Restaurant Sigmund am Bozner Tor

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Restaurant Sigmund am Bozner Tor

Der „Sigmund“ in Meran steht dicht am Bozner Tor, erbaut auf den Steinquader-Fundamenten der mittelalterlichen Altstadtmauer.

Als ältestes vorstädtisches Siedlungsgebiet ist das Steinach-Viertel um 1200 überliefert. Es liegt zu Füßen des Küchelbergs, unterhalb der einstigen Burg Ortenstein, dem vormaligen Castrum Maiense aus der Römerzeit. Hindurch führt seit jeher der einzige Zufahrtsweg durch das Passeirer Tor über die steile, in die Felsen gehauene Zenobergstraße nach Tirol und ins Passeiertal – bis zum Bau der Umfahrungsstraße mit neuer Brücke hoch über die Gilf im Jahre 1975 – welche dem erhöhten Verkehrsaufkommen der Neuzeit entspricht.

Siedlungskerne Stadt Meran
Unter der Regentschaft der Grafen von Tirol/Görz ab 1240 entstanden als weitere Siedlungskerne die charakteristischen Häusergruppen der oberen Lauben – später jene der unteren Lauben bis zur Querung mit dem Rennweg – getrennt durch die Lauben-Marktstraße in Berg- und Wasserlauben. Es ist die Entstehungszeit der meisten bekannten Sa­kralbauten wie die St.-Nikolaus-Pfarrkiche mit Barbarakapelle und seinem einprägsamen Turm als Meraner Wahrzeichen, die Hl.-Geist-Kirche, Gotteshäuser in Mais und die Klöster der Klarissinnen sowie der Benediktiner am Rennweg. Um 1270 wird Meran als Stadt urkundlich erwähnt – ihr wird unter Graf Meinhard II. um 1285 das Münzprägerecht zugesprochen. Zur Befestigung des Stadtkerns, zum Schutz vor Seuchen, ungebetenen Eindringlingen wird eine bis zu 2,5 Meter starke Schutzmauer aus kalkverputzten Bachsteinbrocken samt vier Tortürmen, mit Gittern verschließbar, im 14. Jh. errichtet. Diese massive Stadtmauer im Westen sollte die Stadt auch vor Überschwemmung bei hochgehender Passer bewahren. Von 1340 bis ins späte 18. Jh. verursachten wiederholte Wasserkatastrophen mit über 400 Ertrunkenen und Brückeneinstürzen riesige Schäden. 1317 erhält Meran seine erste stadtrechtliche Verfassung und erlebte bis um 1360 die erste Hochblüte als Residenzstadt der Grafen von Tirol. Mit Abwanderung des Lan­des­fürs­tensitzes nach Innsbruck schwand auch die Bedeutung der Passerstadt bis zum Wiedererwachen als Kurort von Kaiserlichen Gnaden um 1870. Seither schreitet die Bekanntheit und Beliebtheit der Kurstadt bei Gästen aus nah und fern durch zeitgemäße Weiterentwicklung bis heute voran.

Einstiger Treppenaufgang zu Turm und Gaststube

Bozner Tor als steinerner Zeitzeuge

Von den drei erhaltenen Stadttortürmen ist es das beeindruckendste und besterhaltene Baudenkmal. Mit dem Thorwirthshaus samt Poststation zu seiner Rechten – stets ob seiner Wichtigkeit im Besitze gräflicher Obrigkeiten – war der Platz am Bozner Tor über die Jahrhunderte erster Treffpunkt und Informationsstelle für Stadtbevölkerung, Marktbetreiber und Durchfahrtspassanten. Personenkutschen und Fuhrwerke, später Stellwagen- und Postautoverkehr mündeten stets am Sandplatz. Bis 1912 befand sich die Poststation Meran im legendären Postwirtshaus, damals Hotel Erzherzog Johann, das heutige Esplanade – 1913 erfolgte die Übersiedelung in das neuerbaute Hauptpostgebäude jenseits der Spitalbrücke am linken Passerufer. Der enge Treppenaufgang zum Bozner Torturm im Norden führt zu einem kurzen, gewölbten Gang mit schwer beplankter Eisentür. Mit schauerlichem Gekreische öffnet sich die Henkerstube, wo der Torwärter das Holzgestänge zum Torabsenken bediente, wo der einst gefürchtete Scharfrichter Mamminger zeitweise hauste.

Gasthaus Sigmund seit 1930
In der Metzgergasse hinter dem Bozner Tor florierte seit Jahrhunderten das nämliche Gewerbe. Von Metzgermeister Ursch erwarben um 1928 die Großeltern August und Anna Sigmund das Haus am Tore, um es 1930 nach vollständigem Umbau als Wirtshaus Bar Café Internazionale aufgrund der italienischen Besatzung neu zu eröffnen. Später wurde das gutgehende Haus als Ristorante Venezia geführt. Der traditionsreiche „Sigmund“ am Bozner Tor wurde 2013 in der dritten Familiengeneration von Toch­ter Nadia Sigmund mit Ehemann Bernhard Holzner durch grundlegendes wie zeitgemäßes Renovierungskonzept nachhaltig aufgewertet. Die aufwändige Kernsanierung des Gesamtgebäudes über vier Etagen war geprägt von zwei Zielsetzungen: das Haus den Erfordernissen einer gepflegten Gastronomie anzupassen – zugleich den wertvollen historischen Bestand an Räumlichkeiten wie Einrichtungselementen für Gäste und Nachwelt zu erhalten. Strenge Auflagen des Landesdenkmalschutzamtes bis in jedes Detail galt es zu wahren. Mit einfühlsamer Hilfe des Architektenteams um Wolf­ram Pardatscher wurde das einzigartige Projekt 2013 vollendet und mit dem Prädikat Historischer Gastbetrieb des Jahres 2015 ausgezeichnet.

Restaurant Sigmund, gastronomisch/historisches Baujuwel

Die originelle berüchtigte Henkerstube im Bozner Tor

Der Gaststubenbereich im Erdgeschoss wurde neu gestaltet, zusammen mit ausladenden Südterrassen erweitert samt nordseitigem Tageslicht zur Metzgergasse durch helle Bogenfenster. In Raummitte, auf Höhe der The­ke, führt eine stählerne Treppenskulptur in die Gaststuben des Obergeschosses, wo das restaurierte Mobiliar von 1930 mit reichhaltigen Fresken ein besonderes Ambiente ergibt. Eine überdachte Speiseterrasse eröffnet dem Gast wundervolle Ausblicke auf das Stadtgeschehen vor dem Bozner Tor, zu den Wasserkaskaden an der Sommerpromenade. Über das ursprüngliche Treppenhaus beim Hintereingang am eisengeschmiedeten Originalgeländer gelangt man in zwei Obergeschosse, wo vier reizvolle Gästezimmer mit allem Komfort verwirklicht wurden, wo sich funktionelles Design mit Altbau-Nischenflair ergänzt. Die Maßeinrichtung ist auf originelle Weise in vier einheimischen Holzarten ausgeführt. Einzigartig dann der altbelassene Zugang zum Henkerstübchen im steinernen Turm des Bozner Tors. Gäste können hier zu Sonderanlässen übers Mittelalter staunen und feiern. Historische Massivholztäfelung und Möbel um die mittig angebrachte originale Boz­ner-Tor-Spindel versetzen die Gedanken in längst vergangene Zeiten. Auf einer Schmal­treppe im Turm erreicht man darüberliegende Holzdecken-Räume im Bozner Tor, die von der Wirtsfamilie privat als Büro/Archiv genutzt werden.

Kellergewölbe und Teile der Stadtmauer im Untergeschoss


Im Kellerbereich unterhalb des gastlichen Erdgeschosses förderten im Zuge der Kernrenovierung höchst interessante Grabungen rund um die Fundamente der Meraner Altstadtmauer Räumlichkeiten zu Tage, die nach historisch artgerechter Befestigung heute für die Haustechnik, für Getränkelager und Frisch­­magazin genutzt werden. Durch ein Bodenfenster im Gastraum ist ein Teil der Altstadtmauer einsehbar. Der „Sigmund“ ist für Meran somit ein wahres Wirtshaus-Erlebnis, das die Brücke schlägt zur Gastkultur und zu Gepflogenheiten aus unserer Ahnenzeit.

von Jörg Bauer