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Aufstrebendes Tscherms

Die Konsumgenossenschaft „NaveS“ eröffnet einen neuen Dorfladen in Tscherms. Auch im Tourismus ist einiges in Bewegung.

Die Gemeinde Tscherms erstreckt sich über eine Gesamtfläche von rund 663 Hektar und bietet Wohnraum für 1546 Bürger. So der Stand vom 31. Dezember 2019. Die Fläche wird zum größten Teil von der Landwirtschaft genutzt. Wir sprechen dabei vor allem von Obst- und Weinbau. Entlang der Durchzugsstraße, die von Meran bis zum Gampenpass verläuft, haben sich einige Handwerker, Dienstleister, Gastwirte, ein Bestattungsunternehmen und einige Gewerbetreibende niedergelassen. Die meisten Betriebe wie Bio- und Sonnenenergie Thermosol, Fliesen und Stein Artes Plus, Transportunternehmen Kerschbaumer Peter, Tischlerei Schwienbacher und Restaurant Elisabeth konzentrieren sich auf die beiden Gewerbezonen „Süd“, „Nord“, das Gebiet um den ehemaligen Breitenbergerhof und entlang der Dorfstraße. Einige familiengeführte Hotel- und Gast­ronomiebetriebe sowie Urlaub auf dem Bauernhof bilden den Kern des touristischen Angebots von Tscherms. Das prachtvolle Castel Lebenberg, die Einkehr- und Wandermöglichkeiten am Marlinger Waalweg und die sieben Gärten beim Ansitz Kränzel sind nur einige der Ausflugsziele, die Gäste nach Tscherms zieht. Trotzdem betonte Bürgermeister Roland Pernthaler bereits im vergangenen Gespräch mit der BAZ, dass in seiner Gemeinde im Tourismus nach wie vor Aufholbedarf bestehe. Dass der alte Breitenbergerhof nach längerer Zeit nun als 4-Sterne-Hotel „Monti Hotel Tscherms“ wieder betrieben wird, dürfte der Gemeindeverwaltung somit Freude bereiten.

Tscherms bekommt einen neuen Dorfladen
Ein weiterer Wehrmutstropfen für Tscherms war bislang das Fehlen eines Dorfladens, der die Nahversorgung in der Gemeinde garantiert. Es ist den Referentinnen Christa Ladurner und Astrid Kuprian zu verdanken, dass sich nun eine Lösung dafür abgezeichnet. Wie es im „Füchs,l“, dem Tschermser Dorfblatt, heißt, wird der neue Dorfladen am 20. Februar in den Räumlichkeiten des ehemaligen Gemischtwarengeschäfts der Familie Kiem eröffnet. Betrieben wird der Dorfladen von der Nahversorgungsgenossenschaft Südtirol (NaveS). Sie ist eine Konsumgenossenschaft, die vom Raiff­eisenverband, dem Südtiroler Bauernbund, dem Gemeindenverband und dem KVW getragen wird. Die NaveS hatte ihre ersten beiden Geschäftslokale 2011 im Pustertal eröffnet. Daraufhin folgten weitere Standorte in Vahrn, Gsies, Toblach, Niederolang, Sexten, Welsberg, Steinhaus und im November 2019 in Tisens. Die Niederlassung in Tscherms wird die neunte Filiale in der Reihe.

Das Dorfzentrum
Unmittelbar neben dem neuen Dorfladen befindet sich das Dorfzentrum von Tscherms mit der prachtvollen Pfarrkirche St. Sebastian, dem Kindergarten und einer angeschlossenen Kindertagesstätte, dem Senioren­woh­n­­­heim St. Sebastian, der Tschermser Grundschule, dem Jugendzentrum mit angrenzendem Kleinfußballfeld, der öffentlichen Bibliothek, einer Raika-Niederlassung und dem Tourismusbüro sowie einigen Einkehrmöglichkeiten, einer Traditionsbäckerei und dem Sitz der Gemeindeverwaltung.

Sport und Freizeitstandort
An der südlichen Dorfeinfahrt befindet sich die Sportzone der Gemeinde, ein Fußballplatz mit Ausschank, eine Tennisanlage mit Sandplätzen, einem Beachvolleyballfeld sowie 7 Gärten samt Labyrinthgarten beim Ansitz Kränzelhof.

 

Der erfolgreiche Tschermser Bergsteiger Daniel Ladurner

Daniel Ladurner

Mit Daniel Ladurner hat Tscherms einen aufstrebenden Bergsteiger. Es waren vor allem seine zahlreichen Erstbegehungen bzw. Erstbefahrungen und Expeditionen, die Daniel ins Bergsteiger-Rampenlicht rückten. 2018 wurde er für den internationalen Bergsteiger-Oscar „Piolet d’Or“ nominiert.
Unter den Bergsteigern ist dein Name über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Wie kamst du zum Bergsteigen?
Es war mein Vater, der mich schon mit drei Jahren auf die Berge hoch geschleppt oder wie wir sagen, „aui gstrutzt“ hat. Irgendwann fing es mir dann auch an, mehr und mehr Spaß zu machen. Daraufhin wurden die Gipfel immer höher, die Ziele immer weiter und die Herausforderungen immer schwieriger. Bis zu meinem 18. Lebensjahr hatten wir gemeinsam zahlreiche Viertausender über steile Grate und Wände bestiegen. Dann entschloss ich mich dazu, eigene Wege zu gehen.

Was bewog dich dazu?
Ich denke, bei einem jungen Menschen ist es ganz normal, dass man irgendwann sich von den Eltern löst. Als ich mit 18 mobil wurde und für mein Leben selber die Verantwortung übernehmen konnte, begann ich die ersten größeren Herausforderungen alleine anzugehen. Damals habe ich sicher sehr viel riskiert.

Was waren deine ersten großen Alleingänge?
Die ersten großen Erfahrungen im Alleingang waren mit 18 Jahren die Ortler-Nordwand und die Königsspitze-Nordwand. Beide Touren ohne Seil. Wenig später kam die Piz-Roseg-Nordwand in der Schweiz dazu, bei der ich den Abstieg mit den Skiern gemacht habe. Es handelt sich hierbei um jene Nordwand, in der die Bergsteigerlegende Heini Holzer verunglückt ist.

Wie sieht es heute mit dem Bergsteigen aus?
Mittlerweile habe ich mehrere Expeditionen und mehr als ein Dutzend Erstbegehungen in Eis und Fels gemacht und bin bzw. war mehr oder weniger in der ganzen Welt auf den Bergen unterwegs.

In welchen Ländern hast du die meisten Gipfel bestiegen?
Angefangen habe ich mit meinem Vater auf unseren Hausbergen in Südtirol. Mit 11 Jahren war ich bereits zum ersten Mal auf dem Ortler. Bis zu meiner Volljährigkeit habe ich den Ortler mindestens zehnmal über alle möglichen Routen bestiegen.

Wie ging es dann weiter?
Mit 11 Jahren bin ich mit meinem Vater dann zum ersten Mal in die Westalpen gefahren und habe mit ihm in den darauffolgenden Sommermonaten mehrere Viertausender in diesem Gebiet bestiegen. Dabei teilten wir den Ehrgeiz, „Normalwege“ möglichst oft zu meiden und stattdessen über anspruchsvollere Routen aufzusteigen.

Kann man bei diesen Touren schon von ersten Erstbegehungen sprechen?
Die Touren, die ich mit meinem Vater gemacht hatte, waren keine Erstbegehungen.

Wann hat es damit begonnen?
Mit den Erstbegehungen habe ich erst viel später angefangen. Dies ging Hand in Hand mit meiner steigenden Leidenschaft für das Eisklettern und Steilwandfahren. Die erste Erstbegehung im Eis habe ich in den Jahren 2014/2015 gemacht. Mit dem Steilwandfahren habe ich mit 18 Jahren begonnen. Hinzu kamen einige Expeditionen und unzählige Erstbefahrungen außerhalb Europas.

Kannst du uns darüber mehr erzählen?
Die wichtigsten Ziele im Steilwandfahren waren die Erstbefahrungen in Georgien und die Erstbefahrung der Nordwand des 4045 m hohen „Aktru“ in Sibirien. Hinzu kommen die Befahrung und Erstbefahrung zahlreicher steiler Wände und Rinnen am Ortler und den Heimatbergen und die Befahrung der Nordwand des Piz Roseg als sehr junger und unerfahrener Skifahrer.

Auch in Patagonien warst du unterwegs?
Ein persönlicher Meilenstein, und damit eines der bislang größten Projekte, war für mich im vergangenen Jahr in Patagonien, wo ich mit Aaron Durogati gemeinsam geklettert bin. Unter anderem konnte ich den Fitz Roy (3406 m) besteigen.

Wie entstand deine Faszination für diese Gegend in Südamerika?
Patagonien ist und war für alle großen Bergsteiger ein großes Ziel. Am sogenannten Südkap herrschen ganz andere Verhältnisse als bei uns in Bezug auf das Wetter, die Landschaft und den sehr starken Wind. Die steilen Gra­nitnadeln faszinieren jeden Bergsteiger. Großes Glück braucht man jedoch beim Wetter, um überhaupt starten zu können, Wetterprognosen sind unzuverlässig, und man geht immer ein großes Risiko ein, da es in Patagonien keine Bergrettung gibt.

Was war bei deinen Expeditionen bislang die größte Herausforderung?
In Georgien, zusammen mit Wolfgang Hell, Aaron Durogati und Ale d,Emilia, war es ein Aufbruch ins Ungewisse. Wir hatten weder Karten dabei noch wussten wir welches Ziel wir anpeilen sollten. Alles, was wir hatten, war eine Ortsangabe und ein Foto. Es war meine erste Expedition und trotz allem Risiko ein besonderes Abenteuer.

Anfangs warst du alleine und jetzt bist du im Team unterwegs?
Die Schwierigkeit war anfangs jemanden zu finden, der die gleiche „Waghalsigkeit“ wie ich hatte.

Kommen wir zurück zu den Erstbegehungen.
Bei einer Erstbegehung müssen mehrere Dinge zusammenspielen. Beim Eisklettern ist es so, dass man erst einmal eine Linie finden muss, die noch niemand zuvor geklettert ist. Dann folgt die Recherche, um sicher zu gehen, dass die Route auch noch nirgendwo dokumentiert ist. Der nächste Schritt ist die Erschließung der Wand mit Nägeln Camelots oder Bohrhaken von unten nach oben. Wenn die Route dann eingerichtet ist, beginnt man sie zunächst frei zu klettern, ohne sich bei den Nägeln oder bei den Haken zu halten. Wenn die Route dann „frei geklettert“ ist, wird die neue Linie dokumentiert, damit sie von Wiederholern nachgeklettert werden kann. Im Felsen verhält es sich bei Erstbegehungen ähnlich wie beim Eisklettern. Ein wichtiger Bestandteil ist auch hier die Recherche und das Finden einer neuen Linie, die sich mit keiner bestehenden Route kreuzt. Dann arbeitet man sich wieder von unten nach oben.

Mittlerweile bist du verheiratet und arbeitest auf dem elterlichen Bio-Hof. Welche Auswirkungen hatte das auf dein Bergsteigen?
Nun gehe ich etwas bedachter meine Touren an und riskiere nicht mehr das letzte Hemd. Neben meinem Hauptberuf als Landwirt ist das Bergsteigen nach wie vor ein wichtiger Bestandteil meines Lebens.

Mit der Erstbegehung der Route Schattenspiel an der Nordostwand der Königsspitze wurdest du 2018 für den internationalen Bergsteiger-Oscar „Piolet d’Or“ nominiert. Was bedeutet dir das?
Die Nominierung für den Piolet d’Or war eine große Ehre, besonders wenn man bedenkt, dass man dabei im Wettbewerb mit der Weltelite steht, obwohl ich mich mit meinem Können und meiner Erfahrung keineswegs mit den großen Bergsteigern der Welt vergleichen kann!

Der Piolet d’Or (franz. für Goldener Eispickel) ist, laut Wikipedia, die wohl bedeutendste Auszeichnung für außergewöhnliche Leistungen im extremen Bergsport.

von Philipp Genetti