„Die Mutter aller Reformen“

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„Die Mutter aller Reformen“

Ministerpräsidentin Meloni hat mit viel Pathos angekündigt, sie werde mit einer Verfassungsreform „ein neues Kapitel in der italienischen Geschichte aufschlagen“. Es handle sich um die „Mutter aller Reformen“, nach welcher die Exekutive stabiler und das Regieren effizienter würde. Das klingt zwar gut, vor allem zumal Italien seit der Gründung der Republik 68 Regierungen hatte, Deutschland dagegen nur 25. Doch der Vorschlag hat jedoch viele Schwächen. Nach der Reform soll der/die Ministerpräsident/in direkt durch das Volk gewählt werden. Das ist eine Mischung aus parlamentarischem und präsidialem System, die es in keiner anderen Demokratie gibt.
Derzeit wird der Regierungschef vom Staatspräsidenten ernannt, nach Anhörung der Parteien und Prüfung der Mehrheisverhältnisset im Parlament. Die geplante Änderung würde die Befugnisse und das Gleichgewicht zwischen dem Staatspräsidenten, dem Parlament und dem Ministerpräsidenten stören. Der Staatspräsident wäre nicht mehr der Schiedsrichter des Systems, sondern würde nur noch das Wahlergebnis bestätigen. Der/die Regierungschef/in würde aufgrund des Mandats durch das Volk, zur starken Figur. Und wenn das Parlament, ihm/ihr das Vertrauen entzieht, kann nur ein Mitglied der Koalition, die die Wahlen gewonnen hat, mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt werden. Sollte das Parlament dann auch diese zweite Regierung in Frage stellen, würden die Kammern automatisch aufgelöst und es käme erneut zu Neuwahlen.
Der Hauptkritikpunkt an Melonis Vorschlag ist die Einschränkung der Befugnisse des Staatspräsidenten. Diese Figur hat sich in Krisenzeiten als wesentlich für die Stabilität des Landes erwiesen. Auch das Parlament würde an Bedeutung verlieren und sich darauf beschränken, die Entscheidungen der Regierung zu begleiten und zu ratifizieren.
Sollte die Verfassungsreform von Giorgia Meloni nicht mit einer Zweidrittelmehrheit von Abgeordnetenkammer und Senat angenommen werden, wird es zu einem Referendum kommen. Daran sind bereits Melonis Vorgänger Berlusconi und Renzi gescheitert. Ihre Verfassungsreformen von 2006 und 2016 sind von den WählerInnen deutlich abgelehnt worden.
Denn sowohl die Verfassung als auch die Figur des Staatspräsidenten sind den ItalienerInnen heilig.
Deshalb versucht Meloni fieberhaft Stimmen aus den Reihen der Opposition für ihre Reform zu gewinnen. Vorsorglich hat sie bereits erklärt, dass sie den Ausgang eines möglichen Referendums nicht mit ihrer Person verknüpfen und im Falle einer Niederlage nicht zurücktreten werde.