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Meran und der Kampf gegen den Lärm

Straßen sind die Lebensadern unserer Städte und Dörfer. Sie prägen das Ortsbild, ermöglichen Handel und verbinden Menschen Tag für Tag. Doch mit dem stetig wachsenden Verkehr nimmt auch der Lärm zu. Er ist mehr als nur ein lästiges Hintergrundgeräusch. Es ist deshalb nur allzu verständlich, dass sich Menschen Gedanken darüber machen, wie man dieser allgegenwärtigen Begleiterscheinung entgegentreten kann.

Ob in einer größeren Stadt wie Bozen oder in einem kleinen Dorf: Überall dort, wo Autos, Motorräder und LKWs unterwegs sind, begleitet uns der Straßenlärm bei Tag und manchmal auch bei Nacht. Wir nehmen ihn oft als so selbstverständlich hin, dass wir ihn kaum noch bewusst wahrnehmen. In Industrieländern ist der Straßenlärm mit Abstand die stärkste Quelle von Lärmbelästigung. Und seine Folgen sind alles andere als harmlos. Dauerhafter Lärm kann die Lebensqualität mindern und die Gesundheit belasten, indem er zu Schlafstörungen oder einem erhöhten Herzinfarkt-Risiko führt. Die Ursachen der Geräuschkulisse sind vielfältig. Den größten Anteil haben sicherlich Reifen und Fahrbahn. Wenn die Reifen über den Asphalt rollen, bringen Unebenheiten und das Profil die Luft und das Material zum Vibrieren. Besonders laut wird es auf rauem Pflaster oder bei schweren LKWs, breitere Reifen tragen ebenso ihren Teil dazu bei. Auch die Fahrzeuge selbst produzieren ein unangenehmes Hintergrundrauschen, wenn Verbrennungsprozesse und Getriebe sich akustisch bemerkbar machen. Selbst Elektrofahrzeuge sind nicht völlig geräuschlos. Bei höheren Geschwindigkeiten ist zudem die Aerodynamik zur Stelle, wenn Luftwirbel auf die Karosserie treffen. Dabei sind Hupen, Sirenen, Alarmanlagen, klappernde Ladungen oder das Zuschlagen von Autotüren noch gar nicht berücksichtigt.

Was tun? Zunächst muss der Lärm quantifiziert werden. Dafür gibt es die Phonometrie, die Wissenschaft der Messung und Bewertung von Schall. Mithilfe spezieller Apparaturen, sogenannter Schallpegelmesser, werden Lautstärke, Frequenzspektrum und Dauer des Geräusches aufgezeichnet. In der Praxis dient die Phonometrie vor allem dazu, Lärmbelastungen objektiv zu erkennen und deren Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit zu beurteilen. Das Thema ist keineswegs erst wenige Jahre alt. Bereits im Juni 1958 wurde der „5. nationale Kurs für Phonometrie“ in Meran abgehalten. Dass der Organisator – das „Centro Acustico Nazionale “ in Turin – dafür ausgerechnet die Passerstadt ausgewählt hatte, ist nachvollziehbar. Der erfolgreiche Kampf gegen den Straßenlärm war eine Voraussetzung für den weiteren Aufstieg Merans als Touristen- und Kurstadt. Als Fremdenverkehrsland war man in Italien besonders daran interessiert, die Lärmbelastung zu reduzieren, weshalb seit mehreren Jahren phonometrische Kurse angeboten wurden.

Bei der Eröffnung des einwöchigen Lehrgangs im großen Rathaussaal zeigte sich Bürgermeister Luigi Bertagnolli besonders erfreut, dass dieser in Meran angeboten wird. Zwar sei man nicht die lärmvollste Stadt, als Kurort sehe man sich aber eben in einer besonderen Verpflichtung, für eine akustisch angenehme Umgebung zu sorgen. Aymone Berlincioni, Autor eines Buches über Haushaltslärm und Präsident des oben genannten Zentrums, dankte dem Bürgermeister für die Ausrichtung der Veranstaltung und betonte, wie wichtig die Bekämpfung von Lärm für den Tourismus sei, er sei schließlich die „Achillesferse unserer Fremdenindustrie“. Unter den 50 Teilnehmern in Meran waren vor allem Polizisten und Carabinieri sowie Vertreter der Schulen, denn der Kampf gegen den Lärm sei auch Erziehungssache. Die Stadtpolizei war bereits seit einiger Zeit im Besitz eines entsprechenden Messgeräts, mit dem die Lautstärke vorbeirauschender Fahrzeuge erfasst wurde. Eigene motorisierte Streifen hatten die Aufgabe, das Gerät an unterschiedlichen Stellen in der Stadt einzusetzen. Die sogenannten „Phon-Patrouillen“ waren sogar ermächtigt, bei Übertretung bestehender Lautstärkegrenzen, die Urheber zu bestrafen. Wie viele Strafzettel wegen zu lauten Fahrens ausgestellt wurden, ist nicht überliefert.
Christian Zelger