Ende Juni haben die 32 Nato-Staaten beschlossen, ihre Verteidigungsausgaben deutlich zu erhöhen. Das Ziel ist, innerhalb von zehn Jahren 5 % des Bruttoinlandsprodukts dafür aufzuwenden. Diese Entscheidung ist eine Reaktion auf den Druck von Trump, der seit langem von Europa fordert, mehr in die Verteidigung zu investieren, und sich nicht nur auf den amerikanischen Schutz zu verlassen.
Italien gibt derzeit etwa 2 % seines BIP für die Verteidigung aus. Das bedeutet, dass in Zukunft etwa 70 Milliarden Euro mehr im Jahr aufgebracht werden müssten. Ein Problem für ein Land, das angesichts der hohen Staatsverschuldung und der Vorgaben des europäischen Stabilitätspakts dafür Kürzungen in anderen Bereichen, insbesondere bei den Renten und im Gesundheitswesen, vornehmen müsste.Hier kommt jedoch der sprichwörtliche italienische Einfallsreichtum ins Spiel. Die Vereinbarung der Nato-Staaten sieht vor, dass die geplanten 5 % in zwei Bereiche aufgeteilt werden: 3,5 % für die Verteidigung und 1,5 % für die Sicherheit. Und unter dem Posten Sicherheit können viele Ausgaben verbucht werden – von Infrastrukturen, die auch vom Militär genutzt werden, über Investitionen in die Cybersicherheit bis hin zur Steuerung der Migration. Diese Bereiche finanziert Italien bereits und hofft, die Ausgaben in die Nato-Berechnung einfließen lassen zu können.
Das Ziel von 3,5 % für die Verteidigung bleibt jedoch bestehen. Und auch diesbezüglich versucht Italien, aus der Not eine Tugend zu machen. So sollen beispielsweise die 14.000 Carabinieri, die derzeit Bahnhöfe bewachen, Streifenfahrten durchführen oder bei Unfällen einschreiten, herangezogen werden. Durch gezielte Schulungen und Militärübungen für diese Einheiten könnte ihre Tätigkeit als Verteidigungsausgabe angerechnet werden. Immer vorausgesetzt, die USA und die NATO merken nichts von der Trickserei oder tun zumindest so, als ob sie nichts merken würden.
All dies geschieht mit Blick auf das Jahr 2029, in dem das Abkommen neu überprüft werden soll und die Amtszeit von Trump endet. Die Hoffnung ist, dass ein neuer Präsident oder eine neue Präsidentin längere Fristen gewähren und weniger ehrgeizige Ziele vorgeben wird.
Oder vielleicht, dass sich die weltpolitische Lage in der Zwischenzeit stabilisiert und das, was heute als Bedrohung empfunden wird, morgen gelöst sein wird. Ein Zukunftswunsch der uns wahrscheinlich alle eint.