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Generation 65 +

Kaum jemand ist oder fühlt sich alt. Schon gar nicht mit 65. Anlehnend an den bekannten Schlager von Udo Jürgens fängt das Leben ja erst mit 66 so richtig an.

Auch sagt man „ältere“ Menschen, nicht Alte. Wobei das ja eigentlich paradox ist. Älter ist doch die Steigerungsform von Alt. Aber genau das Gegenteil ist damit gemeint. Einsam, alt und verarmt – so würden nur wenige Senioren ihre Lebenssituation beschreiben. Im Gegenteil: Einer Studie zufolge sind die Alten aktiv und voller Lebensfreude. Die sogenannten älteren Menschen von heute fühlen sich im Durchschnitt zehn Jahre jünger, als sie tatsächlich sind.

Erfahren und zufrieden
Die Mitmenschen der Generation 65plus sind mit ihrem Leben insgesamt sehr zufrieden, sie pflegen intensive Kontakte zu  ihrer Familie und beurteilen auch ihre materielle Lage als gut. Eine breit angelegte, umfassende Studie des deutschen Allenbach-Instituts untersuchte die Lebenssituation der 65- bis 85-Jährigen in Deutschland. Wir dürfen davon ausgehen, dass die Situation in Südtirol ähnlich sein dürfte.
Die Zeiten haben sich geändert und mit der gestiegenen Lebenserwartung auch das Verhalten und die Interessen der Senioren.
Alter muss nicht eintönig und einsam sein, dafür gibt es genügend passende Tätigkeitsfelder für ältere Menschen. Immer mehr engagieren sich ehrenamtlich in sozialen Einrichtungen, in Kultur oder Sport.

Mobil, auch dank Südtirolpass
Mobil sind sie, unsere Senioren. Sie sind sehr viel unterwegs, fast ein Drittel verlässt täglich das Haus. Jeder zweite fährt selbst Auto. Und auch bei den 80- bis 85-Jährigen ist noch jeder vierte mehrmals in der Woche mit seinem Auto unterwegs. Wer kein eigenes Fahrzeug besitzt oder dies aus Gründen der auftretenden Unsicherheit im hektischen Straßenverkehr lieber nicht mehr benutzt, hat ein ausreichendes Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln zur Verfügung. Und mit dem bequemen Südtirolpass zudem die Möglichkeit der kostengünstigen Fortbewegung. Interessant ist auch, dass laut genannter Studie jede zweite Frau im Alter zwischen 65 und 74 Jahren sich regelmäßig schminkt. Vor 30 Jahren waren es nur halb so viele. Bei den Frauen jenseits der 75 sind es heute immerhin noch 24 %.

Alt und Jung vertragen sich
Es ist ein altes Vorurteil, dass sich Alt und Jung nicht vertragen. Die Studie widerlegt auch dieses Klischee vom Generationen-Konflikt. Die Mehrzahl der älteren Menschen trifft ihre Kinder und Enkelkinder regelmäßig und unterstützt sie durch Zuwendung von Zeit und finanziell, so gut es geht. Wie wären doch viele junge Familien arm dran, könnten sie nicht eine Oma oder einen Opa einspannen. So flexibel wie die Großeltern sind wohl kaum Kitas oder Kindergärten. Daneben freuen sich die Großeltern selbst, wieder die lange zurückliegende Elternrolle zu spielen, ohne jedoch die volle Verantwortung in der Erziehung zu haben.

Sorge vor Verlust der Unabhängigkeit
Eine der wohl größten Sorgen der älteren Menschen ist es, im Alter auf Grund von Krankheit ihre Selbstständigkeit und Unabhängigkeit zu verlieren. Besonders groß ist die Angst, an Demenz zu erkranken und zu einem Pflegefall zu werden. Bei Pflegebedürftigkeit setzen die Alten von heute noch stark auf das familiäre Netz. Der Großteil hofft, in der eigenen Wohnung bleiben zu können.
Ältere Menschen sollten durchaus die Möglichkeit erhalten, auch über die gesetzliche Altersgrenze hinaus zu arbeiten.

Digitale Bildung von Senioren fördern
Der Umgang mit den neuen Medien ist zusehends Voraussetzung für die gesellschaftliche Teilhabe, auch für ältere Menschen. Nicht alle Menschen haben die Möglichkeiten gleichermaßen an der Digitalisierung teilzunehmen. Insbesondere Senioren tun sich mit dem immer rascher werdenden technologischen Wandel schwer, und es ist daher wichtig, ihre Kompetenzen im Umgang mit den neuen Medien wie Tablets, Smartphones, Computern und Notebooks durch gezielte Angebote zu stärken. In der Altersgruppe zwischen 15 und 36 Jahren nutzen fast 100 % der Südtiroler das Internet regelmäßig, danach sinkt der Prozentsatz relativ rasch. Seniorenverbände und Volkshochschulen bieten jedoch immer mehr Gelegenheiten für Senioren, sich an die neuen Kommunikationstechniken heranzuwagen.

Die Elektronik Ist hilfreich
Die Forscher unserer EURAC haben ein interessantes Gerät in Form einer Armbanduhr entwickelt, das verschiedene Service- und Notrufdienste enthält. So können über ein Funknetzwerk Personen innerhalb und über GPS außerhalb der eigenen vier Wände geortet werden. Durch Betätigen einer eigenen Taste kann sich der Träger rund um die Uhr mit seiner Klinik in Verbindung setzen und mittels eingebauter Sprech­einrichtung telefonieren. Auf dem Armband blinkt in dem Moment eine Led-Leuchte, sobald der Notruf bearbeitet wird. Beruhigend für den Träger, denn er weiß, er bekommt bald Hilfe. Das „2PCS“ genannte Gerät ist aber auch mit einem 3G-Sturzsensor versehen. Dabei wird unabhängig, also ohne Drücken der Notfalltaste, das Gerät aktiviert, wenn beispielsweise der Betroffene stürzen sollte und außerstande ist, sich zu verständigen. Dadurch wird vor allem der älteren Generation die persönliche Unabhängigkeit gewährleistet.

von Walter Werth

 

 

Nicht nur gut versorgt, sondern liebevoll umsorgt

Die Sozialgenossenschaft Mit Bäuerinnen lernen – wachsen – leben arbeitet mit viel Einsatz und Begeisterung an der Seniorenbetreuung am Bauernhof und bei Gastfamilien im ländlichen Raum.
Die Bezirkszeitung die BAZ hat mit Maria Hochgruber Kuenzer, Präsidentin der Sozialgenossenschaft, gesprochen:

Frau Kuenzer, wie sieht die Seniorenbetreuung am Bauernhof und bei Gastfamilien im ländlichen Raum konkret aus?
Maria Hochgruber Kuenzer: Unser Angebot für die Betreuung von Senioren am Bauernhof versteht sich als eine Ergänzung der Betreuungsdienste. Das Besondere daran ist, dass die Senioren in das Leben der Bäuerin oder des Bauern und am Familientisch der Gastfamilie eingebunden werden. Das Mindestalter ist für Personen ab 65 bis zur zweiten Pflegeeinstufung festgelegt. Die Betreuung kann stunden-, tageweise oder als zeitweilige Unterstützung in einer Genesungszeit erfolgen.

Welche Erwartungen dürfen Angehörige an das Betreuungsangebot stellen? Welche nicht?
Alle Bäuerinnen, die Seniorenbetreuung anbieten, haben eine sehr gute Vorbereitung dank spezifischer Ausbildungen und ständiger Weiterbildung. Für die Erwartungen ist es sehr wichtig, mit unserer Koordinatorin vorab alle Details zu besprechen, damit ein Hof mit dem geeigneten Angebot ausgewählt wird. Nicht erwarten darf man sich die Betreuung von intensiven Pflegefällen ab der 2. Pflegestufe. Dafür ist der Bauernhof kaum der geeignete Ort.
Aufgrund der demografischen Entwicklung müsste das Angebot doch entgegen aller Kritik willkommen sein…
In der Betreuung von älteren Menschen sind wir in der Phase, dass das Angebot ausdifferenziert werden muss. Was wäre Südtirol ohne Alters- und Pflegeheime und ohne die zahllosen Familien, die ihre Angehörigen daheim pflegen? Wir ermöglichen mit der Seniorenbetreuung allen pflegenden Kräften eine Auszeit für die eigene Erholung, aber auch für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Außerdem bieten wir jenen Senioren eine Betreuung, die das Leben am Hof dem Leben in einer Wohnung mit einer Pflegekraft vorziehen.

Interview: Ingeborg Rechenmacher