Für viele junge Menschen ist nicht mehr allein die monetäre Belohnung entscheidend, sondern vielmehr die Frage, inwiefern ihre Arbeit mit ihren Werten übereinstimmt und einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft hat.
Diese Verschiebung der Priorität stellt die Arbeitgeber vor neue Herausforderungen und verlangt nach innovativen Ansätzen, um die Bedürfnisse und Wünsche dieser jungen Talente zu erfüllen. In einer Arbeitswelt, die zunehmend von den Werten Sinnhaftigkeit, Nachhaltigkeit und persönlicher Weiterentwicklung geprägt ist, wird die Fähigkeit, Sinn und Zweck in der Arbeit zu finden, zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor.
Interview mit Petra Tschenett von BOB-Bildung, Orientierung, Beruf.
Wie stehen Sie zur Wahrnehmung der Generation Z als faul und verwöhnt, und welches Bild haben junge Leute realistisch von Ihrer Arbeit?
Ich halte die pauschale Wahrnehmung für ein sehr vereinfachtes und letztlich auch ungerechtes Bild. In meiner Arbeit erlebe ich junge Menschen, die durchaus bereit sind, Leistung zu bringen – allerdings unter anderen Bedingungen als frühere Generationen. Sie hinterfragen Strukturen, suchen Sinn in ihrer Arbeit und legen Wert auf eine ausgewogene Work-Life-Balance. Das ist kein Zeichen von Faulheit, sondern von einem veränderten Werteverständnis. Und es gibt natürlich auch Jugendliche, die motiviert sind, Großes zu leisten und Karriere zu machen.
Wie beeinflusst der Fachkräftemangel in Südtirol die Chancen junger Menschen und wie nutzen sie ihn, um ihre Wünsche durchzusetzen?
Der Fachkräftemangel hat für junge Menschen auf dem Arbeitsmarkt eine positive Seite. In einer Zeit, in der sie nur begrenzt verfügbar sind, profitieren Jugendliche von einer größeren Auswahl an Stellenangeboten und einem höheren Verhandlungsspielraum. So können sie gezielt auf ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse eingehen. Hervorzuheben ist, dass junge Arbeitnehmer zunehmend Wert auf bessere Arbeitsbedingungen legen. Sie suchen nicht nur nach einem finanziell attraktiven Arbeitsplatz, sondern legen auch großen Wert auf einen respektvollen Umgangston, flache Hierarchien und sinnvolle Tätigkeiten. Diese Faktoren sind entscheidend für das persönliche Wohlempfinden und die berufliche Zufriedenheit. Zusätzlich spielt die Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit eine zentrale Rolle. Die neuen Prioritäten der Jugendlichen prägen den Arbeitsmarkt aktiv und ermutigen Unternehmen, sich stärker um eine positive Unternehmenskultur zu bemühen.
Wie beeinflussen Wohlbefinden und Arbeitsweise der Generation Z die Gestaltung von Arbeitsplätzen in Unternehmen?
Mittlerweile bieten viele Unternehmen Gleitzeit, Teilzeitmodelle oder sogar die Möglichkeit zum hybriden Arbeiten an. Sie investieren in Programme zur psychischen Gesundheit, bieten Coaching, Freizeitkurse oder flexible Pausenregelungen an. Die Generation Z schätzt ein Arbeitsumfeld, in dem sie gehört wird. Unternehmen reagieren darauf mit partizipativeren Strukturen, einer stärkeren Feedbackkultur und Teamarbeit auf Augenhöhe.
Wie wichtig sind jungen Arbeitnehmern Wertschätzung und flexible Arbeitsbedingungen – und was bedeutet das für Arbeitgeber in Südtirol?
Eine wertschätzende Kultur ist eigentlich ein Grundbedürfnis und sollte selbstverständlich sein. Wer Fachkräfte gewinnen und binden möchte, muss über klassische Zusatzleistungen hinausdenken. Wertschätzung, Vertrauen und Flexibilität sind keine „Extras“ mehr, sondern zentrale Erwartungen der jungen Generation. Wer diese ernst nimmt, stärkt nicht nur seine Attraktivität als Arbeitgeber, sondern auch die Motivation und Loyalität seiner Mitarbeitenden.
In welchen Bereichen ist mehr Dialog nötig, um die Erwartungen künftiger Fachkräfte besser zu verstehen und umzusetzen?
Viele junge Menschen wünschen sich mehr Selbstbestimmung bei den Arbeitszeiten, beispielsweise durch Gleitzeit oder Homeoffice. Arbeitgeber wiederum benötigten Planbarkeit und Verlässlichkeit. Hier ist ein offenes Gespräch für beide Seiten tragbar. Ein echter Dialog auf Augenhöhe, der ehrlich, regelmäßig und praxisnah geführt wird, ist entscheidend, um Missverständnisse zu vermeiden und gemeinsam in allen Bereichen tragfähige Lösungen zu entwickeln. Markus Auerbach