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Marke Südtirol

Von Bio über Öko-Test bis Fairtrade: Kaum ein Produkt kommt heute ohne Siegel aus. Sie sollen Orientierung bieten, Vertrauen schaffen und Qualität garantieren. In Deutschland sind über 1.000 verschiedene Labels im Umlauf – vom Bio-Blatt über das Fairtrade-Siegel bis hin zu Fantasiezeichen einzelner Firmen. Eines der ersten europäischen Qualitätszeichen stammt übrigens aus Südtirol: Bereits 1976 wurde die „Schutzmarke Südtirol“ eingeführt.
von Josef Prantl

Die meisten kennen den „Roten Hahn”, den „Marlene”-Apfel oder die „Südtirol-Marke” mit dem bunten Bergpanorama. Man sieht sie auf Zügen, auf vielen Produkten und in der Werbung. Wir begegnen ihnen täglich – bewusst oder unbewusst.
Das Qualitätssiegel „Roter Hahn“ mit seinen Blumen wurde 1998 vom Südtiroler Bauernbund ins Leben gerufen. „Marlene” erblickte 1995 das Licht der Apfelwelt. Seitdem ist „Marlene” als Qualitätsmarke des VOG (Verband der Südtiroler Obstgenossenschaften) auf dem nationalen und internationalen Markt bekannt. Die Geschichte der „Dachmarke Südtirol” reicht hingegen bis ins Jahr 1976 zurück, als man begann, Südtiroler Produkte gezielt zu vermarkten. 2004 erhielt die Marke – nicht ganz ohne Kritik – ihr heute vertrautes, mehrfarbiges Aussehen als unverwechselbares Logo. Die bunten Streifen sollen Bergzüge darstellen, der Schriftzug „Südtirol“ darüber ist einzigartig. Es wird eine speziell für Südtirol entwickelte Schriftart namens „Südtirol Next“ verwendet.

Südtirols Dachmarke
Das Logo wurde von Uli Mayer-Johanssen vom Berliner Markenberatungsunternehmen MetaDesign entwickelt. Seitdem werden unter Federführung der IDM sowohl landwirtschaftliche Produkte mit geschützter geografischer Angabe (g.g.A. oder g.U.) als auch Südtirol als Tourismusdestination und Wirtschaftsstandort mit dem bunten Bergpanorama vermarktet. Die „Marke Südtirol“ ist eine markenrechtlich geschützte Wort-Bild-Marke, die sich im Besitz des Landes befindet. Das Landesgesetz Nr. 12/2005 legt genau fest, wie die Marke genutzt werden darf. Über grundlegende Markenentscheidungen wacht die sogenannte Kerngruppe der Dachmarke. Für das Management und die Umsetzung ist seit 2016 die IDM zuständig, davor übernahm diese Aufgabe ab 2005 die Südtirol Marketing Gesellschaft (SMG).

20 Jahre Qualitätszeichen
Zur Marke gehört auch das Qualitätszeichen „Qualität Südtirol“. Als regionales Gütezeichen steht es für geprüfte Qualität bei landwirtschaftlichen Produkten und Lebensmitteln aus zehn Produktkategorien. Es steht für ein deutlich höheres Qualitätsniveau als der gesetzliche Standard vorsieht. Es handelt sich um eine Marke, die nur für die Kennzeichnung bestimmter landwirtschaftlicher Produkte und Lebensmittel verwendet werden darf. Unabhängige und zertifizierte Kontrollstellen prüfen die Einhaltung der verschiedenen Qualitätskriterien“, sagt die Algunderin Verena Huber Prantl vom Amt für Handel und Dienstleistungen.
Sie und ihre Kolleginnen bearbeiten die Antragsformulare der Betriebe, die das Qualitätssiegel auf ihren Produkten tragen möchten. Eine Fachkommission beurteilt, wer nach strenger Kontrolle und Erfüllung aller Voraussetzungen schließlich aufgenommen wird. Heute zählt das Zeichen über 200 Markennutzer, rund 4.600 Südtiroler Bauern als Zulieferer und elf Produktkategorien – von Milch und Honig über Fleisch und Brot bis hin zu Bier und Gemüse aus Aquaponik. Was 2005 mit Apfelsaft, Milch, Honig und Brot begann, wurde Jahr für Jahr erweitert. Es kamen neue Produktgruppen hinzu: Kräuter, Rindfleisch, Freilandeier, Spargel, Cider – und zuletzt Ziegen- und Wildfleisch. Unabhängige Prüfinstanzen kontrollieren die Betriebe regelmäßig, die Pflichtenhefte sind streng und transparent. Nur wer sie erfüllt, darf das Zeichen tragen. Das Qualitätszeichen Südtirol ist zudem ein von der Europäischen Kommission bewilligtes Gütesiegel und als registrierte Marke in der gesamten EU, in der Schweiz, in China, Norwegen sowie Russland geschützt.
Mehr Informationen zu den Produkten mit Qualitätszeichen Südtirol gibt es auf der Internetseite: www.qualitaetsuedtirol.com.

Verena Huber.

Unverkennbares Logo
Das Logo, das die meisten von uns kennen, ist in der Regel oval und kombiniert den Schriftzug „Qualität Südtirol“ mit visuellen Elementen, die die Herkunft symbolisieren. Je nach Produkt (z. B. Milchprodukte oder Äpfel) kann der genaue Aufbau leicht variieren, doch der zentrale Text „Qualität Südtirol“ ist immer das Hauptidentifikationsmerkmal.
Es wurde 2005 erstmals vorgestellt und hat sich bis heute bewährt. Eine Online-Umfrage der VZS zeigt: Bei den vielen Qualitätssiegeln ist das Qualitätszeichen Südtirol klarer Favorit. 86 % der Befragten kennen es und 61 % achten beim Einkauf gezielt darauf. Dicht dahinter folgen Fairtrade und das Roter-Hahn-Zeichen, die ebenfalls hohes Vertrauen genießen. Weniger bekannt sind internationale Labels wie das EU-Biozeichen oder das MSC-Siegel für nachhaltige Fischerei. Auch die Vegan-Blume spielt für viele kaum eine Rolle.

Was sind Gütezeichen wert?
Ein weiteres Ergebnis der VZS-Umfrage zeigt, dass Gütezeichen das Kaufverhalten beeinflussen: 82 % der Befragten greifen eher zu einem Produkt mit Siegel als zu einem ohne. Sie sind auch bereit, dafür tiefer in die Tasche zu greifen: 40 % zahlen bis zu 10 % mehr und 21 % sogar 25 %. „Ein Gütezeichen kann Vertrauen schaffen, aber nur, wenn es glaubwürdig ist“, betont die Verbraucherzentrale. Verbraucher erwarten, dass Siegel verständlich sind und von unabhängigen Stellen kontrolliert werden. Kritiker fordern allerdings seit Jahren mehr Transparenz im Dschungel der Gütesiegel. Denn während einige Zeichen wie Fairtrade, Demeter oder Bioland hohe Standards erfüllen, gelten andere als reine Marketingstrategien.

„Für uns ist es wichtig, mit einem einheitlichen Erscheinungsbild und einer klaren Positionierung aufzutreten, um die Marke Südtirol als Symbol für die gesamte wirtschaftliche und kulturelle Identität des Landes zu etablieren“, sagt Verena Huber Prantl.

 

Das Qualitätszeichen öffnet Türen zu den Märkten

Die Boznerin Manuela Defant leitet die Abteilung Wirtschaftsentwicklung und hat maßgeblich am Aufbau des Qualitätszeichens mitgearbeitet.
Die BAZ sprach mit der Abteilungsdirektorin.

Manuela Defant

Frau Defant, welche Ziele verfolgte man im Jahr 2005 mit der Einführung des Qualitätszeichens, und inwiefern knüpft das Qualitätszeichen an die frühere Schutzmarke „Südtirol“ aus dem Jahr 1976 an?
Manuela Defant: Die Idee eines Gütesiegels für Südtiroler Produkte geht auf die Schutzmarke „Südtirol“ zurück, die bereits 1976 eingeführt wurde. Diese Marke diente der regionalen Wirtschaftsförderung und sollte die Identität Südtirols stärken. Da die Schutzmarke an die neuen europäischen Gemeinschaftsbestimmungen angepasst werden musste, wurde das Qualitätszeichen eingeführt, um dem Anspruch der EU gerecht zu werden, dass die Qualitätsbotschaft vor der Herkunftsbotschaft stehen muss. Dies spiegelt sich in der Schriftgröße der beiden Wörter „Qualität“ und „Südtirol“ wider.

Wofür steht das Südtiroler Qualitätszeichen heute – was soll es Konsumentinnen und Konsumenten signalisieren?
Zum 20-jährigen Jubiläum wird das Qualitätszeichen als Symbol für Verlässlichkeit, Regionalität und nachhaltige Produktion gefeiert. Es hat sich als Erkennungsmerkmal für höchste Qualität aus Südtirol etabliert und ist heute aus dem regionalen Lebensmittelmarkt nicht mehr wegzudenken.

Wie läuft der Prozess ab, wenn ein Betrieb das Südtiroler Qualitätszeichen beantragen möchte?
Der Produzent übermittelt auf elektronischem Wege das Ansuchen um Nutzung des Qualitätszeichens an das Amt für Handel und Dienstleistungen. Dieses holt sich ein Gutachten bei der unabhängigen Kontrollstelle, wobei sowohl das Produkt, für das das Qualitätszeichen beantragt wird, als auch der Betrieb genau unter die Lupe genommen werden. Fällt diese Kontrolle positiv aus, wird ein Zeichennutzungsvertrag zwischen Produzenten und dem Land abgeschlossen. Ab diesem Moment kann der Produzent die Marke nutzen.

Wird das Qualitätszeichen regelmäßig weiterentwickelt, um mit neuen Anforderungen – etwa in Nachhaltigkeit oder Tierwohl – Schritt zu halten?
Ja natürlich. Es wird regelmäßig weiterentwickelt, um aktuellen gesellschaftlichen, ökologischen und wirtschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden. Es gibt verstärkte Bemühungen, ökologische Standards zu fördern – etwa durch ressourcenschonende Produktion, regionale Kreisläufe und somit CO₂-Reduktion. In der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion werden zunehmend strengere Kriterien für artgerechte Haltung und Fütterung eingeführt. Digitale Systeme ermöglichen eine bessere Nachverfolgung der Herkunft und Produktionsschritte.

Was bedeutet das Zeichen für die Produzentinnen und Produzenten in Südtirol, auch im Hinblick auf Marktchancen und Identität?
Teil der Markenfamilie zu sein, bedeutet sicher eine größere Sichtbarkeit, zumal gezielte Marketingkampagnen ihre Bekanntheit steigern. Da das Qualitätszeichen für geprüfte Qualität und garantierte Herkunft steht, kann dies die Kaufentscheidungen positiv beeinflussen. Eine Zertifizierung durch ein Qualitätslogo erleichtert die Positionierung am Markt und kann Türen zu nationalen und internationalen Absatzkanälen öffnen.Wir verfolgen das Ziel, Südtirol als nachhaltigen Lebensraum zu positionieren – Produzenten sind durch das Tragen des Qualitätszeichens aktive Mitgestalter dieser Vision und sehr wichtige Multiplikatoren, die wir gerne unterstützen.

 

Mit regionalen Produkten unabhängiger von Importen werden

Die beruflichen Stationen des Kastelruthers Thomas Fill führten ihn in die weite Welt hinaus.
Fast 15 Jahre lang war er in verschiedenen Positionen für internationale Unternehmen tätig. Seit 2024 ist er Agrardirektor bei IDM.
Ein BAZ-Gespräch mit Fill zum Qualitätszeichen Südtirol.

Thomas Fill.

20 Jahre Qualitätszeichen Südtirol – ein Erfolg?
Thomas Fill: Ja, ein großer Erfolg. Das Qualitätszeichen Südtirol wurde 2005 mit dem Ziel ins Leben gerufen, landwirtschaftliche Betriebe, Start-ups und kleine Genossenschaften mit Sitz in Südtirol zu unterstützen. Heute zählen über 200 Produzentinnen und Produzenten zu den Markennutzern des Siegels „Qualität Südtirol“. Die Produktvielfalt wächst von Jahr zu Jahr: Immer wieder treten neue Produzenten an uns heran, die ihre regionalen Produkte mit dem Qualitätszeichen Südtirol kennzeichnen möchten.

Warum kann man dem Qualitätszeichen vertrauen?
Es gibt nur wenige Gütesiegel, bei denen alle Mitglieder regelmäßig von einer unabhängigen Stelle kontrolliert werden, beim Qualitätszeichen ist das der Fall. Jeder Produzent unterzieht sich einer jährlichen Kontrolle, zusätzlich werden Laboranalysen durchgeführt. Beim Honig etwa wird mittels einer Pollenanalyse überprüft, ob er tatsächlich zu 100 % aus Südtirol stammt. Beim Fleisch wiederum muss nachgewiesen werden, dass die Tiere in Südtirol geboren, gemästet und geschlachtet wurden und dass das Fleisch hier zerlegt und vermarktet wird. So entsteht regionale Wertschöpfung, die in der Region bleibt.

Wohin soll sich das Label in Zukunft entwickeln?
Unsere Strategie wird sich künftig noch stärker auf Innovation konzentrieren. Neben den traditionellen Produkten möchten wir auch neue, zukunftsweisende Erzeugnisse in die Markenfamilie aufnehmen, vorausgesetzt, sie leisten einen Beitrag zur regionalen Wertschöpfung. Neue Bereiche wie etwa der Geflügelsektor – Geflügelfleisch trägt seit dem 10. Juli 2025 das Qualitätszeichen Südtirol – sollen gezielt aufgebaut werden, da sie insbesondere für die Berglandwirtschaft interessant sind und eine alternative Einkommensquelle darstellen können. Ziel ist es, diese Betriebe zu erhalten und vor der Schließung zu bewahren. Gleichzeitig möchten wir unabhängiger von Importprodukten werden. Dank unseres Mikroklimas in vielen Teilen Südtirols haben wir großes Potenzial, eine breite Palette regionaler Produkte zu erzeugen und damit unabhängiger von Importprodukten zu werden.