Als Karl Wolf sich irgendwann in den 1880er Jahren das Meraner Traubenfest gemeinsam mit Friedrich Lentner als ein in der Stadt zu zelebrierendes Erntedankfest ausdachte, war dies nur eine von vielen Initiativen, die auf ihn zurückgehen sollte. Den seit 1872 stattfindenden Ball auf der Alm hatte er zu einem Tirolerball umorganisiert, ganz im Sinne einer tourismuswirksamen Folklore, der seiner Vorliebe für Brauchtum und Volkstümliches Ausdruck verlieh. In den 1890er Jahren konnte er auf einer ausgedehnten Bühne auf der Gratscher Straße mit rund 300 Mitwirkenden die Volksschauspiele realisieren: Ein Massenspektakel, zu dem auch Touristen mit Hilfe von Postkarten angeworben und mit Bussen nach Meran gebracht wurden; verklärtes Tiroler Heldentum, Andreas-Hofer-Kult in Reinkultur, organisiert und unter der Regie von Karl Wolf, der sich gerne als Statist auf die Bühne begab. Karl Wolf war ein Meraner, der schon in jungen Jahren das Ausland erlebte. Erste Station war Rovereto, hier sollte der Sohn des akademischen Malers Alois Wolf und der Kaufmannstochter Anna Zülli Italienisch lernen. Der Tod des Vaters 1864 brachte den damals 16-Jährigen zurück nach Meran, wo er eine kaufmännische Lehre begann. Wenig später entdeckte er Wien für sich, dann hielt er sich über Wasser, indem er als Reiseleiter in Italien, Nordafrika und Asien unterwegs war. Doch auch als Zirkuskünstler, Bauarbeiter, Reitbursche und Schmuggler von Gewehren soll Karl Wolf sein Einkommen verdient haben. Er kehrte in den 1870er Jahren nach Meran zurück. Die gekaufte Pension und Gaststätte betrieb seine Frau Amalia Burgmann, Wolf hingegen mischte mit im Geschehen der Stadt und setzte sich im Rahmen seiner Tätigkeit in der Kurkanzlei für die Intensivierung der Tourismuswerbung ein. Stark romantisierend schrieb er über Land und Leute, die Tatsache jedoch, dass in der Schauspieltruppe des Bozner Gesellentheaters Frauen erstmals zugelassen wurden, soll auf seine Initiative zurückgehen.
So viel zu dem Initiator, der das Ganze in Gang gesetzt hat. Heute balanciert das Meraner Traubenfest zwischen der – teils romantisierten, teils dem Lauf der Zeit angepasster – Tradition und dem Sprung in die Gegenwart. Zum einen setzen weiterhin die großen Themenwagen – darunter die aus 300 Kilogramm Trauben gestaltete Riesentraube der Bauernjugend Algund und die 500 Kilogramm schwere Marlinger Apfelkrone – samt der Parade von Musikkapellen aus Südtirol, Österreich, Deutschland und dem Trentino den Schlusspunkt des Festes am Sonntag, 19. Oktober, der um 14.15 Uhr beginnt. Jährlich wechselnde Themenwagen und Gruppen fahren, laufen und musizieren durch das Zentrum der Stadt. Zum anderen aber haben sich im Laufe der Jahre einige beachtliche Neuerungen im Traubenfest einen festen Platz erobern können. Und dazu zählt sicherlich die Musik auf den Plätzen der Stadt.
Weniger volkstümliche, sondern echte Volksmusik und viel Fusion geben hier den Ton an. Zu hören ist Musik vom Feinsten, mit Fingerstyle-Gitarre und Akkordeon, wenn das Duo Marc & Damian (Marc Perin und Mark Hofmann) spielt. Genial sind auch die CubaBoarischen 2.0, die schon auf dem Woodstock der Blasmusik im letzten Jahr für große Klänge aus zwei Kontinenten sorgten und mit viel Spaß und Können den Drive der kubanischen Musik mit dem urigen Sound bayrischer Blasmusik verbinden. Wie die Südtiroler Alpen heute klingen können, setzen Simon & Mac (Simon Rabanser und Mac Maya) mit der steirischen Harmonika und elektronischem Beat um. Im Rahmen des 24. Internationalen Brassband Festivals Meran ist die unbestritten erfolgreichste Brassband Europas aus dem Süden Wales im Kurhaus zu Gast; Bühne frei für die Cory Band!
Und weil es beim Traubenfest um eines der Endprodukte der Weinbeeren geht, hoffen die Meraner Winzer und die Weingüter des Umlandes, dass ihre in Flaschen abgefüllten, mit Geduld und Können vergorenen Traubensäfte Anklang finden. Für Besucherinnen und Besucher kann das bedeuten, eine Wertmarke und ein Probiergläschen zu erstehen und auf der Promenade der Sinne am Samstag, 18. Oktober zwischen 10 und 18 Uhr zum einen die Weine ausgewählter Weinkellereien und der freien Weinbauern aus dem Burggrafenamt, dem Vinschgau und dem Etschtal zu verkosten, zum anderen das dort angebotene gastronomische Schaufenster der kulinarischen Spezialitäten der Provinz zu nutzen. Vertiefen können die Besucherinnen und Besucher ihr gerade aufkeimendes oder schon länger existierendes Interesse am Wein in etlichen Führungen und Verkostungen während des Traubenfestes. Sei es auf Schloss Rametz, wo eine Führung durch den Weinberg und in den Keller auch den Besuch des Weinmuseums und eine Verkostung beinhaltet, sei es bei Verkostung und Führung in der City.Vinothek oder nicht zuletzt beim Meraner Weinkenner par excellence, Wine Hunter Helmuth Köcher, der im Mezzanin des Kurhauses – nach einer kunsthistorischen Führung durch das Haus – regionale önologische Überraschungen gemeinsam mit Interessierten verkosten und Wissen über die Welt der Weine vermitteln wird.
Alle weiteren Infos und die Traubenfest-Broschüre bietet das Informationsbüro der Kurverwaltung Meran, Freiheitsstraße 45 oder unter: info@meran.eu
www.meran.eu/traubenfest