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Der Herausforderer

Als im Oktober des vergangenen Jahres bekannt wurde, dass die SVP den unabhängigen Kandidaten Richard Stampfl unterstützt, war das eine Überraschung. Ein geschickter Schachzug
des Meraner Bezirks, den Unabhängigen und bis dato auf politischem Parkett kaum bekannten Dr.-Schär-Manager zum Spitzenkandidaten für die kommenden Gemeinderatswahlen zu küren.
Für den amtierenden Bürgermeister Paul Rösch ist der 61-jährige Untermaiser Richard Stampfl eine Herausforderung auf alle Fälle. Meran hat in den kommenden Monaten politisch so einiges zu bieten.

Die BAZ sprach mit Richard Stampfl über seine Motivation, seine Visionen und auch über ganz Persönliches.

BAZ: Herr Stampfl, welche Vorsätze haben Sie sich persönlich für das neue Jahr vorgenommen?
Richard Stampfl: Ich habe mir vorgenommen, meine 40-jährige Tätigkeit bei Dr. Schär geordnet abzuschließen und meiner Nachfolgerin dort mein Wissen weiterzugeben, damit kein Knowhow verlorengeht. Ich will mich aber auch auf meine neue Herausforderung gewissenhaft vorbereiten – weshalb ich derzeit auch viele Treffen habe und viele Gespräche führe. Dabei sollen jedoch meine Familie und meine Freunde nicht zu kurz kommen.

Sie haben drei Wünsche für das Jahr 2020 frei – welche wären das?

Richard Stampfl als ehemaliger Präsident des Fußballclubs Obermais

Meine Gesundheit und das Wohl meiner Familie sind mir überaus wichtig. Ich sage immer, dass die Glücklichen erfolgreich sind, dementsprechend wünsche ich mir, dass ich weiterhin so glücklich bin wie heute. Und dann wünsche ich mir ein klares Ergebnis am 3. Mai und eine eindeutige Bestätigung in der Stichwahl.

Sie waren bisher wenig in der breiten Öffentlichkeit präsent. Man kennt Sie als ehemaligen Präsidenten des Fußballclubs Obermais, als federführend bei Dr. Schär, aber als Politiker sind Sie ein weißes Tuch. Wie kam plötzlich das Interesse für Politik?
Ja, in der Politik bin ich ein weißes Tuch, völlig unbeschrieben, beim derzeitigen Ruf der Politiker vielleicht eine gute Voraussetzung! Nachdem ich gefragt wurde, ob ich dieses Amt übernehmen würde, habe ich lange überlegt, ob ich kandidieren soll oder nicht. Für mich steht keine politische Überlegung dahinter. Vielmehr ist es eine ideale Fügung. Nach einer endenden und sehr erfolgreichen Lebensphase in einem internatio­nal tätigen Unternehmen kann ich nun auch etwas für die wunderschöne Stadt, in der ich lebe, tun. Diese Möglichkeit hat sich mir un­erwartet eröffnet. Ich fühle mich für diese Auf­gabe gerüstet und will diese Herausforderung annehmen. Ich habe in meiner beruflichen Laufbahn gelernt auf andere Menschen zuzugehen, Ideen zu diskutieren und Kompromisse einzugehen. Ich habe auch gelernt, dass man an seinen Taten gemessen wird, dass Beschlüsse nicht nur gefasst, sondern auch zü­gig und pflichtbewusst umgesetzt werden müssen. Deshalb sehe ich mich durchaus bereit, diese Aufgabe zu übernehmen.

Sie treten als unabhängiger Bürgermeisterkandidat mit Unterstützung der SVP bei den Gemeinderatswahlen an. Wie ist das zu verstehen?
Die Politik ganz allgemein hat heute ein großes Problem mit der Glaubwürdigkeit. Daher ist es sehr schwer geworden, Leute zu finden, die bereit sind, politische Aufgaben und Verantwortung zu übernehmen. Es ist eindeutig einfacher über Politik zu schimpfen als Politik zu machen. Ich gehöre zu jenen, die Verantwortung übernehmen, die anpacken und konstruktiv umsetzen wollen. Da ich keiner politischen Partei angehöre, muss ich mich nicht in parteipolitischen Strukturen bewegen. Diese Unabhängigkeit will ich mir bewahren, und das war auch die Grundvoraussetzung für meine Kandidatur.

Die SVP verspricht in einer Aussendung unter Ihrer Führung eine „neue“ Politik für Meran. Wie würde Ihre „neue“ Politik aussehen?
Unter dieser „neuen“ Politik verstehe ich vor allem eine aktive Politik. Eine Politik, der es darum geht, bereits genehmigte Projekte in die Umsetzungsphase zu bringen. Dabei denke ich zum Beispiel an das Mobilitätszentrum, das bereits 2015 fertig auf dem Papier stand und bis heute auf seine Verwirklichung wartet. Oder an eine neue Regelung bezüglich des Pferderennplatzes und des „Böhlers“ zwischen Land und Stadt, oder an die Neugestaltung des Militärareals in Untermais. Mein Anspruch ist es, der Meraner Politik neuen Schwung zu verleihen. Stillstand und Abwarten ist für mich keine Option.

Über die großen Herausforderungen, die in Meran dringend angepackt werden müssen, herrsche eigentlich Klarheit, sagten Sie in einem Interview. Welche sind diese Herausforderungen, die Sie besser machen möchten?

Nach 40 Jahren bei Dr. Schär nimmt Richard Stampfl in wenigen Monaten Abschied. Maßgeblich hat er zum Aufstieg des heute international tätigen Unternehmens beigetragen. Im Bild: Richard Stampfl in seinem Büro

Die großen Herausforderungen sind die Mobilität und die Sicherheit. Bei der Mobilität geht es für mich darum, eine sanfte Mobilität voranzutreiben, ohne jemanden zu verdammen oder gar zu kriminalisieren. Es müssen ansprechende Angebote geschaffen werden, aber auch zeitgemäße Strukturen für Fuß­gän­ger, für Radfahrer, für Autolenker – und vor allem für jene, welche die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen bzw. vermehrt nutzen sollen. Lösungen müssen gemeinsam mit den umliegenden Gemeinden und mit dem Land gefunden und umgesetzt werden. Es geht um eine Vielzahl von Maßnahmen, die zu einer Verringerung von Staus, Lärm und Abgasen führen.
Eine andere große Herausforderung ist das Thema Sicherheit – immer mehr Menschen fühlen sich verunsichert. Das darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Anlässlich meines Besuches beim Bürgermeister von Salzburg konnte ich mir vor Ort ein Bild ma­chen, wie dieses Problem dort angegangen wird, wie in der Stadt für mehr Sicherheit gesorgt wird. Eine koordinierte Anwesenheit der Ordnungskräfte in einzelnen Stadtteilen tagsüber und nachts kann ein erster Schritt sein.

Finden Sie nicht, dass es wichtig wäre, über die Grenzen im Tourismus nachzudenken?
Es ist nie falsch, zwischendurch innezuhalten – und darüber nachzudenken, ob alles in die richtige Richtung läuft, so auch im Tourismus. Mehr Betten scheinen im Moment nicht sinnvoll zu sein. Gemeinsam muss überlegt werden, wie es weitergehen soll. Dabei darf der Tourismus nicht dämonisiert werden, schließlich leben und profitieren sehr viele Men­schen in Meran davon. Wir müssen einen nachhaltigen Qualitätstourismus anstreben, der von der gesamten Bevölkerung mitgetragen wird.

Welche konkreten Vorschläge haben Sie für die Lösung des Verkehrsproblems in der Stadt?
Die großen Verkehrsprojekte liegen ja schon auf dem Tisch. Leider gibt es bei der Nordwestumfahrung wieder Verzögerungen. Das Mobilitätszentrum am Hauptbahnhof könnte aber in absehbarer Zeit errichtet werden und große Entlastung bringen. Es geht auch um eine Vielzahl kleinerer Maßnahmen, die gesetzt werden müssen. Von Verboten halte ich nicht viel. Der Mensch hat das Bedürfnis, mo­bil zu sein. Das ist auch sein Recht. Wir müs­sen für alle Verkehrsteilnehmer geeignete Wege finden. Grundsätzlich geht es aber darum, den Autoverkehr zu verringern. Dieser kann nur eingeschränkt werden, wenn die öffentlichen Verkehrsmittel attraktiver sind.

Was halten Sie von einer Seilbahnverbindung Meran-Tirol-Schenna?
Alles was den Verkehr auf der Straße reduziert, ist grundsätzlich zu begrüßen. So betrachtet, kann das Seilbahnprojekt in meinen Augen eine Alternative zur Straße darstellen, insofern dieses in ein Mobilitätskonzept eingebettet wird, welches über die Stadtgrenzen von Meran hinausgeht. Aber auch hier müssen wir ehr­lich sein und schauen, ob alle dafür notwendigen Voraussetzungen gegeben sind. Es beginnt bei dem Zuspruch der Bevölkerung und endet mit der Finanzierung.

Wie denken Sie über die Friday-for-Future-Bewegung?
Ich muss offen zugeben, dass es mich sehr beeindruckt, wie die jungen Menschen sich für ihre Anliegen engagieren. Diese Bewegung hat wichtige Akzente betreffend Klima- und Umweltschutz gesetzt, die von der weltpolitischen Agenda nicht mehr wegzudenken sind. Auch hat die Bewegung die politische Elite zum Handeln gezwungen. Doch nun müssen die Jugendlichen beweisen, dass auch sie sich an den eigenen Anforderungen orientieren.

Was tun Sie, um Jugendliche mehr für die Politik in unserer Stadt zu interessieren?
Ich bin der Meinung, dass wir die Anliegen der Jugendlichen ernst nehmen und ihnen zuhören müssen. Jungen Menschen muss die Gelegenheit gegeben werden, sich politisch zu betätigen und sich für eigene Interessen einzusetzen und stark zu machen. Aufgabe der Stadtverwaltung ist es, ihnen die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Das ist die Basis für ein Interesse am Mitgestalten und an der Politik.

Wo würden Sie im kulturellen Bereich Akzente setzen?
Kultur muss sich aus der Gesellschaft heraus eigene Wege suchen. Es geht darum, dieses Spektrum zu halten und möglichst zu erweitern. Kulturelle Angebote müssen vielfältig und für alle erschwinglich und zugänglich ge­macht werden. Meran bietet sehr viel in dieser Hinsicht. Ein wichtiger Aspekt ist, dass kulturelle Veranstaltungen und Projekte von Meranern für Meraner bevorzugt ermöglicht werden. Leider scheitern viele tolle Projekte am bürokratischen Aufwand. Das muss sich ändern.

Pferderennplatz, Kasernenareal, Schulraumnot, fehlende Pflegeplätze vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft, Integration von Menschen mit Migrationshintergrund und noch vieles mehr. Welche Visionen haben Sie für das Meran der Zukunft?
Alle von Ihnen angeführten Themen sind für Meran relevant. An erster Stelle würde ich das friedliche Zusammenleben aller Menschen, die in Meran leben, sehen. Für die Zukunft, denke ich, muss sich Meran als Stadt völlig neu aufstellen. Meran beginnt nicht in Sinich und hört in Algund auf. Wir sind heute ein wichtiger Drehpunkt für den gesamten Bezirk und die westliche Landeshälfte geworden. Meran muss daher viel enger mit den Nachbargemeinden zusammenarbeiten und viel stärker gegenüber der Landespolitik seine Bedürfnisse einfordern. Meran muss sich als Bezirkshauptstadt positionieren und ganz vorne mitdiskutieren bei Themen wie Migration, Schulen, Sanität, Mobilität und selbstverständlich auch bei wirtschaftlichen Themen.

Was würden Sie konkret tun zur Stärkung des Zusammenlebens in Meran im Allgemeinen und speziell auf die beiden Sprachgruppen bezogen?
Ich persönlich mache täglich die Erfahrung, dass in Meran das Zusammenleben der beiden Sprachgruppen sehr gut funktioniert. Ich weiß, dass andere Menschen diese Auffassung nicht teilen. Ich kann mir vorstellen, dass dafür besondere schulische Projekte hilfreich sein könnten. Auch verschiedene Freizeitaktivitäten können das Zusammenleben aller Menschen, die in Meran wohnen, fördern. Aufgabe der Stadtverwaltung wird es sein, diese Projekte und Aktivitäten zu unterstützen.

Bozen, Brixen und Bruneck haben universitäre Strukturen. Meran blieb außen vor. Finden Sie das richtig?
Diese Entscheidung ist im Sinne einer ausgewogenen Landespolitik getroffen worden. Die Stadt hat dafür andere Einrichtungen erhalten, von denen sie profitiert, wie die Thermen oder die Gärten von Schloss Trauttmansdorff. Sicher, universitäre Strukturen würden den offenen und fortschrittlichen Charakter unserer Stadt unterstreichen. Sollte sich die Freie Universität Bozen entscheiden, eine Fakultät auszulagern, oder eine neue zu gründen, müssen wir uns dafür stark machen, dass Meran diese Struktur erhält.

Das Ehrenamt ist ein zentraler Bestandteil unserer Gesellschaft. Wie können auch in Zukunft die Menschen für ein soziales Engagement begeistert werden?
Die Wichtigkeit und Bedeutung des Ehrenamtes als eine tragende Säule der Gesellschaft kann gar nicht hoch genug eingestuft werden. Tatsache ist, es wird zunehmend schwerer, Menschen für das Ehrenamt zu begeistern. Für mich gibt es dafür drei wesentliche Erklärungen: Erstens das sich verändernde Freizeitverhalten in unserer Gesellschaft. Zweitens der Bürokratismus. Und drittens die Auflagen in Bezug auf Verantwortlichkeit und Sicherheit. Hierfür müssen richtige Lösungsansätze ausgearbeitet werden, damit das Ehrenamt auch weiterhin attraktiv bleibt und nicht im Bürokratismus erstickt. Gleichzeitig müssen wir eine gute Lösung finden, wie wir die Freiwilligen versicherungstechnisch unterstützen, damit diese ihr Ehrenamt weiterhin ausüben können. Und hier kann sich die Stadt­verwaltung aktiv einbringen. Ein „Vergelt’s Gott“ bei einer Sonntagsrede reicht da nicht mehr aus.

Wir würden gern auch den privaten Richard Stampfl kennenlernen. Was sagte Ihre Familie dazu, als sie von Ihrem Schritt erfahren hat?
Die Entscheidung als Bürgermeister anzutreten kam nicht von heute auf morgen. Glauben Sie mir, wenn ich wüsste, dass meine Frau und meine Kinder diese Entscheidung nicht voll mittragen, dann wäre es gar nie zu diesem Gespräch hier gekommen.

Sie sind in Meran geboren und leben in Untermais. Wie schreibt sich Ihre Kurzbiografie?
Ich bin in Meran geboren und lebe seit jeher in Untermais. Nach der Handelsschule habe ich vier Jahre im Krankenhaus gearbeitet und habe dann zu Dr. Schär gewechselt. Dort bin ich nun seit 40 Jahren tätig und habe in dieser Zeit höchst verantwortungsvolle Funktionen innegehabt.
Das Vereinsleben war mir immer sehr wichtig, ich war lange Zeit bei der Musikkapelle Untermais, war Mitglied eines Kegelclubs, habe beim FC Obermais Fußball gespielt (wenn auch nicht sonderlich gut) und stand dem Verein einige Jahre als Präsident vor. Heute bin ich Mitglied verschiedener Vereine, wie Eticamundi, conductus und beim Heimatpflegeverein Obermais.

Was macht Richard Stampfl, wenn er nicht arbeitet?
In meiner Freizeit versuche ich, wann immer möglich, einen Ausgleich zu meiner „sitzenden“ Arbeit zu haben. Diesen Ausgleich finde ich beim Wandern, Laufen oder Skifahren. Seit meiner Kindheit begeistere ich mich für den Pferdesport und ich bin ein leidenschaftlicher Kartenspieler.

Sie sind im Sternzeichen Fische geboren. Passt das zu Ihnen?
Ich denke schon, ja. Fische sind von Natur aus sensible Wesen, die sich durch ihren Gemeinschaftssinn auszeichnen. Vielleicht haben mir diese Eigenschaften oft geholfen, Menschen und Meinungen zusammenzubringen.

Gibt es Vorbilder für Sie, Menschen, wo Sie sagen, an denen habe ich mich orientiert?
Für mich sind alle Menschen wichtig, die sich für das friedliche Zusammenleben einsetzen. Ich denke da an Persönlichkeiten wie Mahatma Gandhi, Nelson Mandela oder auch Silvius Magnago; aber auch an alle Menschen, die in ihrem kleinen Kreis für Harmonie, Zusammenhalt und Solidarität einstehen.

Was waren in Ihrem Leben bisher sehr wichtige Etappen?
Die Geburt und das Heranwachsen unserer beiden Kinder und natürlich unsere Hochzeit sind zweifelsfrei die wichtigsten familiären Ereignisse. Beruflich ist es meine Karriere bei Dr. Schär.

Sollten Sie gewählt werden, haben Sie nicht Angst, dass schlaflose Nächte auf Sie zukommen?
Angst vor schlaflosen Nächten habe ich nicht. Mir wurde ein guter und gesunder Schlaf sozusagen in die Wiege gelegt. Ich kann immer und überall schlafen, und falls es mal Probleme geben sollte, kann ich auf die Unterstützung meiner Frau zählen.

Wie sieht die neue Stadt­regierung aus, wenn es nach Ihnen ginge?
Wunsch-Regierung? Eine klare Mehrheit, kompetente Frauen und Männer, die sich für Meran und ihre Bürger engagieren. Respektvoller Umgang mit allen, Interesse am Wohle der Stadt.

von Josef Prantl