Haushaltsgesetz zwischen Staatsfinanzen und folkloristischen Abänderungsanträgen

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Haushaltsgesetz zwischen Staatsfinanzen und folkloristischen Abänderungsanträgen

Wie jedes Jahr kommt das Haushaltsgesetz mit der Feierlichkeit eines alten Rituals ins Parlament mit den großen Themen, den Prioritäten des Landes und den sensiblen Gleichgewichten der öffentlichen Finanzen. Dann beginnt die eigentliche Arbeit. Tausende Abänderungsanträge der ParlamentarierInnen sollen korrigieren, feilen, einführen oder streichen. Pünktlich taucht unter dem Berg strukturpolitischer Vorschläge das unvermeidliche Genre der Saison auf: die folkloristischen Abänderungsanträge. Dann wird Italien wieder zum Land der tausend Identitäten und der zahllosen Mikrofonds. Das Repertoire in diesem Jahr ist besonders vielfältig. Pizza Museum, Wein Museum, Öl Museum bilden ein enogastronomisches Dreieck, das die Haushaltsdebatte fast wie ein Degustationsmenü erscheinen lässt. Hinzu kommen Mittel für die Restaurierung von Gräbern, spirituelle Wanderwege, Barockorchester und sogar ein Kulturzentrum „Dante und Beatrice“. Es ist der Moment, in dem jede/r Abgeordnete versucht, ein Zeichen zu setzen, so klein es auch sein mag. Die Begründung ist immer die gleiche. Man fördert Exzellenzen, unterstützt die Regionen und investiert in Kultur. Derweil gleicht die Haushaltskommission, in der die ParlamentarierInnen tage- und nächtelang bei Litern Kaffee sitzen, einer Achterbahn. Mal geht es um Inflation, mal um das Neue Orchester Scarlatti in Neapel, mal um die ökologische Transformation, mal um das Pfarrheim im Heimatdorf eines Abgeordneten, mal um Industriepolitik und mal um eine Fotoausstellung in Umbrien. Einzeln betrachtet haben alle Initiativen ihre Berechtigung. Doch in der Gesamtsicht wirken sie befremdlich. Sie zeigen die doppelte Seele des Landes, das moderne wettbewerbsfähige Italien und das kleine territoriale Italien, das nicht auf seine lokalen Besonderheiten verzichten will. Ein Land, das mit gleicher Ernsthaftigkeit über Strukturreformen, wie über ein Museum zu einem typischen Produkt, über Gesundheitsausgaben wie über den Sportplatz einer Pfarrgemeinde diskutiert. Am Ende bleibt eine Gewissheit. Regierungen wechseln, Prioritäten ändern sich, selbst Krisen vergehen. Aber die Weihnachtsbescherung mit folkloristischen Abänderungsanträgen bleibt unverändert. Sie ist ewig. Wie die Pizza, die, wie es der Zufall will, in diesem Jahr ihr eigenes Museum bekommen soll.