Wenn ich am Morgen in Untermais in den Zug steige, um zum Landtag nach Bozen zu fahren, sind viele Plätze bereits besetzt. Viele Menschen machen sich täglich auf den Weg in die Landeshauptstadt. Doch fast täglich wartet der Zug in Sigmundskron minutenlang, bis der entgegenkommende Zug die eingleisige Stecke freigegeben hat.
Die Strecke zwischen Meran und Bozen, den beiden größten Städten des Landes, zählt zu den Bahnstrecken mit den meisten Verspätungen in Südtirol. Dies ist nur ein Symptom dafür, dass der öffentliche Verkehr in Südtirol lange Jahre vernachlässigt wurde und noch immer nicht die Aufmerksamkeit erhält, die er verdient. Südtirolweit fielen im Jahr 2023 über 2500 Regionalzüge ganz oder teilweise aus, fast 7000 hatten mehr als fünf Minuten Verspätung. Die Begradigung und Verdoppelung der Gleise zwischen Untermais und Kaiserau wäre ein wichtiger Schritt nach vorne: Züge müssten beim Kreuzen nicht mehr aufeinander warten und kämen schneller ans Ziel. Damit würde das Pendeln mit dem Zug nicht nur günstiger und bequemer, sondern endlich auch schneller als mit dem Auto. Wie wichtig das ist, haben inzwischen auch viele Menschen in Südtirol erkannt. Im Februar lud der Südtiroler Landtag Bürgermeister, Verbraucher- und Umweltschützer, Grundeigentümer und die landeseigene Südtiroler Transportstrukturen AG zum Austausch ein. Das Fazit: Alle wollen Verbesserungen auf der 33 Kilometer langen Bahnstrecke. Irgendwie zumindest. Doch so schnell geht das Projekt nicht, die Widerstände und unterschiedlichen Vorstellungen sind groß. Bis heute gibt es kein detailliertes Projekt, keinen Konsens über die neue Trasse und keinen Eintrag in den Bauleitplan. Die Landesregierung selbst rechnet mit einer Eröffnung der Strecke irgendwann nach 2035 aus, bei einer Bauzeit von mindestens fünf Jahren. Die Verkehrspolitik in Südtirol besteht leider immer noch hauptsächlich aus Straßenbau. Derzeit investiert die Landesregierung 680 Millionen Euro in den Neu- und Ausbauch von Straßen – für den Zug sind es dagegen nur 73 Millionen für die Elektrifizierung der Vinschger Bahn und 150 Millionen für die Riggertalschleife. Straßen sind wichtig, keine Frage. Aber sie bringen auch mehr Verkehr, mehr Staus, mehr Abgase und mehr Lärm. Südtirol würde enorm profitieren, wenn der öffentliche Verkehr endlich eine Vorzugsschiene bekäme. Dafür braucht es mehr Geld aus dem Landeshaushalt und mehr Personal, auch für eine ernsthafte Bürgerbeteiligung und für gut abgestimmte Planungen. Kurz: mehr politisches Gewicht. Denn eines ist klar: Meran, das Burggrafenamt und der Vinschgau verdienen längst eine moderne Bahn und keinen Bummelzug.