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Am Deutschnonsberg

Das Grenzgebiet am Deutschnonsberg zählt zu den historisch bedeutsamsten deutschsprachigen Siedlungsräumen Südtirols. Die drei Gemeinden Proveis, Laurein und Unsere Liebe Frau im Walde-St. Felix sind geprägt von einer jahrhundertelangen Entwicklung zwischen kultureller Eigenständigkeit und sprachlichem Austausch.
von Philipp Genetti

Das Grenzgebiet am Deutschnonsberg ist eines der ursprünglichsten Gebiete Südtirols und birgt eine nicht minder spannende Entwicklungsgeschichte. Die ersten nennenswerten Siedlungsspuren stammen vermutlich aus dem Hochmittelalter und bezeichnen ein eindeutig deutschsprachiges Siedlungsgebiet. Geografisch gesehen bilden die drei Gemeinden Proveis, Laurein und Unsere Liebe Frau im Walde-St. Felix aus der so genannten „Deutschgegend“ die höchste Erhebung des größten Tals im Trentino, dem Val di Non. Es ist kein Tal im herkömmlichen Sinn, sondern eine Hochebene mit sehr unterschiedlichen Höhenunterschieden, von tiefen Schluchten bis hin zu hohen Berggipfeln.

Siedlungsstruktur und historische Abgeschiedenheit
Die Dorfbilder der drei Gemeinden am Deutschnonsberg sind geprägt von vielen Einzelhöfen und Weilern sowie überschaubaren Dorfkernen. Die durchschnittliche Höhenlage liegt zwischen 900 bis 1400 Metern über dem Meeresspiegel. Nachdem die deutschsprachigen Gemeinden in ihrer Entwicklungsgeschichte immer wieder von der schieren Abgeschiedenheit und Ferne zu den benachbarten deutschen Siedlungsgebieten in Ulten oder im Etschtal geprägt waren, mussten sich die Gemeinden wirtschaftlich und gesellschaftlich recht eigenständig nach Süden orientieren. Dies auch deshalb, weil der Weg in die benachbarten deutschsprachigen Siedlungsgebiete nur sehr beschwerlich möglich war.

Verkehrserschließung durch die Gampenstraße
Bereits im 6. und 5. Jahrhundert v. Chr. sollen Etrusker über den Gampenpass in die Region gekommen sein. Im Mittelalter zogen zahlreiche Händler und Pilger auf dem beschwerlichen Saumpfad vorbei am sehensweren Hospiz des Wallfahrtsortes Unsere Liebe Frau im Walde. Die heutige moderne Gampenstraße entstand erst Mitte bis Ende der dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Erste ernsthafte Bestrebungen zu ihrem Bau sind bereits Ende 1890 dokumentiert. Doch sowohl die politischen Wirren der Zeit als auch der hohe finanzielle Aufwand verzögerten das Bauvorhaben immer wieder.
Einen entscheidenden Wendepunkt stellte der Baubeginn der neuen Marlinger Brücke in Meran dar, wie das herausgebende Gampenpasskomitte im offiziellen Buch über die Gampenstraße festhielt. Nach deren Eröffnung 1934 wurde Mitte April 1935 vom italienischen Ministerium für öffentliche Bauten auch der Wettbewerb für den endgültigen Bau der Verbindungsstraße ins Trentino über den Gampenpass ausgeschrieben. Daraufhin waren bereits im Sommer desselben Jahres zwischen tausend und zweitausend Arbeiter auf fünf Baustellen in Fondo, Tret, Gfrill, Tisens und Lana im Einsatz. Um notwendige Nahversorgung der Arbeiter zu gewährleisten, baute man in Prissian sogar eine eigene Materialseilbahn. Im Endausbau hatte die Straße von Lana nach Fondo eine Gesamtlänge von über 30 Kilometern, davon rund 18 Kilometer auf Südtiroler Landesgebiet.

Grenzregion zwischen Südtirol und Trentino
Mit der neuen Gampenpassstraße wurde ein Teil des Deutschnonsberges erschlossen. Die Bewohner von Laurein und Proveis gelangten aber weiterhin nur über Trentiner Provinzgebiet in ihre deutschsprachige Heimat. Ein Umstand, der erst mit dem Bau des Hofmahdjoch-Tunnels vor rund 30 Jahren behoben werden konnte. Damit wurde das Gebiet erstmals auch über das Ultental erreichbar. Die Nähe zum Trentiner Grenzgebiet führte dazu, dass die Gegend um den heutigen Deutschnonsberg von 1932 bis zur Verabschiedung des ersten Südtiroler Autonomiestatuts 1948 verwaltungstechnisch vorübergehend dem benachbarten italienischsprachigen Trentino zugeordnet war. Der unmittelbare gesellschaftliche und wirtschaftliche Austausch hatte am Deutschnonsberg aber schon lange Tradition, so dass grenzüberschreitende Hochzeiten keine Seltenheit waren. In schlechten Zeiten bot das aufgeschlossene Nonstal im Süden genügend Arbeitsplätze. Auch die Speisekarten der örtlichen Gaststätten spiegeln den kulturellen Austausch wider. So steht die typisch italienische Polenta gerne neben den Südtiroler Knödeln oder die Mortadella neben dem Südtiroler Speck.

Wirtschaftsstruktur und lokale Produktion
Die Landwirtschaft ist auch heute noch das stärkste Standbein des Deutschnonsbergs. Neben der Milch- und Viehwirtschaft sind innovative Nischenprodukte wie Kleinobst und der berühmte Radicchio zu nennen, die durch zahlreiche Initiativen im Rahmen der europäischen LEADER-Programme gefördert wurden. Letzterer wird alljährlich bei den sogenannten Radicchio- bzw. Löwenzahn-Wochen am Deutschnonsberg gebührend gefeiert. Auf dem Gemeindegebiet von Unsere Liebe Frau im Walde-St. Felix befinden sich auch zwei überschaubare Gewerbegebiete, in denen vor allem Holz verarbeitet wird. Hier sind auch ein Speckproduzent und eine Fachtischlerei ansässig. In der Handwerkerzone „St. Felix“ hingegen haben sich mehrere Handwerksbetriebe angesiedelt, darunter eine Autowerkstatt, mehrere weitere Tischlereien, eine Schlosserei sowie ein Spezial- und Tiefbauunternehmen.

Geschichtsrelikt aus Beton
Als Zeuge der Militärgeschichte thront am Gampenpass ein Bunker aus der Zeit des italienischen Faschismus. Im März 1940 geplant und kurz nach dem Kriegseintritt Italiens begonnen, sollte die Anlage ursprünglich aus zwei Werken bestehen, von denen jedoch nur eines teilweise realisiert wurde. Nach verschiedenen Nutzungsphasen – von der Verteidigungsanlage bis zum NATO-Stützpunkt in der Nachkriegszeit – ging der Bunker 1999 in den Besitz der Autonomen Provinz Bozen über. Seit der Übergabe an die Gemeinde Unsere Liebe Frau im Walde-St. Felix befindet sich die Bunkeranlage in Gemeindebesitz und dient heute als Museum und Ausstellungsort einer Mineraliensammlung von Toni Kiem mit rund 2.500 Exponaten.

Ideales Ausflugsziel
Das Gebiet um den Deutschnonsberg ist durch seine Ursprünglichkeit und Naturbelassenheit ein ideales Ausflugsziel für alle Generationen. Ob Wanderungen rund um den Laugen, ausgedehnte Spaziergänge zum Felixerweiher oder entlang des Schöpfungsweges – für jeden Geschmack ist etwas dabei. Für wissbegierige Kinder hingegen informiert der Saurierpfad über die in den 1990er Jahren gefundenen prähistorischen Fußabdrücke von Sauriervorfahren wie Rhynchosaurus, Thecodontius oder Urzeitlöwen, die sich hier einst herumgetrieben haben sollen.