Das Ultental ist vor allem für seinen Wasserreichtum bekannt. Das liegt nicht zuletzt an den zahlreichen Heilbädern, die im Laufe der letzten beiden Jahrhunderte illustre Gäste beherbergten, sondern auch den vielen Bergseen und Stauseen. In den vergangenen Monaten sorgte insbesondere der Zoggler Stausee immer wieder für Schlagzeilen.
von Philipp Genetti
Ein beinahe unwirkliches Bild zeigt sich derzeit in Kuppelswies: Seit der Wasserpegel des rund 143 Hektar großen und etwa drei Kilometer langen Zoggler Stausees auf ein ungewöhnlich niedriges Niveau gesenkt wurde, hat sich ein großer Teil des Ultentals in eine karge Mondlandschaft verwandelt. Mehrere Erdbewegungsmaschinen sind hier derzeit im Einsatz. Grund für die dramatische Wassersenkung war ein Leck in einem Stollen unterhalb der Staumauer, durch das Wasser unkontrolliertverloren ging. Rund 15.000 Liter Wasser pro Sekunde flossen ab Mai dieses Jahres plötzlich in die Falschauer. Trotz des erheblichen Austritts betonten die Kontrollorgane der Betreibergesellschaft Alperia sowie die Freiwilligen Feuerwehren und die Agentur für Bevölkerungsschutz immer wieder, dass für die Bevölkerung keine unmittelbare Gefahr bestünde.
Dennoch musste der Stausee für die Reparaturarbeiten vollständig entleert werden. Dies war ein sehr großer Aufwand, der im Juli auch die mühsame Rettung bzw. Umsiedlung der vorhandenen Fischbestände von bis zu 15 Tonnen durch den örtlichen Fischerverein mittels Elektrofischfang erforderte. Wenige Kilometer entfernt von der Staumauer wurde ein provisorisches Wasserbecken errichtet, in dem Forellen, Salmoniden und Elritzen vorübergehend untergebracht wurden. Fischarten wie Barsche, die als „nicht heimisch“ gelten, wurden hingegen der Lebensmittelverwertung zugeführt. Seitdem wird intensiv am Stausee gearbeitet. Das Ziel ist es, den Stausee im Frühjahr nächsten Jahres wieder mit Wasser füllen zu können. Um künftigen Vorfällen vorzubeugen, hat Alperia inzwischen den Universitätsprofessor für Wasserbau Markus Aulfleter von der Uni Innsbruck, mit einer Begutachtung beauftragt. Nach der Abnahme des Zoggler Stausees sollen auch die anderen Anlagen im Ultental dann nochmals gründlich überprüft und zertifiziert werden.
Der Stausee und seine Entwicklung
Während die Arbeiten am Stausee andauern, hat eine Gruppe Ultner die Gelegenheit genutzt, um die Standorte ehemaliger Wohn- und Gasthäuser mit weißen Vierecken zu markieren. Auf diese Weise wird die Geschichte der Entstehung des Zoggler Wasserspeichers in den 1950er- und 1960er-Jahren aufmerksam gemacht. Insgesamt neun Jahre hatte der Bau des Staudamms in Anspruch genommen, bevor dieser 1963 seine volle Höhe erreichte. Für die Errichtung des gewaltigen Wasserspeichers mussten zwanzig Bauernhöfe weichen. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich der Zoggler See zu einem beliebten Ausflugsziel entwickelt, insbesondere für Angler und zeitweise sogar für Surfer. Der Weg, der rund um den See führt lädt Radfahrer und Familien mit Kindern ein. Darüber hinaus wird in Ulten bereits über ein neues Pumpspeicherbecken diskutiert, das eine zusätzliche Stromproduktion ermöglichen soll. Im Frühjahr 2026 ist dazu eine entsprechende Bürgerbefragung geplant.
Lebendiger Standort Ulten
Auch wenn die Energieproduktion einen wesentlichen Teil der Wertschöpfung in Ulten ausmacht, ist das Tal weit über seine Grenzen hinaus auch als Wirtschafts- und Lebensraum interessant. Es erstreckt sich über die Ortschaften St. Pankraz, St. Walburg, Kuppelwies, St. Nikolaus und St. Gertraud. Neben der Landwirtschaft haben in den vergangenen Jahren insbesondere Handwerk und Tourismus deutlich an Bedeutung gewonnen. Für die Nahversorgung sorgen mehrere Handelsbetriebe. Auch die Bildung kommt in Ulten nicht zu kurz. Der Schulsprengel umfasst die vier Grundschulen St. Pankraz, St. Walburg, St. Nikolaus und St. Gertraud sowie die beiden Mittelschulen St. Pankraz und Ulten. Zusätzlich wird auch die Winterschule Ulten verwaltet. In dieser besonderen Einrichtung können Menschen aller Altersgruppen, traditionelle handwerkliche Techniken des Alpenraums erlernen und mit neuem Wissen beleben. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Arbeit mit natürlichen, regionalen Rohstoffen, einem naturnahen, achtsamen und eigenverantwortlichen Leben sowie ganzheitlicher Gesundheit und der Begegnung mit alternativen Formen des Wirtschaftens und Lebens. Seit fast zehn Jahren hat die Gemeinde Ulten in St. Walburg ein modernes Altenheim.
Das alte Spital in St. Walburg wurde bereits Mitte der 1880er Jahre durch den Kuraten Martin Platter erbaut.Nach mehreren Sanierungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen entwickelte es sich zum heutigen Seniorenheim. Seine über 130-jährige Tradition ist im Buch „Das Wohlburger Spital“ von 2016 dokumentiert. In St. Walburg befindet sich auch das Holzbauunternehmen Lignum Haus, das auf Zimmerei und Bühnenbau spezialisiert ist. Wer auf der Suche nach einer gemütlichen Einkehrmöglichkeit ist, findet beim Eggwirt, der ältesten Gaststätte des Tales, seit über 600 Jahren Unterkunft und kulinarischen Genuss.
Rund 20 Millionen Kubikmeter Wasser sind vom Zoggler Stausee abgeflossen
St. Pankranz
Auch wenn St. Pankraz geografisch als Tor des Ultentals gilt, bildet der Ort seit 1960 eine eigene Gemeinde. Die größeren Siedlungen befinden sich auf der Nordseite, dem sogenannten „Sonnenberg“. Dort reichen einige Höfe bis zur Waldrenze. Das Dorfzentrum liegt auf 735 Metern Höhe. Die alten Langhausmauern an der neugotischen Pfarrkirche zeugen noch heute von dem früheren Bauwerk aus dem 11. Jahrhundert.
Im Wappen von St. Pankraz ist ein Burgfried auf einer Anhöhe zu sehen, aus dem zwei Fichten wachsen. Vermutlich stellt es die auf dem Gemeindegebiet gelegene Burgruine Eschenlohe dar. Die auch als Schloss Ulten bekannte Burg, wurde im 12. Jahrhundert von den Grafen von Ulten errichtet. Anfang des 14. Jahrhunderts kam sie als Lehen zu den Grafen von Eschenlohe. Die Anlage verfiel ab dem 16. Jahrhundert, wurde jedoch um 1913 teilweise erneuert und 1988 unter Denkmalschutz gestellt. Heute befindet sie sich im Privatbesitz der Familie Schnizel aus Zürich.
Wirtschaft
Ein wesentlicher Teil der Gemeindefläche wird als Dauerwiesen genutzt oder landwirtschaftlich bewirtschaftet während mehrere Handwerks- und Beherbergungsbetriebe die Wirtschaft prägen. Dazu gehört die renommierte Baufirma Holzner & Söhne in der Handwerkerzone Weihen. Das Unternehmen kann auf über 30 Jahren Erfahrung in Bauvorhaben von Familienhäusern über Hotelkomplexe bis hin zu Sonderbauten wie Wasserspeichern und Seilbahnstationen zurückblicken. Das Unternehmen wurde von Vater Josef gegründet und wird heute von den Söhnen Günther und Joachim Holzner weitergeführt.
Im Bereich Fliesenlegerarbeiten und Arbeiten mit Stein, Keramik und Platten hat sich das Unternehmen Fliesenservice einen Namen gemacht. Von Badplanung und Sanierungen über Küchen, Pools und Steinbau bis hin zu Parkettböden können Kunden zahlreiche Produkte im Showroom in Sinich besichtigen. Mit dem Holzhandelsbetrieb Zöschg Alfred verfügt St. Pankraz zudem über einen wichtigen Partner für regionale Rohstoffe. Diese Betriebe tragen maßgeblich dazu bei, dass das wirtschaftliche und handwerkliche Leben in St. Pankraz lebendig bleibt.