katha­rina Botsch am 24. August 1552 zugeschrieben. In den folgenden Jahrhunderten wurde der Laugen immer mehr zum beliebten Ausflugsort. 1901 bestieg auch der deutsche Schriftsteller Thomas Mann die Laugenspitze und verewigte seine Wanderung sogar in einem seiner Gedichte. Auch wenn viel darüber spekuliert wird, hat der kleine See am Fuße des Laugens keinen vulkanischen Ursprung. Man erzählt sich jedoch die Geschichte, dass vor etlichen Jahren eine Kuh im See ertrunken sei, deren Glocke schließlich am Gardasee gefunden wurde.

Berglauf Maddalene Sky Marathon
Um die ursprüngliche und naturbelassene Berglandschaft der Maddalene-Gebirgsgruppe an der geografischen Grenze zwischen dem Val di Non im Trentino und dem Deutschnonsberg und dem Ultental in Südtirol aufzuwerten, wurde 2008 der Extrem-Berglauf „Maddalene Sky Marathon“ ins Leben gerufen. Mittlerweile wird der Sky Marathon sogar als Qualifikationslauf für „The Ultra-Trail du Mont-Blanc“ anerkannt und hat sich in wenigen Jahren bereits auf nationaler Ebene als eine der renommiertesten Sportveranstaltungen in der Kategorie „Sky Running“ etabliert.

 

von Philipp Genetti