Meran auf dem Weg zur „Smart City“

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Meran auf dem Weg zur „Smart City“

Am 28. April fand heuer in Meran der erste große „Smart City Day“ statt. Organisiert wurde diese außergewöhnliche Veranstaltung von den Stadtwerken Meran in Zusammenarbeit mit den Wiener Stadtwerken und dem Verband kommunaler Unternehmen Österreichs. Ziel der Veranstaltung war es, das Potenzial der Vernetzung städtischer Strukturen für eine nachhaltige Zukunft aufzuzeigen. Im Interview mit dem Präsidenten der SW-Meran Hans-Werner Wickertsheim beleuchten wir das Konzept von „Smart City“ etwas genauer. „Smart-City-Lösungen sind für unsere Städte und Gemeinden keine Liebhaberei von technikaffinen und innovationsfreudigen Individuen, sondern die Basis für eine energie- und ressourceneffiziente Zukunft unserer Städte“, schrieb der Wiener Bürgermeister und Landeshauptmann Dr. Michael Ludwig in seinem Grußwort zum „Smart City Day“ in Meran.

Herr Wickertsheim, was steckt hinter dem Konzept „smarter“ Städte und Gemeinden?
Hans-Werner Wickertsheim: Smart-City-Lösungen einzuführen bedeutet, vereinfacht gesagt, technische Lösungen einzusetzen, die es ermöglichen, zum Wohle der Allgemeinheit Einsparungen personeller oder energetischer Natur zu erzielen und gleichzeitig die Stadt lebenswerter zu machen.

Hans-Werner Wickertsheim

Welche Chancen bietet „Smart City“ speziell für die Stadt Meran?
Die Chancen sind vielfältig. Denken Sie etwa an die Straßenbeleuchtung, die über Sensoren die Lichtstärke in Abhängigkeit vom Verkehrsfluss regeln oder an den Winterdienst, der aufgrund der Asphalttemperatur der einzelnen Straßen in Kombination mit Luftdruck und Temperatur nur jene Straßen salzt, die tatsächlich eisgefährdet sind. Dies sind nur einige Beispiele für die Möglichkeiten von Smart-City-Lösungen.

Wo kommen bei den Umwelt- und Netzdiensten der Stadtwerke Meran bereits „intelligente“ Lösungen zum Einsatz?
Wir haben schon seit einiger Zeit Mülltonnen und Wertstoffglocken im Einsatz, die ihren Füllstand automatisch melden. Dadurch können wir, unsere Logistik optimieren, indem wir die Glocken nur dann entleeren, wenn sie tatsächlich einen bestimmten Füllstand erreicht haben. So sparen wir teuren Treibtstoff und optimieren gleichzeitig den Einsatz unserer Fahrzeuge und Mitarbeiter. Ein anderes Beispiel ist die Straßenbeleuchtung. Schon heute ist es möglich, einzelne Lampen anzusteuern und bequem vom Büro aus Lampen ein- und auszuschalten oder die Lichtstärke zu regulieren. Besonders interessant ist die Möglichkeit, in Parks oder wenig befahrenen Nebenstraßen die Lichtstärk zu erhöhen, um die Sicherheit der Anwohner zu erhöhen.

Welche Erkenntnisse ziehen Sie aus den bisherigen Projekten?
Die bisherigen Projekte waren alle sehr interessant und für sich genommen sehr erfolgreich, aber sie sind und bleiben Einzelprojekte. Jetzt geht es darum, eine Gesamt­strategie zu definieren und die „Smart City“ Stück für Stück, Baustein für Baustein wachsen zu lassen.
Was sind die nächsten Meilensteine, die Sie als Stadtwerke Meran im Rahmen mit der „Smart City“-Initiative anstreben?
Der nächste Meilenstein wird der Abschluss eines Dienstleistungsvertrages mit der Gemeinde Meran sein. Dieser soll die sprichwörtliche „Geburtsurkunde“ der Smart City Meran sein. Von da an können wir gezielt in die Planungs- und Umsetzungsphase einsteigen.

In einem Interview mit dem „Meraner Stadtanzeiger“ im Mai dieses Jahres haben Sie betont, dass ein wesentlicher Schlüssel für zukünftige Entwicklung der „Smart City“ im verstärkten Ausbau von Kooperationen und Netzwerken liegt. Was verstehen Sie darunter?
Niemand muss das Rad neu erfinden! Wir haben im Austausch mit den Wiener Stadtwerken gesehen, dass sich die zu lösenden Probleme zwar in der Größenordnung der Gemeinde ändern, die Anforderungen und Lösungen aber gleich bleiben.

Welchen konkreten Vorteil bringen Smart-City-Lösungen auch für die Bürger und die privaten Haushalte?
Wir arbeiten derzeit an der Umsetzung von fernablesbaren Wasserzählern. Damit wird es in Zukunft möglich sein, über das LORA-Wan-Netzwerk, das die Stadtwerke Meran bereits vor einiger Zeit flächendeckend installiert haben, den Stand jedes einzelnen Wasserzählers abzulesen. Dies ermöglicht die Verrechnung des tatsächlichen Wasserbrauchs an den Endkunden. Akonto- und Saldorechnungen gehören damit der Vergangenheit an. Doch das ist nicht der einzige Vorteil. Unbemerkte Wasserverluste auf dem Grundstück oder im Gebäude können so viel schneller lokalisiert und die daraus resultierenden hohen Wasserrechnungen vermieden werden.

Ein wichtiger Bestandteil des „smarten“ Haushaltes ist die „Mülltrennung“, die nicht nur die Umwelt, sondern auch die Finanzen schont. „Smart“ ist in Meran deshalb auch die jüngste Sensibilisierungskampagne der Stadtwerke zum Thema „Biotonne“. Welche Neuerungen bringen die Stadtwerke damit nach Meran?
Mit der Biotonne wurde im Jänner dieses Jahres die gesamte Wertstoffsammlung in Meran revolutioniert und auf den Kopf gestellt. Der ökologische Aspekt steht dabei sicherlich im Vordergrund. Denn vor der Biomüllsammlung landete diese wertvolle Ressource einfach zusammen mit dem Restmüll in der Müllverbrennungsanlage in Bozen. Heute wird aus Biomüll Gas und Strom erzeugt. Spätestens seit den massiven Preissteigerungen bei Strom und Gas vor einem Jahr wissen wir, wie wichtig es ist, energieautark zu sein oder zu werden. Deshalb ist es auch richtig, jene Bürger zu belohnen, die fleißig den Müll trennen. Inflationsbereinigt zahlen sie künftig nicht mehr als vor der Einführung der Biotonne. Wer dagegen seinen Bioabfall weiterhin in den Restmüll wirft, muss mit einer höheren Müllrechnung rechnen.

Mit dem Ressort „Umwelt und Ökologie“ im Kabinett der Meraner Vizebürgermeisterin Zeller wird dem Thema „Smart-City“ ein hoher Stellenwert eingeräumt. Was sind die größten Herausforderungen für die weitere Entwicklung Merans auf dem Weg zur „Smart City“?
Aktuell arbeiten wir mit dem Umweltamt der Gemeinde Meran am Projekt „Just Nature“. Dabei haben die Stadtwerke Meran 37 Sensoren zur Temperaturmessung installiert. Mit diesen Sensoren kann gezielt analysiert werden, wie sich die Bepflanzung auf die Temperaturentwicklung auswirkt.

Wie sehen Sie die Entwicklung Merans in der digitalen Transformation, welche die Grundlage für die Zukunft der „Smart City“ ist?
Die Herausforderung der Zukunft wird es sein, die Vielzahl an Daten sinnvoll zusammenzuführen und entsprechende Ableitungen zum Wohle der Allgemeinheit umzusetzen. Die Künstliche Intelligenz (KI) wird dabei sicherlich eine Schlüsselrolle spielen.

Nicht umsonst stand der „Smart City Tag“ im April unter dem Motto „Vernetzung für die Zukunft“. Was haben Sie persönlich aus dieser Veranstaltung mitgenommen und wie wird die Zusammenarbeit zwischen den Stadtwerken Meran und den Mitveranstaltern der Wiener Stadtwerke sowie dem Verband der kommunalen Unternehmen Österreichs weitergehen?
Unser „Smart City Day“ war sicherlich der Startschuss für weitere Zusammenarbeit im In- und Ausland. Bereits während der Veranstaltung sind Gemeindevertreter aus allen Landesteilen auf uns zugekommen und wir konnten erste Kontakte für mögliche neue Zusammenarbeit knüpfen. Mit dem VKÖ und den Wiener Stadtwerken stehen wir in ständigem Austausch. Eine Delega­tion der Stadtwerke Meran und der Alperia wird Ende November auch am „Stadtwerketag“ in Wien teilnehmen. Gerade solche Treffen können dazu beitragen interessante und innovative Möglichkeiten aufzuzeigen, die ganz im Sinne einer Smart City zum Wohle der Meraner Bürger umgesetzt werden können.
Philipp Genetti